09.05.2025
Podiumsdiskussion „Syrien im Wandel – Herausforderungen und Perspektiven“
Am 5. Mai 2025 fand die Podiumsdiskussion „Syrien im Wandel – Herausforderungen und Perspektiven“ im Potthoff-Bau der TU Dresden statt. Eingeladen hatte die Professur für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Politik zusammen mit dem Zentrum für Internationale Studien (ZIS), gefördert durch die Förderlinie „TUD im Dialog“.
Eröffnet wurde der Abend von Stefanie Gerstenberger (Professur für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Politik), die die Gäste herzlich begrüßte und darauf hinwies, dass Syrien in der medialen Berichterstattung häufig nur am Rande und oft oberflächlich behandelt werde. Ziel der Veranstaltung sei es daher, Raum für eine fundierte Auseinandersetzung mit den Entwicklungen im Land zu schaffen – insbesondere auch im Hinblick auf die Rolle Deutschlands und der internationalen Gemeinschaft. Sie erinnerte daran, dass Syrien über mehr als ein Jahrzehnt im Zentrum internationaler Politik stand – geprägt von Bürgerkrieg, Fluchtbewegungen und geopolitischen Spannungen. Inzwischen sei das Land zunehmend aus dem öffentlichen Fokus verschwunden, obwohl die jüngsten Ereignisse – vor allem der Sturz des Assad-Regimes und die Machtübernahme durch HTS im Dezember 2024 – einen historischen Wendepunkt darstellten.
Bevor die Diskussion begann, wurde ein Zusammenschnitt von Filmausschnitten gezeigt, der die zentralen Entwicklungen seit dem Ende des Assad-Regimes zusammenfasste. Der filmische Input endete mit einem Lied über Hoffnung, vorgetragen von syrischen Kindern.
Anschließend stellte Stefanie Gerstenberger die Podiumsgäste vor: Dr. Bente Scheller, Leiterin des Nahost- und Nordafrika-Referats der Heinrich-Böll-Stiftung und langjährige Syrien-Expertin, berichtete über Eindrücke der Zuversicht, die ihr von ihren Kontakten vor Ort übermittelt wurden. Dr. Andreas Reinicke, Direktor des Deutschen Orient-Instituts und ehemaliger deutscher Botschafter u.a. in Syrien, bestätigte diese Eindrücke und sprach von einer spürbaren Erleichterung über das Ende des Assad-Regimes. Dr. Bassem Arar, Mitglied der syrischen Diaspora in Deutschland, ergänzte mit persönlichen Einblicken und Erfahrungen.
Die Diskussion drehte sich zunächst um die zurückhaltende Berichterstattung vieler deutscher Medien. Die Expert*innen wiesen darauf hin, dass es häufig an Hintergrundwissen fehle - mit der Folge, dass positive Entwicklungen in Syrien nicht angemessen aufgegriffen wurde.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Stabilität der neuen Übergangsregierung. Die Expert*innen waren sich einig, dass diese sowohl innen- als auch außenpolitisch vor enormen Herausforderungen steht. Dr. Reinicke sprach in diesem Zusammenhang von Destabilisierungsversuchen durch ehemalige Regimetreue und betonte die schwierige Lage der von HTS geführten Regierung.
Auf die Frage nach möglichen Unterstützungsmaßnahmen durch die internationale Gemeinschaft wurde Zurückhaltung als zentrale Haltung betont. Dr. Arar verwies auf die potentiell destabilisierende Wirkung ausländischer Interventionen - insbesondere durch Israel. Gleichzeitig sei wirtschaftliche Unterstützung ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung. Dr. Scheller betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung eines schrittweisen Abbaus von Sanktionen durch westliche Staaten. Dr. Reinicke ergänzte, dass auch Deutschland ein großes Interesse an einem stabilen und wirtschaftlich prosperierenden Syrien habe - aus geopolitischen, energiepolitischen und landwirtschaftlichen Gründen.
Neben den Interessen anderer Akteure wie der Türkei, Saudi-Arabien oder Katar diskutierte das Podium konkrete Maßnahmen. Konsens bestand darin, dass mehr öffentliche Aufmerksamkeit und gemeinsame Projekte - insbesondere im Bildungsbereich - notwendig seien. Dr. Scheller kritisierte zudem den gegenwärtigen Migrationsdiskurs, der durch fremdenfeindliche Stereotype geprägt sei und Migrant*innen auf ihren ökonomischen Nutzen reduziere.
Abschließend wurde die Diskussion für Fragen aus dem Publikum geöffnet. Insbesondere Stimmen aus der deutsch-syrischen Community und Studierende trugen mit vielfältigen Perspektiven zur Diskussion bei.
Das Team der Professur für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Politik bedankt sich herzlich bei allen Gästen und Teilnehmer*innen für den bereichernden und produktiven Austausch. In lockerer Atmosphäre bestand im Anschluss noch Gelegenheit zum persönlichen Austausch und zur Vernetzung.