28.03.2023
Nachruf für Prof. Dr.-Ing. habil. Kurt Drescher
Am 24.02.2023 ist Herr Prof. Dr.-Ing. habil. Kurt Drescher im Alter von 92 Jahren verstorben. Diese Nachricht macht uns alle in hohem Maße betroffen, unser Mitgefühl und unsere Trauer gelten in erster Linie seiner Familie.
Durch weitsichtige Einflussnahme auf das Profil der Mikroelektronik-Forschung und -lehre trug Prof. Drescher bedeutend dazu bei, dass die Technische Universität Dresden einen festen und international geachteten Platz auf diesem Gebiet innehat. Er wurde zum ersten Direktor des Instituts für Halbleiter- und Mikrosystemtechnik (IHM) an der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik gewählt, leitete dieses mit unermüdlichem Tatendrang bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden und brachte es aktiv in die deutsche und internationale Forschungslandschaft ein. Sein Streben galt auch der Konsolidierung der Mikroelektronik im Freistaat Sachsen. So war er bis zum Schluss aktives Mitglied und Ehrenvorsitzender des Silicon Saxony e. V., dessen Gründung er mit initiierte.
Nach seinem Physikstudium 1951 -1956 an der damaligen TH Dresden begann er 1956 seine wissenschaftliche Laufbahn im Institut für Physikalische und Elektrochemie bei der international hochrangig ausgewiesenen Forscherpersönlichkeit Prof. Schwabe, promovierte auf dem Gebiet der hochauflösenden parametrischen Kernresonanz-Spektroskopie und übernahm unmittelbar danach eine Tätigkeit als Gruppen-, später als Abteilungs- und schließlich Bereichsleiter an der ehemaligen Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden, dem späteren Zentrum für Mikroelektronik. In seiner Tätigkeit befasste sich Prof. Drescher wissenschaftlich mit dem Aufbau und der Betreuung spezieller Labore der Analytik und Messtechnik, die von grundsätzlicher Bedeutung für die Halbleitertechnik waren und sind. Als wesentliche Leistung wurde 1969 der sog. Neunfachrepeater mit dem Nationalpreis ausgezeichnet. Alle Mitarbeiter von Prof. Drescher schätzten schon damals das hervorragende Arbeitsklima, welches mit der Durchsetzung hoher Ansprüche verbunden war. Sein fachlich überragendes Wissen war über die Industrietätigkeit hinaus Grund dafür, dass Prof. Drescher bereits ab 1965 universitäre Ausbildungsaufgaben übertragen wurden, die über mehrere Zwischenstationen dazu führten, dass er ab 1973 zum ordentlichen Professor für die Technologie Elektronischer Bauelemente an die damalige TH Karl-Marx-Stadt berufen wurde. Zu jener Zeit gab es auf dem Boden der damaligen DDR wohl keine andere Persönlichkeit mit profunderen Kenntnissen der Halbleitertechnik und der darauf gerichteten Industrie. Aus diesem Wissen heraus setzte sich Prof. Drescher unermüdlich und mit großer Energie dafür ein, auch die universitäre Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben. Mit großer Zähigkeit, die aus innerer Überzeugung resultierte, stemmte er sich gegen alle Barrieren aus Bürokratie, Borniertheit und Unwissenheit und konnte letzten Endes bedeutende Vorhaben, etwa die Gründung des Technikums Mikroelektronik an der TH Karl-Marx-Stadt, realisieren.
1981 wurde Prof. Drescher von Karl-Marx-Stadt an die TU Dresden umberufen. Die Ereignisse von 1989/90 fanden ihn wissenschaftlich und politisch in vorderster Linie. Die Integration des IHM verlief auch deshalb so erfolgreich, weil Prof. Drescher dank seines profunden Fachwissens selbstbewusst davon ausgehen konnte, dass die Mikroelektronik im Raum Dresden auch überregional ausgesprochen wettbewerbsfähig ist. 2002 wurde Prof. Drescher mit dem Verdienstorden des Freistaates Sachsen geehrt.
Es ist Persönlichkeiten wie Prof. Drescher zu verdanken, dass im Freistaat Sachsen das bedeutendste europäische Zentrum der Mikroelektronik angesiedelt ist. Um seiner umfassenden Verdienste willen verneigen wir uns in Dankbarkeit vor dem Verstorbenen. Seine Leistungen als Hochschullehrer werden unvergessen bleiben und seine menschliche Größe ist Maßstab für alle, die ihn kannten.
Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. Andreas Richter
Technische Universität
Professur Mikrosystemtechnik
Institut für Halbleiter- und Mikrosystemtechnik