ConTakt Lab auf der IASAT 2025
Letzte Woche nahm ConTakt Lab-Professorin Dr. Merle Fairhurst zusammen mit ihren Teammitgliedern Irene Valori, Louise Staring und Benjamin Dennis Rieger an der Eröffnungskonferenz der IASAT (International Association for the Study of Affective Touch) in Jena teil. Die zentral in Thüringen gelegene Stadt mit ihrer reichen Tradition an Dichtern und Gelehrten bot die passende Kulisse für dieses Treffen von Forschern, die sich mit der Wissenschaft der Berührung auseinandersetzen.
Schon bei der Ankunft war klar, dass der Konferenzort nicht nur aus praktischen Gründen, sondern auch wegen seiner Reverenz gewählt wurde. Das Normannenhaus, ein historischer Sitz eines Studententurnvereins, thront stolz auf einem Hügel und verlieh der Veranstaltung mit seiner markanten neoromanischen Architektur einen fast zeremoniellen Charakter.
Das IASAT-Programm gliederte sich in drei Kernformate: Keynote-Vorträge, Symposien und Posterpräsentationen, mit reichlich Raum für Networking bei Kaffee und Mittagessen.
Der Montag begann mit einer Keynote von Patrick Haggard, der seine Forschung zur Selbstberührung mithilfe haptischer Roboter und deren Rolle bei der Förderung des Selbstbewusstseins durch die Integration motorischer und taktiler Signale vorstellte. Das anschließende erste Symposium bot verschiedene Perspektiven darauf, wie das Gehirn affektive Berührungen – ob selbst erzeugt oder indirekt erlebt – durch sensorische, motorische und neurophysiologische Prozesse moduliert und interpretiert. Der Tag schloss mit der ersten Postersession ab, deren Themen von therapeutischer Berührung in der Medizin und taktiler Wahrnehmung bis hin zu Berührung als Kommunikationsmittel für emotionales Wohlbefinden reichten.
Der Dienstag begann mit einer Keynote von Zhou-Feng Chen, der bahnbrechende Erkenntnisse zu den molekularen Mechanismen affektiver Berührung vorstellte. Die Vorträge im Laufe des Tages untersuchten die Rolle der Berührung als soziales Signal und sogar ihren Einfluss auf die Diversität des Darmmikrobioms. Das zweite Symposium konzentrierte sich auf die stresspuffernde Wirkung sozialer Berührungen und die zugrunde liegenden neurokognitiven Prozesse. Einer der kreativsten Momente war die performative Interpretation von Berührung durch einen Künstler als Medium menschlicher Wiederverbindung. Der Tag wurde mit einem weiteren herzhaften Mittagessen (vor allem mit Suppe und Salat) fortgesetzt.
Im Anschluss hielt Uta Sailer eine Keynote, die theoretische Grundlagen für das Verständnis von Berührung als Signalsystem in menschlichen Interaktionen vermittelte. Ein Höhepunkt war der Vortrag eines Nature-Redakteurs, der das Publikum durch den Publikationsprozess und die Best Practices für die Einreichung führte.
An diesem Nachmittag hatte unser Labor die Möglichkeit, unsere eigene Forschung im Rahmen der Postersession zu präsentieren. Zu den Themen gehörten:
- Berührung im medizinischen Kontext
- Die Entwicklung von Berührung im frühen Leben
- Zeitliche Kopplung von Pflegeverhalten
- Neurophysiologische Marker sozialer Verbindung in virtuellen Berührungsumgebungen
Der Tag endete mit einem ausgelassenen Grillfest mit DJ. Nach einer kurzen, aber dramatischen Unterbrechung durch Gewitter und Regen wurde die Feier in den Innenbereich verlegt.
Der Mittwoch, der letzte Tag, hatte ein strafferes Programm mit einem starken Fokus auf Touch-Technologien. Zu den Höhepunkten zählten eine Keynote von Yoel Fink über faserbasierte Computer sowie Präsentationen von Irene Valori und Gijs Huisman über pseudohaptische Interaktionen sowie die Ambitionen und Hürden digitaler Berührung. Die Konferenz schloss mit einem rasanten Datenaustausch, Posterpreisen und abschließenden Reflexionen, die das ungenutzte Potenzial dieses wachsenden Forschungsfeldes unterstrichen.
Das Team verließ Jena mit einem Gefühl der Erfüllung und Inspiration und war dankbar für die vielfältigen Projekte und Perspektiven der Kollegen. Insgeheim hoffte es auch, dass das nächste IASAT-Treffen in Sizilien stattfindet.
Zwei wichtige Erkenntnisse konnten gewonnen werden:
- Angesichts der kontextuellen Natur sozialer Berührungen besteht eine der zentralen Herausforderungen für medizinische Anwendungen darin, ein Diagnoseprotokoll zu entwickeln, das es medizinischem Fachpersonal ermöglicht, sich systematisch an die Bedürfnisse und Grenzen einzelner Patienten anzupassen und so die Beschwerden bei notwendigem Körperkontakt zu minimieren.
- Da haptische Roboter und virtuelle Berührungstechnologien immer stärker in den Alltag integriert werden, tragen wir die ethische Verantwortung, sicherzustellen, dass ihre Entwicklung mit etablierten ethischen Rahmenbedingungen übereinstimmt. Diese Technologien sollten von Anfang an unter Berücksichtigung ethischer Aspekte entwickelt und nicht erst im Nachhinein gerechtfertigt werden. Ihr Missbrauchspotenzial muss im Rahmen verantwortungsvoller Innovation proaktiv angegangen werden.
Klicken Sie auf die Links unten, um unsere Poster herunterzuladen:
Merle Fairhurst: Touch in and as medicine