Studentenexkursion 2007
Isa Schindler; Nicole Schmidt (Studentinnen des ITB, Studiengang Maschinenbau, Studienrichtung Textil- und Konfektionsrichtung)
Zur diesjährigen Studentenexkursion ging es mit finanzieller Unterstützung durch die Walter Reiners-Stiftung des VDMA zur ITMA, der internationalen Textilmaschinenausstellung. Studenten des Studienganges Maschinenbau mit der Studienrichtung Textil- und Konfektionstechnik, des nicht-konsekutiven Master-Studienganges Textil- und Konfektionstechnik und interessierte Studenten, z. B. aus dem Grundlagenstudium bzw. von der Studienrichtung Konstruktiver Maschinenbau sowie Mitarbeiter des ITB reisten in zwei Gruppen vom 13.-16. September bzw. vom 17.-20. September nach München, um die weltweit bedeutendste Textilmaschinenausstellung zu besuchen.
Die ITMA findet in einem Rhythmus von 4 Jahren in wichtigen Messestädten der Welt statt. 2003 war es Birmingham, 2011 wird es Barcelona sein. Die nun schon 15. Ausstellung der ITMA wurde in Deutschland abgehalten, mit sehr positiver Besucher- und auch Ausstellerresonanz. Der Schlussbericht der ITMA gibt eine Rekordzahl von 118.000 Fachbesuchern aus 149 Ländern bekannt [www.itma.com].
In den insgesamt 16 Messehallen präsentierten Aussteller der gesamten textilen Kette, von der Spinnerei über die Flächenbildung bis hin zur Veredlung und Konfektion, ihre Neuentwicklungen. In allen Hallen waren neueste Maschinen und Anlagen „live“ zu erleben. Selbst Giganten unter den Textilmaschinen zum Beispiel für die Vliesherstellung und die Teppichherstellung konnten bestaunt werden.
Das ITB war gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden AG (TUDAG) als Aussteller auf der „Research and Education Area“ vertreten. Vorgestellt wurden aktuelle Arbeiten am Institut auf den Gebieten der Maschinenentwicklungen und der Materialmodellierungen.
Ein vom ITB organisiertes Messebesuchsprogramm beinhaltete die Besichtigung mehrerer Firmen. Studenten und Mitarbeiter waren in kleinen Gruppen zu Führungen auf den Messeständen geladen. Es wurden die aktuellsten Entwicklungen erklärt und neueste Maschinen vorgeführt.
Organisiert wurden folgende Firmen besichtigt:
- Barmag-Spinnzwirn Zweigniederlassung der Saurer GmbH & Co. KG
- Brückner Trockentechnik GmbH & Co. KG
- Coatema Coating Machinery GmbH
- Groz-Beckert KG
- H. Stoll GmbH & Co. KG
- Küsters Textile GmbH
- Lectra Systems Inc.
- Liba Maschinenfabrik GmbH
- Lindauer Dornier GmbH
- Mayer & Cie GmbH & Co. KG
- Picanol N.V.
- Rieter Machine Works Ltd.
- Saurer-Allma, Zweigniederlassung der Saurer GmbH & Co. KG
- Schlafhorst, Zweigniederlassung der Saurer GmbH & Co. KG
- Textechno Herbert Stein GmbH & Co. KG
- Trützschler GmbH & Co. KG
- Uster Technologies AG
Darüber hinaus stand ausreichend Zeit zur Verfügung, um selbstständig oder mit Mitarbeitern des ITB Firmen zu besuchen.
Angesichts rasant steigender Energie- und Rohstoffpreise standen die Aspekte der Energieeffizienz und Ressourcenschonung verstärkt im Blickpunkt. Vor allem die Hersteller aus den Bereichen Spinnerei, Veredlung und Färberei stellten innovative Lösungen zum wirtschaftlichen Umgang mit Strom, Gas, Wasser, Dampf und Druckluft vor. Doch auch mit den klassischen Investitionskriterien der Produktivität, Flexibilität und Qualität wurde geworben. Ganz nach dem Motto der ITMA „Place for Innovation“ wurden Neuentwicklungen in allen textilen Bereichen vorgestellt.
Nachfolgend werden beispielhaft Innovationen besichtigter Firmen zusammengefasst.
Innovationen der Firma Rieter Machine Works Ltd. konzentrierten sich auf Qualitätsverbesserung, Produktivitätssteigerung und Reduzierung des Bedienaufwandes. Die neueste Version der Karde C 60 ist die produktivste Karde der Welt mit einer Maximalleistung von 220 kg/h. Neben dem modularen Aufbau der Maschine, die größere Flexibilität zulässt, wird durch eine Arbeitsbreite von 1500 mm und einem kleinen Trommeldurchmesser die Produktivität bei gleich bleibender Qualität erhöht. Die Karde C 60 RSB verspricht durch ein integriertes Streckenmodul ein 100 %ig reguliertes Band und damit eine höhere Kardenband-gleichmäßigkeit. Mit dem integrierten Schleifsystem IGS ist die C 60 gleichzeitig die einzige Karde der Welt, die die Garnitur während der Produktion schleift. Das erhöht die Lebenszeit der Garnitur und sichert konstante Bandqualität.
Eine weitere Entwicklung zeigte die Kämmereivorbereitungsmaschine OMEGAlap E 35. Hier wird die Aufwicklung der Watte nicht mehr wie üblich durch Wickelwalzen realisiert, sondern durch einen Riemen. Dadurch verbessert sich die Verteilung des Druckes enorm.
Die neue Kämmmaschine E 66, oder in der automatischen Variante E 76, setzt wieder einen neuen Standard mit 500 Kammspielen in der Minute im täglichen Betriebseinsatz. Zusätzlich wird der Energiebedarf pro produziertem kg Kämmband reduziert und die Faserselektion verbessert.
Eine Neuheit im Bereich der Rotorspinnerei ist die weiterentwickelte vollautomatisierte R 40, die mit bis zu vier unabhängigen Robotern arbeitet. Mit bis zu 500 Spinnpositionen ist sie die längste Rotorspinnmaschine der Welt. Neben der Automatisierung einzelner Prozesse wie der Rotorreinigung und dem kompletten Wechsel der Spulen wurden Entwicklungen im Bereich der effizienten Energienutzung forciert. Die Nutzung der Invertertechnologie beispielsweise führt zum Wegfall von Getrieben. Auch die neuen fett- und ölfreien Lager und die Rotoren optimieren den Energiebedarf. Mit dem einzigartigen Aeropiecing-System werden garngleiche Ansetzer erreicht.
Die Firma Schlafhorst, Zweigniederlassung der Saurer GmbH & Co. KG präsentierte sich auf der ITMA als Teil des Oerlikon – Konzerns. Für die ITMA 2007 konnte Oerlikon Schlafhorst die neue Maschinengeneration von Spulmaschinen den Autoconers 5 vorstellen. Unter dem Motto: „Give me five“ für eine schnellere, anspruchsvollere, effizientere, intelligentere und sichere Produktion ist das bekannte Maschinenkonzept „Autoconer“ überarbeitet worden. Jede Spulstelle arbeitet deutlich produktiver. Neue, einzelmotorische Antriebe gestatten, gleichzeitig bis zu 30 unterschiedliche Partien pro Maschine zu produzieren. Neuerungen betreffen zum Beispiel den optimierten geradlinigen Fadenverlauf zur Schonung des Garnes bei Beibehaltung der bewährten Reihenfolge der Aggregate, die Elektronik, den Paraffineur und die Online-Fadenzugkraftregelung.
Weiterhin erweiterte Oerlikon Schlafhorst die Autocoro Familie durch zwei neue Rotorspinnmaschinen, dem Autocoro 480 und dem Autocoro S 360. Der wesentliche Unterschied der Maschinen liegt im Automatisierungsgrad. Während der Autocoro 480 über eine vollautomatisierte Anspinn- und Kreuzspulen-wechseleinrichtung verfügt, gestattet der Autocoro S 360 bei Rotordrehzahlen von bis zu 130000 min-1 ein manuelles Beheben der Fadenbrüche und einen manuellen Spulenwechsel. Dadurch ist die S 360 wegen des geringeren Investitionsbedarfes insbesondere für Niedriglohnländer geeignet.
Der Weltmarktführer im Bereich der Industrienadeln, Groz-Beckert KG, zeigte erstmals einen Zylinder für Rundstrickmaschinen mit der Feinheit E66. Nach Angaben der Groz-Beckert KG ist das Ziel dieser Entwicklung zukünftig als Systemlieferant für die Rundstricktechnik am Markt auftreten zu können. Ein großer Schwerpunkt der weiteren Entwicklungen war das Thema Energieeffizienz. Durch eine besondere Nadelgeometrie der litespeed® kann z. B. die Reibung und das Gewicht der Nadeln stark verringert werden. Durch die reduzierte Reibung sinkt die Maschinentemperatur um ca. 20 Prozent.
Die Entwicklungen des führenden Flachstrickmaschinenherstellers H. Stoll GmbH & Co. KG gehen hin zu steigender Produktivität bei besserer Umweltschonung. Letzteres wurde nicht nur durch eine Reduzierung des Energieverbrauchs, sondern auch durch die Nutzung von abbaubaren Ölen und recycelten Maschinenteilen realisiert. Mit der CMS 822 ist es dank der beiden Schlitten möglich, zwei Fully Fashion Teile gleichzeitig auf einer Arbeitsbreite von 2130 mm zu stricken. Für äußerst anspruchsvolle Muster wurde die CMS 530 mit max. 32 Intarsiafadenführern entwickelt. Aufgrund ihrer vielfältig wählbaren Komponenten kann das Unternehmen die Strickmaschinen sehr flexibel an die Kundenwünsche anpassen.
Die LIBA Maschinenfabrik GmbH stellte innovative Ideen vor, die neben den gestiegenen Anforderungen an die Geschwindigkeit der Maschinen auch arbeitsschutztechnische Aspekte bedienen. So wird die Reduktion von Lärm und Vibrationen durch ein neuartiges Maschinenbett erreicht. Alle LIBA-Maschinen sind mit einer optimierten und leicht zu bedienenden Steuerung ausgestattet.
Vorgestellt wurde unter anderem der Hochleistungskettenwirkautomat Copcentra 2 KE, welcher mit 4000 U/min zu den schnellsten Kettenwirkautomaten der Welt zählt. Der Antrieb erfolgt mittels Servomotoren und einem neuartigen Getriebe, das eine harmonische Bewegung der Arbeitselemente garantiert. Legebarren und Wellen aus carbonfaserverstärktem Kunststoff reduzieren die bewegten Massen und gewährleisten durch die geringe thermische Ausdehnung und die hohe Steifigkeit einen gleichmäßigen, störungsfreien Produktionsablauf.
Ein weiteres Messe-Highlight waren die Kettenwirkmaschinen Copcentra HS-2-ST und DG-506-30-2HS mit Schusseintragsvorrichtungen. Die Copcentra HS-2-ST als RL-Kettenwirkmaschine mit Magazinschusseintrag erzielt durch neue Koppelgetriebe und einen neuen Magazinschusslegeantrieb höhere Leistungen. Mit der DG-506-30-2HS lassen sich neuartige Abstandsstrukturen fertigen. Erstmalig ist an einer RR-Kettenwirkmaschine der Schusseintrag von zwei Maschinenseiten möglich. Die Schussfäden werden sowohl an der Ober- als auch Unterseite in das Abstandsgewirke eingebunden. Eine mustergemäße Zuführung von Schussfäden zur Realisierung speziell verstärkter Bereiche ist möglich. Die Zuführung von Kettfäden als Stehfäden ist sowohl an der Ober- als auch an der Unterseite realisierbar.
Die Karl Mayer Textilmaschinenfabrik GmbH war zur diesjährigen Messe gleich mit zwei Ständen vertreten. Neben Kettenwirkmaschinen und Sonderanwendungen, Spitzenraschelmaschinen sowie Maschinen zur Herstellung von Technischen Textilien und Composites, galt ein zusätzlicher Messeauftritt der Kettvorbereitung. Die KARL MAYER-Gruppe zeigte die umsatzstärksten Modelle aus dem Programm der Hochleistungskettenwirkautomaten für elastische und unelastische Ware. Das Hauptaugenmerk lag auf der Steigerung der Maschinendrehzahlen, insbesondere bei großen Längen und hohen Feinheiten.
Weiterhin war zur ITMA 2007 die bewährte RSE-Baureihe mit einem neuen Modell vertreten. Dieses zeigt einen besseren Bedienkomfort durch die Umsetzung eines neuen Konzeptes für die Legebarrenaufhängung. Die Produkte dieser Maschine sind insbesondere für den wachsenden Markt der filigran gemusterten und abgepassten Wäschequalitäten sowie als gemusterter Stickgrund interessant. In der Kettenvorbereitungs-technik stellte der Textilmaschinenhersteller auf einem 500 m² großen Stand neben anderen Exponaten ein weiteres Modell der erfolgreichen Musterkettenschärmaschine mit verbessertem Preis-Leistungs-Verhältnis vor.
Ressourcenschonung ist auch bei der Lindauer Dornier GmbH das Hauptthema. Die für Greiferwebmaschi-nen neu entwickelte DuoColor Abfallspareinrichtung, ermöglicht das Weben ohne Webkante auf der linken Seite und eine deutlich reduzierte Breite der rechten Webkante. Somit lässt sich der Kantenabfall um über 50 Prozent reduzieren. Bei den Luftdüsenwebmaschinen kommt die positiv arbeitende Schussfadenklemme PWC zum Einsatz, welche ohne Halteluft arbeitet und somit das Spektrum der eintragbaren Schussgarne erweitert, sowie die Fertigung von Geweben mit großen Rapporten ermöglicht. In Kombination mit neu entwickelten Stafetten-, Streck- und Hauptdüsen kann so der Luftverbrauch laut Dornier um bis zu 28 Prozent gesenkt werden.
Die Technologiestudie Concept Loom Study präsentiert das nach Vorstellungen Dorniers erarbeitete Antriebs- und Steuerungskonzept der Zukunft. Danach sollen durch einen separaten Antrieb und Start von Web- und Schaftmaschine sowie dem nachfolgenden Treff der Arbeitsgeschwindigkeiten in einem Rendezvouspunkt die Drehzahlschwankungen während des Schusseintrages ausgeglichen, höhere Produktionsleistungen und eine Schonung des Schaftantriebes erzielt werden.
Weiterentwicklungen der Deherwebtechnik hinsichtlich der Erhöhung der Musterungsvielfalt wurden anhand verschiedener Gewebemuster und detaillierter Videoaufnahmen einer Prototypmaschine präsentiert. Die bisher eingeschränkten Musterungsmöglichkeiten der bereits im Jahr 2003 vorgestellten Dreherwebtechnik EasyLeno 2T, werden durch die Kombination mit einer Jacquardeinrichtung nahezu aufgehoben, wodurch nun vielfältige neue Bindungen realisierbar sind.
Die Küsters Textile GmbH gehört zu den führenden Anbietern von Nass-Veredlungsanlagen in der Textilindustrie. Aus der Küsters Zittauer Maschinenfabrik und dem Geschäftsbereich Textile des Küsters Stammwerkes hervorgegangen, ist ein Unternehmen, welches individuelle Maschinentechnik zur Gewebe-, Maschenwaren- und Teppichveredlung anbietet, entstanden.
Küsters setzt bei den Entwicklungen ihrer Nass-Veredlungsanlagen hauptsächlich auf nutzerfreundlich optimierten Gebrauch. So verspricht ein neuer Foulard aufgrund seiner Edelstahlausführung mit ausschließlich lasergeschweißten Nähten eine schnelle und einfache Reinigung. Durch den Einsatz des blue nip Walzengummis sind Prozesse bei einem pH-Wert von 5,5 bis 14 möglich. Dadurch ist das Auswechseln der Walzen nicht mehr nötig. Die beiden Küsters S-Walzen lassen weiterhin eine Online-Regelung der Quetschfuge zu, wodurch die Ergebnisse besser reproduzierbar sind. Durch die ebenfalls optimierte Beckenform des Foulard sind bestmögliche Warenqualitäten möglich.
Die Coatema Coating Machinery GmbH ist tätig im Bereich des Maschinenbaus für Beschichtungs- und Kaschieranlagen in R2R Anwendungen.
Seit über 30 Jahren liefert die Coatema Lösungen für die unterschiedlichsten Märkte wie Textil, Folie, Papier und erneuerbare Energien. Auf der ITMA stellten sie die neuesten Maschinenbaulösungen für die Wachstumsmärkte im Bereich Technische Textilien vor.
Dazu gehörten Live-Beschichtungen mit einem Coatema-Basecoater mit Wechselbeschichtungssystem in den Bereichen Schlitzgießer und Acrylatbeschichtungen. Auf derselben Anlage wurden mit einem System der Firma ITW Dynatec Hotmeltbeschichtungsversuche gefahren. Als Ausschnitt aus diesem Programm zeigte Coatema einen neuen budgetorientierten Multifunktionalbeschichtungskopf mit integriertem Foulard in Ex-Ausführung in einer Arbeitsbreite von 2 m.
Viele Studenten nahmen die Möglichkeit wahr, mit den Firmen in Kontakt zu treten und sich nach aktuellen Möglichkeiten für Praktika und Berufseinstieg zu informieren. Durch die Messe bekamen die Studenten einen sehr guten Überblick über die internationale Branche des Textilmaschinenbaus.
Wir bedanken uns bei allen Firmen für die interessanten Führungen, den Organisatoren des ITB, dem Freundes- und Förderkreis des ITB der TU Dresden e. V. sowie den Teilnehmern für die gelungene Jahresexkursion 2007 und freuen uns auf 2008.
Ein besonderer Dank gilt der Walter Reiners-Stiftung des VDMA für die finanzielle Unterstützung, die uns diese sehr interessante Exkursion zur ITMA 2007 ermöglichte.