Jul 05, 2022
Die Nachwuchsforschungsgruppe GAP stellt ihre Forschung »Genderanteile in ESF-Projekten Hochschule und Forschung« vor
Nachwuchsforschungsgruppe GAP »Genderanteile in ESF-Projekten Hochschule und Forschung«
Frauen sind in der deutschen Forschungslandschaft immer noch stark unterrepräsentiert. Hinzu kommt, dass je höher man in der Hierarchie aufsteigt, desto geringer ist der Anteil der Wissenschaftlerinnen.
Diese Schieflage spiegelt sich ebenfalls in der Verteilung von Fördergeldern vom Europäischen Sozialfonds (ESF) an sächsischen Hochschulen wider. Hier wurde die angestrebte ausgewogene Geschlechterverteilung in der letzten Förderperiode des ESF (2014-2020) mit rund zwei Dritteln geförderter Männer gegenüber einem Drittel unterstützter Frauen signifikant verfehlt.
Die Technischen Universitäten Dresden, Chemnitz und Freiberg sowie die Hochschulen Mittweida und Zittau-Görlitz haben aus diesem Grund Wissenschaftler:innen in eine Nachwuchsforschungsgruppe entsandt, die seit Oktober 2020 interdisziplinär untersuchen, welche Ursachen für die ungleiche Beteiligung der Geschlechter innerhalb des Systems der Hochschulen liegen.
Die Bandbreite der durchgeführten Untersuchungen war hierbei groß. Neben einer Organisationsanalyse hinsichtlich dessen, wie Fördergelder verteilt werden und einer Dokumentenanalyse, wie Stellenausschreibungen und ESF-Richtlinien formuliert sind, wurde beispielsweise untersucht, welche Einflussfaktoren auf eine wissenschaftliche Laufbahn wirken; welche Rolle informelle Netzwerke bei der Stellenbesetzung spielen; welchen Einfluss Formulierungen in Stellenausschreibungen auf die Bewerbungsabsicht haben; oder wie sehr wissenschaftliche Mitarbeitende durch die Übernahme von Care-Arbeiten belastet werden.
Erste Ergebnisse der Nachwuchswissenschaftlerinnen Diana Heinbucher und Aline Fuß zeigen beispielsweise, dass Promovend:innen im Rahmen der Promotion mit vielen Hürden konfrontiert werden. Herausforderungen während der Promotion sind beispielsweise: unbezahlte Mehrarbeit; eine Doppelbelastung durch Pflege- und Betreuungstätigkeiten; befristete Verträge; die Diskrepanz zwischen realer Promotionsdauer und Laufzeit einer Promotionsförderung bis hin zu der Besetzung halber Stellen und dadurch entstehende geringen finanziellen Mittel. Während viele Männer trotz dieser Risikofaktoren eine wissenschaftliche Karriere verfolgen, kommen viele Frauen zu dem Schluss, dass die Anforderungen, welche eine wissenschaftliche Karriere an sie stellt, nicht mit den Lebensentwürfen oder einer Familie zu vereinbaren sind. Diese Problematik wird teilweise durch Vorgesetzte mit einem traditionellen Rollenverständnis und einhergehenden Rollenanforderungen verstärkt, sowie durch das Phänomen, dass Frauen ihre Kompetenzen häufig geringer einschätzen als diese tatsächlich sind. Somit tragen die Rahmenbedingungen für Nachwuchswissenschaftler:innen für eine Tätigkeit im Wissenschaftssystem zur geschlechtsspezifischen Schieflage in der Wissenschaft bei.
Anhand dieser und vielen weiteren Erkenntnissen wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die den ermittelten Ursachen innerhalb der Hochschulen bzw. Programme entgegenwirken sollen. Diese Handlungsempfehlungen erhält das sächsische Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus Ende Juni. Weiterhin werden die Handlungsempfehlungen in Form von Workshops noch 2022 an die Hochschulen herangetragen, um sie zum einen durch Feedbackschleifen mit dem Hochschulpersonal praxisnah zu formulieren und zum anderen um sie im System Hochschule zu implementieren.
Weitere Informationen zur Nachwuchsforschungsgruppe finden Sie auf der Website: https://tu-dresden.de/gsw/ew/forschung/nachwuchsforschungsgruppe-gap