20.09.2022
Gelöste Luft in Mineralöl dämpft die Kavitationserosion um den Faktor 4-5
Kavitation ist beim Betrieb von Hydraulikanlagen in der Regel unvermeidbar und kann gravierende negative Auswirkungen haben, wie z. B. Lärm, vorzeitige Ölalterung oder Einschränkungen des Betriebsbereichs. Darüber hinaus kann insbesondere die Kavitationserosion die Lebensdauer hydraulischer Komponenten wie Pumpen oder Ventile verkürzen. Da Dampf- und Gaskavitation in der Regel gleichzeitig auftreten, war es bisher in der hydraulischen Fachliteratur und in der industriellen Praxis sehr umstritten, welche Art der Kavitation tatsächlich für die Erosion verantwortlich ist. In Experimenten konnten wir nun nachweisen, dass die Kavitationserosion in Hydraulikkomponenten durch Dampfkavitation und nicht durch Gaskavitation verursacht wird. Im Gegenteil: Die bei der Gaskavitation freigesetzte Luft dämpft die Erosion sogar erheblich.
Aufgrund der hohen Luftlöslichkeit von Mineralöl wird in der Hydraulik zwischen Dampf- und Gaskavitation unterschieden. Obwohl beide Arten phänomenologisch gleich erscheinen, beruhen sie auf zwei grundlegend unterschiedlichen physikalischen Vorgängen: Während die Dampfkavitation den druckinduzierten Phasenübergang zwischen flüssig und gasförmig analog zum Sieden beschreibt, ist die Gaskavitation ein diffusiver Ausgasungsprozess ähnlich dem Ausgasen von CO2 aus Mineralwasser.
Um die verschiedenen Kavitationsarten klar zu trennen, wurde für den Versuchsstand ein speziell konzipierter Tank mit integrierter Entgasungsmöglichkeit entwickelt. Nach vollständiger Entgasung ist keine gelöste Luft im Öl vorhanden, sodass auch keine Gaskavitation auftreten kann und somit Zustände reiner Dampfkavitation gewährleistet sind. Als Strömungsgeometrie wurde ein Ventilmodell mit Kupferproben in realistischen Abmessungen und unter praxisnahen Betriebsbedingungen verwendet, wodurch eine sehr hohe Übertragbarkeit auf reale Komponenten erreicht wird. Insgesamt wurden vier Versuche durchgeführt, die jeweils über fünf Stunden dauerten. Anschließend wurde die Kavitationserosion anhand des Massenverlustes der Kupferproben quantifiziert. Dabei zeigten Versuche mit luftfreiem Mineralöl einen 4,4 bis 5,1 mal höheren Massenverlust als Versuche mit gesättigtem (normalem) Öl (5,5 mg Massenverlust bei normalem HLP46 bzw. 24,2 mg bei luftfreiem HLP46).
Die experimentelle Tatsache, dass luftfreies Mineralöl deutlich mehr Erosion verursacht als gesättigtes Öl, beweist eindeutig, dass Dampfkavitation die Ursache für kavitationsbedingte Schäden an hydraulischen Komponenten ist. Denn wenn Gaskavitation für die Erosion verantwortlich wäre, müsste die Erosionsrate bei luftfreiem Öl geringer sein - jedoch wird das genaue Gegenteil beobachtet.
Die gewonnenen Erkenntnisse haben grundlegende Auswirkungen auf den Einsatz von luftfreiem Mineralöl und nicht zuletzt auf die Weiterentwicklung von Hydraulikkomponenten und -systemen in Richtung höherer Leistungsdichten und einer längeren Lebensdauer.
Hier finden Sie die Veröffentlichung als Volltextdokument (Open Access).
Förderkennzeichen: | FKM-Nr. 7044300 |
Kurztitel: |
Parametrierung von Kavitationsmodellen |
Laufzeit: | 01.08.2018 - 31.01.2021 |
Ansprechpartner | Sven Osterland |