30.03.2017
Offener Brief von Angehörigen des wissenschaftlichen Nachwuchses am Institut für Politikwissenschaft
Als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Politikwissenschaft an der TU Dresden schätzen wir unseren Arbeitsort als einen Raum, in dem Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und auch politischer Einstellungen zusammenkommen. Unserer Ansicht nach müssen und sollen gerade in der Wissenschaft auch schwierige und kontroverse Debatten geführt werden. Wie anders als im offenen Wettstreit kluger Köpfe ließe sich die Suche nach gesellschaftlichem und wissenschaftlichem Fortschritt gestalten?
Mögen wir auch zu vielen Themen verschiedene Ansichten haben – was uns eint, liegt auf der Hand: ein Konsens darüber, dass solche Kontroversen mit zivilisierten Mitteln auszutragen sind. Daher lehnen wir jegliche Form von Gewalt gegen Andersdenkende ab.
Der nächtliche Brandanschlag auf das Auto von Prof. Dr. Werner J. Patzelt vor dessen Privatwohnung erschreckt und empört uns zutiefst.
Wir sind…
- erschrocken darüber, dass Prof. Patzelt und seine Familie diesen feigen Angriff auf den privaten Lebensraum hinnehmen müssen.
- empört über diesen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Wer glaubt, missliebige Ideen und Argumente seien durch Gewalt zu bekämpfen, hat aus der Geschichte nichts gelernt.
- in Sorge über die möglichen Konsequenzen aus alldem. Wir sind bestürzt über die Unfähigkeit, Auseinandersetzungen über unterschiedliche Wahrnehmungen und Deutungen mit angemessenen Mitteln auszutragen. Wie gering muss der Glauben einiger Weniger in die Kraft ihrer Argumente ausfallen, um zu solchen Mitteln zu greifen? Wer so handelt, riskiert leichtfertig den für freie Gesellschaften zentralen Konsens über den gewaltfreien Streit in einer pluralistischen Demokratie. Auch jeder Kommentar, der unterstellt, eine solche Tat sei verdient oder gar provoziert worden, trägt zur Erosion der Prinzipien einer freiheitlichen Ordnung bei.
Als Angehörige des wissenschaftlichen Nachwuchses fragen wir uns, in welche Zukunft wir und alle anderen Angehörigen einer Universität gehen, wenn unliebsame Standpunkte solche Angriffe auf den privaten Bereich unserer Familien zur Folge haben können.
Die Unterzeichnenden treten für Wissenschaftsfreiheit und Pluralismus ein. Wir möchten Prof. Patzelt darin bestärken, sich auch weiterhin an öffentlichen Diskussionen zu beteiligen.
Unterzeichnende (alphabetisch nach Nachnamen geordnet):
Benjamin Behschnitt, WMA an der Professur für Rechts- und Verfassungstheorie
Cathleen Bochmann, WMA an der Professur für Politische Systeme
Erik Fritzsche, WMA an der Professur für Internationale Politik
Brigitte Fuhrmann, Doktorandin an der Professur für Didaktik der Politischen Bildung
Anna-Sophie Heinze, WHK an der Professur für Politische Systeme
Maik Herold, WMA an der Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte
Martin Köhler, WMA an der Professur für Didaktik der Politischen Bildung
Sebastian Lange, WMA am Zentrum für Internationale Studien
Dr. Christoph Meißelbach, WMA an der Professur für Politische Systeme
Rosa Meyer, WHK an der Professur für Internationale Politik
Laura Rind-Menzel, WMA an der Professur für Didaktik der Politischen Bildung
Dr. Steven Schäller, WMA an der Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte
Sebastian Trept, WMA an der Professur für Politische Systeme
Anselm Vogler, WHK an der Professur für Internationale Politik
Janina Wackernagel, WMA an der Professur für Politische Systeme
Dr. Christian Wöhst, WMA an der Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte
Abkürzungen:
WMA: Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in
WHK: Wissenschaftliche Hilfskraft
Links:
Offizielle Stellungnahme der TU Dresden
Offizielle Stellungnahme des Instituts für Politikwissenschaft