Apr 01, 2019
Reale Utopien - Technik und soziale Gerechtigkeit
Wir möchten auf die Vorlesungsreihe zum Thema „Reale Utopien. Technik und soziale Gerechtigkeit“ aufmerksam machen. Von April bis Juli 2019 widmen sich 10 Abendveranstaltungen dem Zusammenhang von technischem mit sozialem, ökologischen und ökonomischen Fortschritt.
Daten zur Vorlesungsreihe (Stand 01.04.2019):
Zeit: Dienstag, 19.00 - 20.30 Uhr
Ort: Deutsches Hygiene-Museum Dresden, Lingnerplatz 1
Kontakt: Frau Heinig
Aktuelle Informationen finden SIe hier: Deutsches Hygiene Museum Dresden
02.04.19 Die Zukunft des Körpers, Enno Park
Eine Reihe von Techniken werden unter dem Begriff „Human Enhancement“ zusammengefasst, darunter die gentechnische Manipulation des Menschen, die Erweiterung menschlicher Fähigkeiten mittels Prothetik oder auch Maßnahmen zur Lebensverlängerung. Diese Techniken sind zwischen gesellschaftlichem Alltag und Science Fiction anzusiedeln. Sie alle haben gemeinsam, dass es sich um Fortschreibungen humanistischer Bestrebungen handelt, das „Mängelwesen Mensch“ zu perfektionieren. Angesichts der sich abzeichnenden neuen technischen Möglichkeiten zeigt sich in ethischen Debatten als am häufigsten geäußerte Sorge: Wer bekommt Zugang zu Techniken des Human Enhancement?
09.04.19 Die Zukunft der Mediennutzung, Prof. Dr. Sven Engesser, TU Dresden
Die Medien sind einem rasanten Wandel unterworfen. Internet und Smartphone haben die Medienlandschaft bereits revolutioniert. Heute steuern Algorithmen unser tägliches Informations- und Unterhaltungsangebot. Das Internet der Dinge vernetzt nicht nur Computer, sondern alle Alltagsgegenstände. Gesteuert wird es über Sprachassistenten wie Alexa, Siri und Cortana. Was macht dieser technische Wandel mit den Menschen? Welchen Einfluss hat er auf unser Sozialleben? Wie fühlen wir uns dabei? Diesen Fragen geht die Vorlesung anhand von konkreten Beispielen nach.
16.04.19 Die Zukunft politischen Engagements, n.n.
Als das Peng! Kollektiv im letzten Jahr mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet wurde, sorgte das für heftige Kontroverse. Schließlich gehören Subversion, ziviler Ungehorsam und juristische Grenzüberschreitungen zu den Markenzeichen der Aktionskünstler*innen. Sie riefen dazu auf, Geflüchtete bei der Rückkehr aus dem Sommerurlaub über die deutsche Grenze zu bringen, sie entschuldigten sich im Namen des Arbeitsministeriums für die missglückten Sozialreformen der Agenda 2010 und sie lockten Rüstungsunternehmen in eine inszenierte Friedenspreisverleihung. Zwei Mitglieder stellen die Arbeit des Kollektivs vor und diskutieren die Frage, ob zivilgesellschaftlicher Protest grenzüberschreitend sein muss, um neben den Interessen von Politik und Wirtschaft bestehen zu können.
14.05.19 Die Zukunft der Künste, Dr. Jan Claas van Treck und Susanna Hentrich
„Techno-Sensing“ heißt ein neuer künstlerischer Ansatz, der Kunst mit allen Sinneswahrnehmungen erfahrbar werden lassen will. Die Referent*innen bringen für ihren interaktiven Beitrag Beispiele hierzu mit. Wird die Kunst zum Rausch? Und wo bleibt bei dieser Erfahrungsform das Nachdenken und Reflektieren? Der Mensch war schon immer ein Technologie-Wesen, das sich mit Hilfe von Technik(en) an seine lebensfeindlichen Umwelten angepasst hat. Dies erschließt ihm stets neue Räume und Möglichkeiten, bis zu dem Punkt, an dem sich Technik teilweise vom Menschen selbst emanzipiert, zu einer unsichtbaren Schicht wird, die alles überzieht - sie ist selbst Umwelt geworden und damit Teil des Problems, welches sie eigentlich lösen sollte. Brauchen wir neue Werkzeuge, die es uns erlauben, Technik in ihrer Umwelthaftigkeit überhaupt zu erfassen, um sie wieder bewusst zu machen?
21.05.19 Die Zukunft der Dienstleistungsgesellschaft/der Kreativarbeit, Prof. Dr. Axel Haunschild
Die Digitalisierung von Arbeit wird ohne Zweifel weitreichende Auswirkungen für Individuen, Organisationen und die Gesellschaft haben. Ob dieser Wandel zu mehr oder weniger sozialer Gerechtigkeit führen wird, hängt jedoch weniger von technischen Entwicklungen als von betrieblichen Leistungspolitiken, den Arbeitsbeziehungen und der politischen Regulation des Marktes für Arbeit ab. Ausgehend von sozial-wissenschaftlichen Diagnosen aktueller Entwicklungen der Arbeitswelt werden gegenwärtig beobachtbare Pfade der Digitalisierung von Arbeit aufgezeigt und es werden Gestaltungsherausforderungen und -ansätze für eine sozial gerechte Arbeitswelt zur Diskussion gestellt.
28.05.19 Die Zukunft der Sexualität, Dr. Yuefang Zhou
Sex robots are humanoid robots with artificial intelligence, designed to interact sexually with humans. They have received much attention in recent discussions about technology, human relationships and the future of human sexuality. The talk will give tentative answers, based on available evidence so far, to two fundamental questions surrounding the topic of human-robot intimate relationships. First, whether intelligent humanoid robots are technologically ready to be our intimate partners. Second, whether humans are ready to accept the idea of developing intimate relationships with robots and how far we have engaged and will engage in such activity. The talk will highlight possible clinical implications of developing such relationship and the importance of a scientific transdisciplinary approach to the study of this topic.
04.06.19 Die Zukunft der politischen Willensbildung, Mads Pankow
Der Skandal um die Datenmühle Cambridge Analytica hat gezeigt: Längst sind Algorithmen dazu in der Lage die Bedürfnisse der Bürger*innen aus Millionen von Social-Mediaprofilen auszulesen und gezielt anzusprechen. Auf diese Weise individuell gestaltete Wahlwerbekampagnen der Republikaner sollen Donald Trump 2016 an die Macht gebracht haben. Was aber wenn man die Möglichkeit der individuellen Bedürfnisabfrage für die politische Willensbildung, ja gar für die Steuerung der gesellschaftlichen Ordnung verwenden würde? Algorithmen wären schon heute dazu in der Lage, staatliche Regelungsmechanismen, wie Steuern, Aufklärung und Strafen, an die individuelle Lebens- und Charakterlage der einzelnen Bürger*innen anzupassen. Die Bedürfnisse der Bürger würden in diesem System sicher gezielter und wirksamer bedient als unter den Umständen repräsentativer oder auch direkter Demokratie. Doch ist eine solche Bedürfnisdemokratie noch mit unserer Vorstellung des souveränen Bürgers vereinbar?
11.06.19 Die Zukunft ohne Plastik, Tessa Böttcher
Die Folgen des globalen Massenkonsums machen auch vor den Weltmeeren nicht Halt: Riesige Müllstrudel sammeln sich auf offener See, mit enormen Auswirkungen auf das Ökosystem Meer. Können technologische Entwicklungen die Meere reinigen und Meereslebewesen retten? Ein mehrköpfiges Team von Pacific Garbage Screening, bestehend aus jungen Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Bereichen, entwickelt derzeit eine schwimmende Plattform, um die Weltmeere von Plastik zu befreien und dieses weiter zu verwerten. Neben technischen Lösungen setzt der Verein zudem auf Umweltbildung: Aufklärungsarbeit soll ein neues Bewusstsein schaffen für Umweltfragen, die Weltmeere und unseren Umgang mit der Ressource Plastik.
18.06.19 Die Zukunft der Ernährung, Silvia Woll
'Welternährung ist eine der vordringlichsten Fragen globaler Gerechtigkeit und ökologischen Nachhatigkeit. Welche Innovationen stehen hier kurz- und mittelfristig zu erwarten und welche wissenschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Faktoren verhindern hier Fortschritte? Warum ist ein (scheinbar) so einfaches Problem eines der am schwersten zu lösenden? In-vitro-Fleisch ist ein visionärer technologischer Ansatz mit dem Ziel, Fleisch nicht mehr am Tier, sondern in der Petrischale wachsen zu lassen. Es geht einher mit vielen Versprechungen und soll besser sein für Umwelt, Tiere und Gesundheit. Kritische Stimmen finden sich derzeit kaum – doch kann In-vitro-Fleisch wirklich halten, was es verspricht?
25.06.19 Die Zukunft der Chancengleichheit, Ellen Nerdinger
Technologie und die Digitalisierung bringen effizientere Mittel, ökonomisch, politisch, sozial und kulturell zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Künstliche Intelligenzen, Roboter und Algorithmen nehmen Menschen diese Arbeit zunehmend ab: Wenn in Zukunft Maschinen über unsere Arbeitsstellen oder die Mode im nächsten Winter entscheiden, dann möchten mehr Leute noch mitreden als es heute der Fall ist. Nutzen diese technologischen Errungenschaften dem Menschen allgemein oder nur einer bestimmten Gruppe? Wie werden sich Diskurse über Chancengleichheit verändern? Das vielseitige, mehrschichtige Thema wird in naher Zukunft noch intensiver als heute diskutiert werden: Es geht um Vorurteile, Rollendenken und Altlasten menschlicher Traditionen, die uns heute weniger nutzen, als es manchen noch lieb zu sein scheint.
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Hintergrund:
Technik und Wissenschaft sollen das Leben der Menschen besser und einfacher machen. Nicht selten treten sie an, die Gesellschaft zu revolutionieren und die Geschichte ist voll von bahnbrechenden naturwissenschaftlichen oder technischen Entdeckungen und Erfindungen, die den Alltag der Menschen grundlegend verändert und Wohlstand ermöglicht haben. Der damit einhergehende Gewinn kommt aber nicht allen gleichermaßen zu Gute: Die einen sind als Arbeiter*innen vor allem an der Produktion und Distribution neuer Entwicklungen beteiligt, die anderen als Konsument*innen. Ein Ungleichgewicht, das zu globalen wie lokalen sozialen Spannungen führt. Die Ringvorlesung fragt nach und zeigt bisher wenig bekannte und genutzte Möglichkeiten auf, Erfindungsgeist für eine gerechtere lokale und globale Gesellschaft einzusetzen: Wo entstehen derzeit Initiativen hierfür? Wo treffen sich politischer Wille zum Gemeinwohl und technisch-naturwissenschaftlicher Wandel zu neuen spannenden Ideen?