Erhöhung der Ressourceneffizienz von Reinigungsprozessen in der Lebensmittelindustrie durch modulare Modellverschmutzungen - ReMoVe
Die Produktionsanlagen lebensmittelherstellender Unternehmen werden regelmäßig und vielfach automatisiert gereinigt. Zur Auslegung und Optimierung der Reinigung werden im Maschinen- und Anlagenbau vorab Reinigbarkeitstests durchgeführt. Hierfür werden zumeist nicht reale Produkte genutzt, da diese vielfach nur durch spezifische Produktionsschritte hergestellt bzw. nicht oder nur schwer detektiert werden können. Mittels leicht zu reinigenden Testverschmutzungen wird hingegen lediglich die grundsätzliche Reinigbarkeit nachgewiesen. Zur Gewährleistung der Produktsicherheit werden nachfolgend Reinigungsprozesse häufig überdimensioniert. Dies führt zu einem unnötig hohen Verbrauch an Trinkwasser, Energie und Chemikalien sowie hohen Abwassermengen und CO2-Emissionen für die Energiebereitstellung.
Zielsetzung
Im Maschinen- und Anlagenbau werden gegenwärtig zur Auslegung von Reinigungs-prozessen vor Produktionsbeginn Tests mit leicht zu reinigenden Testverschmutzungen durchgeführt, die das Reinigungsverhalten realer Produkte unzureichend widerspiegeln. Reale Produkte können jedoch meist nicht genutzt werden, da sie vielfach nur durch spezifische Produktionsschritte hergestellt und nicht oder nur schwer detektiert werden können. Um dennoch die Produktsicherheit zu gewährleisten, werden nachfolgend die Reinigungsprozesse bei der Lebensmittelproduktion häufig überdimensioniert. Dies führt zu einem unnötig hohen Verbrauch an Trinkwasser, Energie, Chemikalien sowie hohen Abwassermengen und hohen CO2-Emissionen für die Energiebereitstellung.
Ziel des Forschungsprojektes war es, anwendungsbereite, reproduzierbar herstellbare und gut zu detektierende Modellverschmutzungen (MoVe) aus einfachen Grundstoffen für unterschiedliche Reinigungsverhalten von Lebensmitteln am Beispiel von Milchpro-dukten zu entwickeln. Deren Nutzung ermöglicht perspektivisch eine umweltschonende und ressourceneffiziente Auslegung und Optimierung industrieller Reinigungsprozesse bereits im Planungsstadium beim Maschinen-/Anlagenbauer.
Arbeitsschritte
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurden sieben Milchprodukte (Frischkäse, High-Protein-Pudding, Joghurt, Pudding, Quark, Schmelzkäse, Soja-Joghurt) hinsichtlich ihres Reinigungsverhaltens im geschlossenen System (Strömungskanal) untersucht. Die Synthese der MoVe erfolgte anfangs auf Grundlage der chemischen Zusammensetzung der Milchprodukte und endete mit der Nutzung von Milch als Basis und der Variation von Verdickungsmitteln und weiterer standardisierter Grundstoffe aus der Milchverarbeitung zum Einstellen der notwendigen Hartnäckigkeit beim Reinigen. Zur Auswahl passender MoVe perspektivischer Reinigungstest wurden außerdem Verfahren hinsichtlich ihrer Eignung zur Charakterisierung des Reinigungsverhaltens spezifischer Lebensmittelverschmutzungen bewertet. Die Hartnäckigkeit einer Verschmutzung wurde anhand von Abzugsmessungen und rheologischen Untersuchungen bestimmt. Die Einschätzung des Interaktionsverhaltens zwischen Verschmutzung und Reinigungsflüssigkeit erfolgte darüber hinaus mittels Bestimmung der Schichtdicken- und Massenänderung.
Ergebnisse
Anhand des identifizierten Reinigungsverhaltens der ausgewählten Milchprodukte wurde ein Portfolio an MoVe erarbeitet. Als Basis dient Milch, der Reinigungsmechanismus und die Hartnäckigkeit können mittels Variation der Verdickungsmittel Xanthan und Guarkernmehl, sowie dem Einbringen von Joghurt und Quark eingestellt werden. Der Fokus bei der Synthese der MoVe lag auf der Abbildung des kohäsiven Trennens und dem adhäsiven Abtrennen. Ein viskoses Verschieben der Schmutzschichten wurde bei den untersuchten Milchprodukten in Kontakt mit Wasser bei 25 °C nicht beobachtet. Eine generelle Schlussfolgerung bezüglich des Reinigungsverhaltens aus der chemischen Zusammensetzung der analysierten Milchprodukte konnte nicht gezogen werden. Für Verschmutzungen mit vorrangig kohäsivem Trennen korrelierte die mittlere Abzugskraft mit der Reinigungszeit. Weiterhin lieferte die mittlere Abzugskraft Erkenntnisse zum Reinigungsmechanismus der betrachteten Verschmutzungen. Die Bestimmung der rheologischen Eigenschaften quellender Schichten ermöglichte Aussagen zur Steifigkeit und dem Verhältnis viskoser und elastischer Anteile einer Schmutzschicht nach Kontakt mit Reinigungsflüssigkeit. Es konnte gezeigt werden, dass ein Zusammenhang zwischen Reinigungszeit und Veränderung der rheologischen Zielgrößen im zeitlichen Verlauf besteht. Ferner korrelierte die Änderung der relativen Schichtdicke bzw. Masse bei quell-fähigen Verschmutzungen miteinander und lässt erste Annahmen zum Reinigungserfolg zu. Das Interaktionsvermögen stellte dennoch kein alleiniges Maß zur Prognose des Reinigungsverhaltens dar.
Öffentlichkeitsarbeit
Im Rahmen von drei online durchgeführten Sitzungen mit dem projektbegleitenden Ausschuss wurden die Forschungsergebnisse diskutiert. Erste Ergebnisse des Projektes wurden in den Fachzeitschriften „Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung“ und „Molkerei-Industrie“ einer breiten Leserschaft aus dem industriellen Bereich zugänglich gemacht. Ferner ist eine weitere Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Der Lebensmittelbrief“ im Jahr 2024 vorgesehen, in der weitere Projektergebnisse präsentiert werden. Bei der Gesellschaft Deutscher Lebensmitteltechnologen e.V. (GDL) wurde in einem Vortrag zur Schmutzstrukturbasierten Reinigung von Anlagen (13.10.2023) ebenso auf die Problematik und das Projekt aufmerksam gemacht.
- Helbig, M.; Hovorka, K.; Schmidt, C.; Zahn, S., 2023a. Reinigung im Visier: Analyse des Reinigungsverhaltens von Milchprodukten zur Entwicklung von Testverschmutzungen, Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung: RFL, Jg. 75, Nr. 6, S. 208-211
- Helbig, M.; Hovorka, K.; Schmidt, C.; Zahn, S., 2023b. Reinigung im Visier: Analyse des Reinigungsverhaltens von Milchprodukten zur Entwicklung von Testverschmutzungen, Molkerei-Industrie: Fachmagazin für die Milchverarbeitung, 2023, Nr. 7, S. 26-30 https://www.moproweb.de/blmedien-epaper/molkerei-industrie-07-2023/
Fazit
Ausgewählte MoVe wurden als Testprodukt im industriellen Umfeld in einem geschlossenen System sowie mittels Applikation mit einer Rakeldüse als Möglichkeit zur örtlichen Beurteilung von reinigungskritischen Stellen erfolgreich erprobt. Maschinen- und Anlagenbauer können nun entsprechend der zu erwartenden Eigenschaften der milchbasierten Verschmutzung gezielt eine MoVe auswählen und damit einzelne Bauteile sowie das Zusammenspiel aus Reinigungstechnik, Reinigungsparametern und Verschmutzung noch vor Produktionsbeginn testen und optimieren. Das prinzipielle Vorgehen zur Entwicklung von MoVe kann analog auf weitere Produktgruppen anderer Branchen übertragen werden und perspektivisch im gesamten Lebensmittelbereich eine umwelt-schonendere Auslegung von Reinigungsprozessen ermöglichen.
Projekfinanzierung:
Das Projekt ReMoVe wird gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) im Förderbereich 2 "Klimaschutz und Energie".
Projektlaufzeit:
03.2021-08.2023
Projektbearbeitung und Kontakt:
Projektleitung: Prof. Jens-Peter Majschak
Projektbearbeitung: Dipl.-Ing. Manuel Helbig
Reinigungstechnologien
NameDipl.-Ing. Manuel Helbig
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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Kooperationspartner:
Professur für Lebensmitteltechnik am Institut für Naturstofftechnik der Technischen Universität Dresden