Apr 04, 2024
Neue Publikation: Standardisiertes Sampling für Literatur-Reviews
Studien, Studien, noch mehr Studien: Jeden Tag wird neue kommunikationswissenschaftliche Forschung veröffentlicht. Umso wichtiger sind systematische Literatur-Reviews, die ein Forschungsfeld aus der Vogelperspektive betrachten und vorhandenes Wissen zusammenfassen. Gerade in der Kommunikationswissenschaft verwenden diese Reviews oft qualitative Verfahren, weil sie Studien mit ganz unterschiedlichen methodischen und theoretischen Herangehensweisen analysieren. Doch diese Verfahren machen es anderen Forschern oft schwer, die Analysen genau zu wiederholen oder mit anderen Daten zu reproduzieren. Umso wichtiger wird ein nachvollziehbares Sample: Wie entscheiden Forscher:innen, welche Publikationen sie für ihr Review berücksichtigen?
Fünf IfK-Mitarbeiter:innen (Ayanda Rogge, Luise Anter, Deborah Kunze, Kristin Pomsel, Gregor Willenbrock) schlagen dafür im Fachjournal Media and Communication ein Modell vor: STAMP. Das Akronym steht für „Standardized Sampling for Systematic Literatur Reviews“. Kern des vierstufigen STAMP-Modells bilden zwei inhaltsanalytische Schritte, bei denen anhand eines Scores übe den Verbleib der jeweiligen Publikation im Sample entschieden wird. Nach einer systematischen Literaturrecherche werden zunächst die Abstracts der gefundenen Publikationen kodiert: Je mehr Punkte sie erhalten, desto mehr formale und inhaltliche Kriterien erfüllen sie. Üblicherweise werden nur Publikationen aufgenommen, die die volle Punktzahl erreichen. Um diese Entscheidung abzusichern, werden im nächsten Schritt, dem Full-Text Reading, die Volltexte der Publikationen kodiert. Ins finale Sample gelangen dann, je nach Anlage des spezifischen Reviews, nur Publikationen mit einer Mindest- oder der vollen Punktzahl.
STAMP bietet wichtige Vorteile im Hinblick auf etablierte wissenschaftliche Gütekriterien wie Validität und Reliabilität. Etwa können die Inhaltsanalysen der Abstracts sowie der Volltexte gut dokumentiert und so durch andere Forscher:innen nachvollzogen werden. Außerdem ist STAMP für ganz verschiedene Arten von Reviews anwendbar. Den Beweis dafür bieten die Autor:innen selbst: Sowohl Ayanda Rogge als auch Luise Anter und Deborah Kunze haben im Rahmen ihrer Dissertationen selbst Literatur-Reviews durchgeführt. Dabei haben sie sich mit ganz verschiedenen Themen beschäftigt: Während Rogge eine Definition von Artificial Companions erarbeitet hat (Rogge, 2023), hat Kunze sich mit der Definition von Destigmatisierung beschäftigt, aber auch Einflussfaktoren auf diesen Prozess identifiziert (im Review). Anter schließlich hat den Kenntnisstand über Journalismus auf Social Media zusammengefasst (Anter, 2023). So unterschiedlich die Forschungsfragen und Verfahren auch waren – alle drei haben eine Spielart von STAMP angewendet.
Das Paper ist open access auf der Seite des Journals abrufbar.