06.09.2023
Alexander-von-Humboldt-Forschungsstipendiatin Dr. Esther Mavengano arbeitet über Ideologien und Politiken der Sprache in der transnationalen anglophonen Fiktion
- Dr. Esther Mavengano
- Georg Forster-Forschungsstipendium / Postdoc-Stipendiatin
- Professur für Englische Literaturwissenschaft, Prof. Dr. Stefan Horlacher
- Institut für Anglistik und Amerikanistik
- Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften
- Dauer des Aufenthalts: 2 Jahre (+ 4 Monate Sprachunterricht)
Dr. Esther Mavengano ist Dozentin für Linguistik und Literatur im Institut für Englisch und Medienwissenschaften an der Philosophischen Fakultät der Great Zimbabwe University in Masvingo, Simbabwe. Sie hat einen Doktortitel in Linguistik und Literaturwissenschaft von der University of North West in Südafrika. Ihre Forschungsgebiete sind interdisziplinär und bewegen sich zwischen angewandter Linguistik, Soziolinguistik, afrikanischer anglophoner Literatur, Gender, Politik und Religion. Sie hat in renommierten internationalen Fachzeitschriften und bei bekannten Buchverlagen veröffentlicht, darunter Cogent Arts and Humanities, African Identities, Literator, Journal of Multicultural Discourses, Palgrave, Rowman and Littlefield, Springer Nature, Routledge und andere. Sie ist Forschungsstipendiatin am Forschungsinstitut für Theologie und Religion des Colleges of Human Sciences, UNISA, Südafrika, und außerdem eine Alexander-von-Humboldt-Postdoc-Stipendiatin an der TU Dresden an der Professur für Englische Literatur (Prof. Horlacher). Sie ist Mitherausgeberin von acht Büchern, die bei Palgrave Macmillan, Springer Nature und Routledge erschienen sind und hat derzeit insgesamt mehr als 45 Publikationen veröffentlicht.
Wie gefällt Ihnen Dresden?
Es ist eine atemberaubende Stadt mit einer schönen Infrastruktur. Sicherlich ist die Stadt ein Ort, der ein förderliches wissenschaftliches Umfeld bietet. Ich bin zuversichtlich, dass meine Zusammenarbeit mit der Universitätsgemeinschaft, insbesondere mit dem Institut für Anglistik und Amerikanistik und der gesamten Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, produktiv sein wird und einen lebenslangen Einfluss auf meine wissenschaftliche Arbeit haben wird. Ich erweitere mein Netzwerk, da ich neue Kollegen und AVH-Stipendiaten aus der ganzen Welt kennenlerne, was sicherlich eine bereichernde Erfahrung für mich ist. Ich schätze mich glücklich, an der TUD zu sein, wenn man ihren Ruf und ihr Ansehen in Deutschland und auf internationaler Ebene bedenkt. Ich bin sicher, dass dies eine lebenslange Erinnerung sein wird.
Sind Sie das erste Mal in Deutschland und Dresden?
Ja, ich bin das erste Mal hier in Deutschland und in Dresden.
Was ist Ihre Verbindung zur TU Dresden?
Die TU Dresden ist eine internationale Einrichtung, die auf weltweit ein hohes Ansehen genießt, weshalb ich mich aufgrund ihres guten Rufs und ihrer fächerübergreifenden Zusammensetzung für sie entschieden habe. Ich glaube auch, dass man von der TU Dresden viel lernen kann, denn ihre multikulturelle und multinationale Ausrichtung ist unbestreitbar eine Fundgrube für erfrischende akademische Einsichten. Motiviert hat mich auch die Tatsache, dass ich von Prof. Stefan Horlacher betreut werde, dessen wissenschaftlicher Werdegang selten zu finden und sicherlich attraktiv ist.
Wo liegen Ihre Forschungsschwerpunkte und Forschungsinteressen?
Meine Forschung bewegt sich auf einem interdisziplinären Terrain, das angewandte Linguistik, Soziolinguistik und afrikanische anglophone Literaturwissenschaft miteinander verbindet. Wann immer ich über eines dieser drei verwandten Gebiete schreibe, achte ich auf die Nuancen des Sprachgebrauchs und der Sprachstile. In meiner derzeitigen Postdoc-Studie liegt der Schwerpunkt auf sprachlichen Ideologien in den sich entwickelnden multikulturellen, mehrsprachigen postkolonialen afrikanischen Ökologien, wobei ich bewusst auf Diskurse der Dekolonisierung und Globalisierung achte. Ich versuche, die Narrative der Entkolonialisierung in der komplexen Debatte über Sprache, sprachliche Ideologien und sprachliche Entscheidungen in einem Kontext zu verorten, der sich aufgrund des ständigen Kontakts und Austauschs oder der Widersprüche offenbar ständig verändert. Dies wirft eine Reihe von Fragen auf, zum Beispiel: Wie können Afrika und afrikanische Linguisten in die Narrative der Entkolonialisierung eingebunden werden? Welche Wege sind denkbar, die realistischer sind und das aktuelle sprachliche/kulturelle Umfeld im postkolonialen Afrika und darüber hinaus wiederspiegeln? Wie nutzen anglophone afrikanische Literaten die Sprache, um in ihren kreativen Werken mit dem lokalen, regionalen und internationalen Publikum zu kommunizieren? Welche literarischen Traditionen entwickeln sich und warum? Diese und weitere Fragen stehen in der Regel im Mittelpunkt meiner Themenformulierungen und meiner aktuellen Schriften.
Was war bisher Ihr interessantestes Forschungsthema?
„The Dialectics of Language in Zimbabwe’s Public Health Communication: Reflections on English as a Lingua Franca in the (Post) COVID-19 Era“ - Dieses Projekt entstand als Reaktion auf die verheerenden Auswirkungen der Pandemie und die Kommunikationsprobleme, die ich in Zimbabwe beobachten konnte. Daraufhin entwickelte ich ein Konzept, das wir zu einem Buch ausarbeiteten, das unter "Routledge Studies in Health in Africa" veröffentlicht wurde. Der Titel des Buches lautet: Zimbabwe in the Post- COVID 19 Era: Reflections, Lessons, and the future of Public Health (2023). Wir stellten fest, dass eine wirksame Kommunikation bei solchen Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit von entscheidender Bedeutung ist und dass die Verwendung der englischen Sprache als Lingua franca sowohl Vor- als auch Nachteile hat. Anschließend stellten wir einige Empfehlungen vor, wie Zimbabwe seine Sprachpraxis verbessern kann, um bei Ausbruch von Pandemien effektiver kommunizieren zu können.
An welchem Projekt werden Sie an der TUD arbeiten?
Der Titel meiner Postdoc-Forschung an der TU Dresden lautet "Rethinking language ideologies and politics of languaging in transnational anglophone fiction from Ghana, Nigeria and Zimbabwe". Das Thema konzentriert sich auf sprachliche Ideologien, die die Sprachwahl und den Sprachgebrauch in der transnationalen anglophonen Literatur bestimmen. Ghana, Nigeria und Zimbabwe werden als Fallstudien herangezogen. Das Themas dieses Projekts lädt dazu ein, das kulturelle und sprachliche Terrain dieser Länder im Hinblick auf das transnationale literarische Schaffen von Schriftsteller:innen aus diesen drei Ländern zu untersuchen. Die konzeptionellen Rahmen - Intertextualität, Dekolonisierung, Dekonstruktion und Translingualismus - bieten einen reichhaltigen diskursiven Rahmen für die Analyse der sprachlichen Komplexität, der Verflechtungen und der kulturellen und sprachlichen Kontaktstellen, die sich in den Texten manifestieren. Die ausgewählten Texte neigen zu Mehrsprachigkeit, Translingualismus, Transkulturalismus und Nicht-Essentialismus, die alle in dem Versuch untersucht werden, neue Wege zu finden, um die Sprachgespräche in der heutigen Zeit im Kontext der Interaktion der Kulturen innerhalb nationaler Grenzen und auf regionaler und internationaler Ebene neu zu überdenken.
Was darf auf Ihrem Schreibtisch auf keinen Fall fehlen?
Damit ich meine Forschungsarbeit effektiv gestalten kann, brauche ich unbedingt einen guten Laptop, ein Tablet und einen USB-Stick.
Haben Sie ein Lieblingszitat? Wenn ja, wie lautet es und von wem?
"The dignity of difference" von Jonathan Sacks, 2009. Dies ist der Titel seines Buches, aber ich finde ihn sehr erhellend und aufschlussreich, da er mehrere semantische Möglichkeiten bietet. Für mich passt dieser Satz gut zu Diskussionen über meinen Forschungskontext und die Neukonzeption des Menschen.
Welches Buch haben Sie kürzlich gelesen? / Welchen Film haben Sie kürzlich gesehen?
„The Wanderers“ (2020) des südafrikanischen Schriftstellers Mphuthumi Ntabeni und „Glory“ (2020) von No Violet Bulawayo, einer zimbabwischen Schriftstellerin. Ich fand Bulawayos Roman ziemlich faszinierend, weil der Text eine Hommage an George Orwells klassischen Roman „Animal Farm“ ist. Das Gleiche gilt für Ntabenis Text, der verschiedene Schauplätze, Sprachen und Kulturen der afrikanischen Länder südlich der Sahara beleuchtet. Die Konstruktionen der Intertextualität in diesen beiden Texten sind äußerst faszinierend. Was die Filme angeht, so sehe ich mir oft Nollywood-Filme an, aber vor kurzem habe ich die Filmreihe „The Gods must be crazy” mit dem namibischen San Nxau Toma in der Hauptrolle gesehen. Ich mag ihre satirische Wirkung.