20.03.2018
Ringvorlesung zu "Parodie und Pasquinade"
Parodien gehören der klassischen Spottkultur an und überschreiten schon in der Antike die Grenzen der Harmlosigkeit. Die Bildkunst der Renaissance entdeckt die Parodie als modernes Format der Kritik. Sie eignet sich für ironische und unverhohlene Bildakte mit poetischen, sozialen und emotionalen Tragweiten des Herabsetzens. Werke, Stile und künstlerische Normen werden bildhaft lächerlich gemacht, Künstler persönlich beleidigt. Hinter allen diesen Phänomenen stellt sich die Frage nach einer anthropologischen Dimension der Parodie. Heute findet sich die Parodie zumeist als Teil der Populärkultur, vor allem im Medium der Filmkomödie ist sie omnipräsent. In der Frühen Neuzeit gehört sie hingegen einem Spezialdiskurs an, der ausschließlich Künstler und Kenner adressiert.
Die Ringvorlesung will unterschiedliche Beispiele und Konzepte des parodistischen Bildes der Frühen Neuzeit diskutieren. Dabei werden Albrecht Dürer und Giovanni Bellini als Pioniere der Parodie vorgestellt. Anhand zahlreicher weiterer Spötter wie Jan van Amstel oder Dirck Vellert bis hin zu Caravaggio und Rembrandt soll das Spektrum bildlichen Schmähens eingefangen werden. Im überhitzten Zentrum dieser neu entdeckten Arena der Bilder ist Michelangelo auszumachen, der selbst zum bevorzugten Gegenstand der Parodie avanciert. Bildliches Parodieren gilt es darüber hinaus in seiner Abhängigkeit von literarischen Konventionen zu erfassen. Dabei wird seinem Verhältnis zur Schmähdichtung besondere Aufmerksamkeit zukommen.
Die Vorlesung findet im Kontext des SFB „Invektivität“ statt und stellt das Forschungsvorhaben „Parodie und Pasquinade“ des Teilprojekts F vor. Mit der Veranstaltung soll eine chronologische Reihe der Bildparodie bis in die Popkultur eröffnet werden. Die Vielfalt der Entstehungs-Zusammenhänge und Wirkungsräume ist auch für breiteres Publikum von Interesse. Ob darüber hinaus für Studierende die Möglichkeit besteht, die Veranstaltung mit einer Klausur abzuschließen, wird noch bekannt gegeben.
Die Ringvorlesung startet am 12. April und findet wöchentlich am Donnerstag von 16:30 bis 18 Uhr in der August-Bebel-Str. (ABS) Hörsaal 8 statt.
Sie wird vom Teilprojekt F ausgerichtet.
DATUM |
REFERENT |
THEMA |
12.04. |
Prof. Dr. Jürgen Müller |
Parodie und Pasquinade – Die Anfänge künstlerischer Parodien im Norden |
19.04. |
Dr. Wolf Seiter |
Diogenes – Ikonografie und Streitkultur |
26.04. |
Giuseppe Peterlini, M.A. |
Ein Gigant in Lumpen. Parodistische Kryptoporträt von Michelangelo Buonarotti |
03.05. |
Dr. Bertram Kaschek |
Evidenz und Transzendenz. Modi des Bildlichen und der Parodie bei Jan van Hemessen |
17.05. |
Jan-David Mentzel, MA |
Eine Frage der Perspektive. Peter Flötners "Menschliche Sonnenuhr" als vermessene Parodie |
31.05. |
Frank Schmidt, M.A. |
Kommt ein Dornauszieher zum Arzt – Adriaen Brouwer und die Antike |
07.06. |
Prof. Dr. Beat Wyss |
Der Künstler von der traurigen Gestalt. Don Quijote, Ahnherr der Bohéme |
14.06. |
Prof. Dr. Hans Aurenhammer |
Allzu menschliche Götter? Parodistisches in mythologischen Bildern der Renaissance |
21.06. |
Prof. Dr. Bettina Uppenkamp |
Melancholie und Parodie in manieristischer Kunst |
28.06. |
Dr. Thomas Schauerte |
Die Last mit dem Tiefsinn. Parodie und Ironie im graphischen Schaffen Albrecht Dürers |
05.07. |
Prof. Dr. Wolfgang Brassat |
"Non colossus sed historia". Zu Raffaels Kritik und ironischen Paraphrasen von Michelangelos Monumentalstil |
12.07. |
Dr. Angela Dressen |
Parodie und literarische Rivalität – Leonardos Seitenhiebe gegen Botticelli |
19.07. |
KLAUSUR (?) |