16.10.2024
EnviroPlast: Biogene Reststoffe als Schlüssel zur nachhaltigen Kunststoffproduktion
Am 26. September 2024 fand in Zittau die Kick-off-Veranstaltung zum RUBIN-Bündnis EnviroPlast („Umweltgerechte Kunststoffteile aus biogenen Reststoffen für die Fahrzeug- und Bauindustrie – Bioökonomische Wertschöpfung in der Lausitz“) statt.
Das RUBIN-Bündnis EnviroPlast leistet einen bedeutenden Beitrag zur Herstellung und Nutzung nachhaltiger technischer Kunststoffteile aus biogenen Reststoffen. Das interdisziplinäre Konsortium besteht aus 15 geförderten und 10 assoziierten Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft, größtenteils aus der sächsischen Oberlausitz, und deckt das gesamte Spektrum der bioökonomischen Wertschöpfung von der Ernte bis zur Anwendung und dem Recycling ab. Die TU Dresden ist an zwei der drei Verbundvorhaben des Bündnisses direkt beteiligt.
Ein Ziel von EnviroPlast ist, biogene Reststoffe, insbesondere faserhaltige Materialien wie Schnittholzreste, Getreidestroh und -spreu sowie Grünabfälle, gezielt als Rohstoff für die Herstellung von Biopolymeren zu nutzen. In Deutschland fallen jährlich bis zu 200 Millionen Tonnen faserhaltiger Reststoffe an, die bisher weitgehend ungenutzt bleiben oder nur thermisch verwertet werden. EnviroPlast will diese Herausforderung angehen und durch die Nutzung biogener Reststoffe die Belegung zusätzlicher Agrarflächen für die Kunststoffproduktion verringern. Dies soll die Ressourcenschonung erheblich verbessern und die CO2-Bilanz der Kunststoffindustrie positiv beeinflussen.
Aktuell würde die Deckung des Bedarfs an Kunststoffen in Deutschland durch konventionelle Agrarprodukte einen enormen Flächenaufwand erfordern, was erhebliche Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion hätte. EnviroPlast bietet eine Lösung, die Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit verbindet, ohne bestehende Wirtschaftsprozesse stark zu verändern.
Ein weiteres zentrales Ziel des Projektes ist der Einsatz faserhaltiger Reststoffe als Verstärkungs- und Füllstoff in Kunststoffen. Dies reduziert den erforderlichen Kunststoffanteil sowie den Einsatz synthetischer Fasern und Additive, was nicht nur den CO2-Fußabdruck der produzierenden Unternehmen verringert, sondern auch Materialkosten spart.
EnviroPlast verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, um eine hohe Qualität der Kunststoffteile aus biogenen, regionalen Reststoffen zu gewährleisten, die den Anforderungen der Fahrzeug- und Bauindustrie gerecht werden. Die sächsische Lausitz bietet mit knapp 100 kunststoffverarbeitenden Unternehmen und zukunftsorientierten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zur Sicherstellung der Rohstoffversorgung optimale Voraussetzungen für die Ziele des Projektes.
Zusätzlich sind einige OEMs (Original Equipment Manufacturer) als assoziierte Partner in das Projekt eingebunden, um sicherzustellen, dass die Forschungsergebnisse schnell in die Anwendung gelangen können.
Die TU Dresden ist im Verbund 1 („Reststoffbereitstellung und -aufbereitung zur stofflichen Nutzung“) mit dem Teilvorhaben „Entwicklung/Charakterisierung neuartiger Bereitstellungs- und Aufbereitungsverfahren von Restbiomasse zur Weiterverarbeitung in thermoplastische NFK/WPC Granulate“ beteiligt. Hier werden die zur Verfügung stehenden Reststoffe analysiert und für die Compoundierung aufbereitet. Dabei werden neben der Verarbeitungsfähigkeit auch die chemische Zusammensetzung, die physikalischen und die anatomischen Eigenschaften dieser Reststoffe untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im Projekt genutzt, um Füllstoffe und Verstärkungsfasern optimal einzusetzen. Dadurch sollen die hohen Anforderungen des Compoundierens und der Herstellung von Bauteilen mit Kunststoffen erfüllt werden.
Im Verbund 2 („Halbzeugherstellung“) ist die TU Dresden mit dem Teilvorhaben „Entwicklung neuartiger thermoplastischer Halbzeuge aus regionalen landwirtschaftlichen Reststoffen“ eingebunden. Darin wird der Prozess der Compoundierung für die ausgewählten Reststoffe untersucht und für den industriellen Prozess optimiert. Dabei werden die zur Verfügung stehenden Reststoffe mit verschiedenen Kunststoffen compoundiert und mittels mechanischer Prüfungen analysiert. Die entsprechenden Compoundmischungen werden passgenau für die geplanten Anwendungen ausgewählt und die Verarbeitung im Extrusions- und Spritzgussverfahren ermöglicht.
Die Ergebnisse der beiden Teilvorhaben der TU Dresden fließen in die Arbeiten des Verbundes 3 („Kunststoffverarbeitung und Bauteilherstellung“) ein. Ziel ist hier, die aufbereiteten Reststoffe und entwickelten Halbzeuge in konkrete Bauteile aus dem Schienen- und Fahrzeugbereich sowie Baubereich zu überführen.
Das Bündnis EnviroPlast wird im Rahmen des Programmes „RUBIN – Regionale unternehmerische Bündnisse für Innovation“ des Bundesforschungsministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt ca. 10,3 Millionen Euro für drei Jahre (Juni 2024 bis Mai 2027) gefördert.
Projektleitung TU Dresden: Prof. Dr.-Ing. André Wagenführ
Bündniskoordination: kluge GmbH, Dipl.-Ing.(FH) Gunter Niemtschke
Kontakt: Leitung Verbund 1: Dipl.-Ing. Sören Tech
soeren.tech@tu-dresden.de
Leitung Verbund 2: Dipl.-Ing. Carolin Siegel
carolin.siegel@tu-dresden.de