Forschung
DFG-Projekt: Das „böse Kind“ und die Wissenschaft: Aggressionsforschung in Deutschland zwischen 1945 und 1989
Laufzeit: März 2024-Februar 2027
Leitung: Silke Fehlemann (TU Dresden), Heiner Fangerau (HHU Düsseldorf)
Bearbeitung: Tamara Mansaray (TU Dresden) und Anne Oommen-Halbach (HHU Düsseldorf)
Die Aggressionsforschung befasst sich auf verschiedenen Wissensfeldern seit etwa 120 Jahren mit der Frage, warum Menschen sich herabsetzend verhalten und wie es darüber hinaus zu gewalttätigen Handlungen kommt. Grundsätzlich wurde hierbei die Frage verhandelt, ob „böses“ Verhalten zur immanenten Grundausstattung des Menschen (Trieb/Instinkt) gehöre oder von außen (soziale Faktoren) in sie hineinwirke. Kinder wurden dabei in der Aggressionsforschung von Anfang an adressiert. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg wurde allerdings die Frage nach den Ursachen kindlicher Aggressivität noch drängender, da man hoffte, so weiteren militärischen Auseinandersetzungen vorbeugen zu können. Um die Deutungsfigur des „aggressiven Kindes“ zu untersuchen, kann inzwischen auf Forschungen zur historischen Kindheitsgeschichte aufgebaut werden. Kinder werden hier nicht nur als eine gesellschaftliche Gruppe von vielen, sondern als besondere historische Akteure mit „Eigen-Sinn“ und Handlungsmacht verstanden. Normen, Grenzen, Werte und Öffnungen kultureller und emotionaler Regime können anhand des Umgangs einer Gesellschaft mit Kindern wie durch ein Brennglas betrachtet werden. Ausgehend von diesen Überlegungen wollen wir nachzeichnen, wie das (neue) Wissen über kindliche und jugendliche Aggression in pädagogische aber auch in medizinisch-psychiatrische Praktiken eindrang und sich hier manifestierte. Um dies zu untersuchen, werden Erziehungsratgeber, Medienberichte, aber auch pädagogische, psychologische und psychiatrische Lehrbücher sowie Bewohner- und Patientenakten aus Psychiatrien und Heimen herangezogen.