Schutz- und Leittechnik
Bisherige zentrale Energieversorgungssysteme haben einen vertikalen Netzaufbau. Dieser ist durch eine unidirektionale Verteilung der elektrischen Energie von der Übertragungsnetzebene in die Verteilnetzebene charakterisiert. Die Schutzsysteme sind an den vertikalen Netzaufbau angepasst.
Im derzeitigen Wandel der elektrischen Energieversorgungssysteme sind zwei wesentliche Veränderungen zu nennen, die von einem vertikalen zu einem „zirkularen” Netzaufbau führen und konkrete Veränderungen auf die Struktur und den Betrieb elektrischer Energieversorgungsnetze haben. Diese sind:
- Zunehmende Distanz der Energieübertragung zwischen leistungsstarken Stromerzeugungszentren und Lastschwerpunkten in Übertragungsnetzen
- Dezentrale Stromerzeugungsstrukturen in Verteilnetzen
Dadurch ergeben sich neue Anforderungen an die Netzschutzsysteme, um auch in einem „zirkularen” Netzaufbau die Grundanforderungen an das Schutzsystem, wie Selektivität, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit, erfüllen zu können.
Durch die verstärkte dezentrale Einspeisung gewinnt der Überlastschutz von Betriebsmitteln eine neue Bedeutung. Bei der bisher vorherrschenden unidirektionalen Verteilung der elektrischen Energie und lastnahen Stromerzeugung konnte quasi durch die Dimensionierung der Betriebsmittel eine Aussage über den Grad der Auslastung der gesamten Betriebsmittelkette von der Einspeisung bis zum Verbraucher erfolgen. Daher war bisher durch eine entsprechende Netzplanung eine Überlastung von Betriebsmitteln auszuschließen. Durch die dezentralen Einspeisungen können jedoch auch Teilstrecken eines Verteilnetzes überlastet werden, ohne dass es in der Einspeisung zu signifikanten Lastanstiegen kommt.
Der zunehmende Einsatz von leistungselektronischen Betriebsmitteln (HGÜ-System, dynamische Kompensationsanlagen, usw.) in allen Spannungsebenen der elektrischen Energieversorgung führt zu Veränderungen im transienten Verhalten der elektrischen Netze, zum Beispiel beim Fehlereintritt. Gerade in diesem Zeitbereich müssen und sollen Selektivschutzeinrichtungen reagieren.
Durch den verstärkten Ausbau der verbraucherfernen Erzeugung (z. B. Offshore Windparks) und dem politisch gewünschten freien Elektroenergiehandel in Europa nimmt der Ferntransport der elektrischer Energie zu. Hierdurch wird zunehmend das gesamte Elektroenergiesystem an den Stabilitätsgrenzen betrieben. Dies betrifft sowohl die Winkel-, als auch Spannungsstabilität. Das Schutzsystem muss sich vom Betriebsmittel- zum Systemschutz weiterentwickeln. Darüber hinaus ergeben sich auch besondere Anforderungen für den Betriebsmittelschutz, der bei Verlust der Stabilität ein definiertes Verhalten zeigen muss und nicht zu ungewünschter Kaskadenabschaltung führen darf.
Projekte
Daraus leiten sich die folgenden Forschungsschwerpunkte am Institut ab:
Grundlagen:
- Grundlagen des übergeordneten Schutzes von elektrischen Transport– und Verteilungssystemen (Systemschutz)
Einfluss neuer Betriebsmittel:
- Auswirkungen der verstärkten Einbindung von großen Windparks in das Übertragungsnetz auf das Netzschutzsystem
- Zwischeneinspeiseeffekt unter Beachtung der Vorgaben an das Verhalten bei Netzstörungen
- Erarbeitung und Bewertung von Schutzkonzepten neuer Betriebsmittel
Entwicklung neuer Schutzverfahren:
- Schnelle Störlichtbogenerkennung im Niederspannungsnetz unter Verwendung von schnellen Signalverlaufsanalyseverfahren und Modifikation von Distanzschutzalgorithmen
- Detektion von ungewollten Inselnetzen
- Anforderungen an die Erkennung von Netzpendelungen zur Stabilisierung bzw. Freigabe von Distanzschutzeinrichtungen
- Adaption des AWE-Zyklus durch Spannungsüberwachung in der AWE-Pause und Detektion des „secondary arc”
- Genaue Fehlerortung bei Hybridleitungen (gemischte Übertragungsstrecke mit Freileitungs- und Kabelanteilen)
Studentische Arbeiten
Themen für Diplom-, Master- und Studienarbeiten
Ansprechpartner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
NameHerr Dipl.-Ing. Carlo Liebermann
AG-Leiter "Schutz- und Leittechnik"
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Besuchsadresse:
Toepler-Bau, Zimmer 140b Mommsenstraße 10
01069 Dresden
Institutsdirektor
NameHerr Prof. Dr.-Ing. Peter Schegner
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