31.01.2024
Call for Papers „Writing Angst: The Gothic / Schauerliteratur in Scotland and Germany from 1800 until Today”
Die deutschsprachige Schauerliteratur erfuhr um 1800 eine produktive Hochphase. Schiller und Goethe veröffentlichten Spuknovellen in der Thalia und den Horen, Ludwig Tieck und E.T.A. Hoffmann loteten finstere Abgründe in Märchen und Nachtstücken aus und Populärschriftsteller:innen wie Carl Grosse, Heinrich Spieß, Benedikte Naubert oder Friedrich Laun verfassten zahllose Schauerromane und Gespensterbücher. Und doch traten diese vielgelesenen Horrorwerke danach kaum einmal aus den Grüften und Verließen heraus, in die sie von den hochliterarischen Großformationen Aufklärung, Klassik und Romantik verbannt wurden. Von einer deutschen Tradition des literarischen Schauers kann also im Vergleich zur anglo-amerikanischen und schottischen Gothic Literature keine Rede sein. Zu fragen ist daher gerade vor dem Hintergrund einer notorischen hochliterarischen Ignoranz, weshalb die erst im Entstehen begriffene populäre Literatur ausgerechnet in der Literarisierung von Angst beim Publikum derartig an Konjunktur gewinnen konnte und warum gerade um 1800. Weshalb hatte eine Textsorte derart viele Leser:innen (und Autor:innen), die das negative Gefühl von Furcht und Schrecken zum Gegenstand und Effekt ihrer Lektüren machte? Was war das überhaupt für eine Emotion, die um 1800 zum literarischen Thema wurde und in Lektüren erregt werden sollte? Unterscheidet sie sich von literarischer Angst heute? Wenn ja: Wie kann die Relation zwischen Angst und Literatur genauer bestimmt werden und inwiefern lässt sich Angst überhaupt literaturwissenschaftlich erforschen? Denn auch wenn Schauerliteratur wieder zunehmend literaturhistorische Anerkennung findet und Angst angesichts der Erfahrung multipler Krisen ein bestimmendes Thema der Gegenwartsliteratur zu stellen scheint, sind soziokulturell und historisch situierte Furcht und Schrecken als Ausgangspunkt und Ziel von Literatur noch immer in Dunkelheit gehüllt. Produktiv erscheint uns daher gerade der vergleichende Dialog von Beiträgen zur Gothic Novel und zur Schauerliteratur.
Wir freuen uns über 20-minütige literatur- und kulturwissenschaftliche Beiträge, die der literarischen Auseinandersetzung mit Angst in unterschiedlichen Zeit- und Raumkontexten seit dem 18. Jahrhundert gewidmet sind und dabei beispielsweise folgenden Fragen nachgehen:
Wie lässt sich die Literarisierung von Angst, vor allem in (populär-)ästhetischen Formen genauer beschreiben?
- Welche Erzählweisen und Verfahren, welche Genre- und Medienkonstellationen,
- welche Begriffsdifferenzierungen und/oder welche philosophischen Austauscheffekte (ästhetische Theorie–literarische Praktik) sind dabei relevant?
- Wie lässt sich die Historizität literarischer Angst in Formen und Anlässen rekonstruieren?
- Welche zeitspezifischen Diskurse spielen eine Rolle?
- In welchen kulturellen Ermöglichungszusammenhängen und Wissenskontexten vollziehen sich Literarisierungen von Angst?
Zur Bewerbung senden Sie bitte eine knappe Skizze Ihres Beitragsvorschlags (300 Wörter; Deutsch oder Englisch) sowie eine Kurzbiographie an
und bis Freitag, 1. März 2024.
Für die Vortragenden können die Reise- und Übernachtungskosten anteilig übernommen werden. Die Tagung ist eine Kooperation der Universität Göttingen und der TU Dresden (DFG-Projekt „Schauergeschichten. Angst und ihre literarischen Emotionalisierungspraktiken um 1800“, Prof. Dr. Lars Koch).
Der Call for Papers kann als PDF-Dokument unter: CFP_Writing Angst heruntergeladen werden.