No Country for Old Men. Irland, Europa und die Erfindung der konfessionellen Grenze (ca. 1600–1642)
(abgeschlossen, gefördert von der DFG)
Projektskizze
Mehrdeutigkeit oder „Ambiguität“ ist eine elementare menschliche Erfahrung. Die kultur- und sozialwissenschaftliche Forschung der letzten Jahre hat allerdings gezeigt, dass Gesellschaften gerade mit religiöser Ambiguität ganz verschieden umgehen und sie beispielsweise tolerieren, moderieren oder zu beseitigen versuchen. Ein in diesem Zusammenhang besonders aufschlussreicher Fall ist Irland: Hier erscheinen die konfessionellen Grenzen, die im 17. Jahrhundert gesetzt wurden, auf den ersten Blick besonders undurchlässig, langlebig und ambiguitätsfeindlich.
Das Projektziel besteht darin, die katholische Konfessionalisierung in Irland in ihrer entscheidenden Phase (ca. 1600 bis zur Irish Rebellion 1641/1642) unter dem zentralen Gesichtspunkt der konfessionellen Ambiguität zu analysieren. Die grundlegende These ist, dass gerade der scheinbare Zwang zur konfessionellen Eindeutigkeit im Gegenzug Strategien des Verschleierns und Verstellens hervorbrachte, die umso raffinierter wurden, je stärker eine neue, auf dem Kontinent ausgebildete Priestergeneration den Alltag in der irischen Gesellschaft zu durchdringen versuchte. Statt Ambiguitäten zu beseitigen, eröffnete die „Erfindung“ der konfessionellen Grenze damit möglicherweise neue Spielräume für religiöse Ambiguität: Je klarer die Konformitätserwartungen, je eindeutiger die konfessionelle Grenze, umso ausgeklügelter und vielfältiger die konfessionelle Maskerade.
Im Projekt wird diese These in mehreren Schritten überprüft. Zunächst werden eine Reihe besonders gut belegter biographischer Leitfälle identifiziert, die dazu dienen, die Konstruktion konfessioneller Orthodoxie in der irischen Gesellschaft, aber auch die Leerstellen und Brüche in diesem Prozess, konkret sichtbar zu machen. Auf dieser Grundlage führe ich zwei mikrohistorisch angelegte Fallstudien durch: In der südirischen Hafenstadt Waterford (Fallstudie 1) geht es um die Frage, mit welchen Mitteln die neue Priestergeneration ihre Vorstellungen von konfessioneller Orthodoxie durchzusetzen versuchte und wie in der sozialen Praxis konfessionelle Grenzen gesetzt, verschoben und bekämpft wurden. In Dublin(Fallstudie 2) wird die Frage beantwortet, ob und wie die vordergründige konfessionelle Vereindeutigung bzw. „Disambiguierung“ (Thomas Bauer) im Umkehrschluss subtile Verschleierungsstrategien begünstigte und damit neue Ambiguitäten produzierte, statt Eindeutigkeit zu garantieren. Ausgewertet werden insbesondere irische, englische und französische Archivbestände.
Projektleiter
PD Dr. Matthias Bähr
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Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit
Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit
Besuchsadresse:
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01069 Dresden
Sprechzeiten:
nach Vereinbarung