Studentenexkursion zur ITMA 2015
Alexander Busch und Hendrik Florian Pötzsch (Studierende des ITM der Fakultät Maschinenwesen, Studienrichtung Verarbeitungsmaschinen- und Textilmaschinenbau)
Auf dem Gelände der „Fiera Milano Rho“ in Mailand fand vom 12. bis 19.11.2015 die internationale Textilmaschinenbauaustellung (ITMA) statt. Dank der großzügigen Unterstützung des Verbandes Deutscher Maschinen und Anlagenbau e. V. (VDMA) eröffnete sich den Studenten der Technischen Universität Dresden die Möglichkeit, im Rahmen einer Exkursion vom Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) an der Messe teilzunehmen.
Studenten der Maschinenbau-Studienrichtung Verarbeitungsmaschinen- und Textilmaschinenbau, Wirtschaftsingenieure sowie Studenten aus dem Master-Studiengang Textil- und Konfektionstechnik starteten am 16.11. 2015 gemeinsam mit Mitarbeitern des ITM mit zwei Reisebussen in Richtung Mailand.
Die 16. ITMA in Mailand vereinte auf 11 Hallen insgesamt 1691 Austeller aus 46 Ländern, welche ca. 123000 Besucher aus 147 Ländern anzog. Das Motto der diesjährigen ITMA war „Master the Art of sustainable innovation“, zu Deutsch: „Meistern Sie die Kunst nachhaltiger Innovationen“. Aus diesem Grund lag ein wesentlicher Schwerpunkt der Aussteller im Bereich der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.
In den Tagen vom 17. bis zum 19.11.2015 wurden für die Studierenden des ITM zahlreiche Führungen an den Ständen namhafter Unternehmen organisiert. Folgende Unternehmen sind aus dieser Gruppe besonders hervorzuheben:
• ShimaSeiki MFG. LTD.
•Steiger Participations Sa
• Stoll AG & Co. KG
• August Herzog Maschinenfabrik GmbH & Co.
• Karl Mayer Textilmaschinenfabrik GmbH
• Uster Technologies
• MayerCie GmbH & Co. KG
• Rieter Ingolstadt GmbH
• Trützschler GmbH & Co. KG
• Schlafhorst, SAURER AG
• Dilo Group, Eberbach
• Dienes Werke GmbH
• Siemens AG
• Lindauer DORNIER GmbH
• MAGEBA Textilmaschinen GmbH & Co. KG
• Stäubli International AG
• Schott & Meissner Maschinen- und Anlagenbau GmbH
Auch für die neuen Studierenden, die zum Zeitpunkt des Messebesuches erst vier Wochen am ITM studierten, war die Messe besonders eindrucksvoll: Sie konnten mit dem gelernten Wissen aus den Vorlesungen „Grundlagen des Textilmaschinenbaus“ die Messe besichtigen und die theoretisch vermittelten Kenntnisse in der Praxis erleben und vertiefen. Dabei wurden zu nahezu jedem Aspekt der textilen Prozesskette mehrere Unternehmen vorgestellt. Auszugsweise werden im Folgenden einige Kernbereiche der Messe vorgestellt.
NACHHALTIGKEIT
Das Thema Nachhaltigkeit wurde auf der ITMA sehr groß geschrieben. Teilweise haben sich Unternehmen selbst eine eigene Zielsetzung gegeben, aber es gibt auch Gruppen von Firmen, die sich auf die Nachhaltigkeitsziele des VDMA berufen.
Herausragende Beispiele sind: Die SAURER AG präsentierte auf der ITMA einen Stand, der eine komplette Spinnerei abbildete, um so ihr gesamtes Produktportfolio inklusive allen technischen Neuerungen aufzuzeigen.
Kernstück bildeten die Ringspinnmaschine Zinser 72 und die Rotorspinnmaschine Autocoro 9. Hierbei stand alles unter dem E3-Slogan des Unternehmens: Die Steigerung von Energieeffizienz, Ökonomie und Ergonomie. Mit dem E3 – Programm versuchen SAURER einen hohen Grad an Nachhaltigkeit und Effizienz zu erreichen.
Als Lösungsansatz gilt es u. a. Lohnkosten, die weltweit steigen, zu reduzieren, indem man den höchstmöglichen Automatisierungsgrad und optimierte Betriebsbedingungen erzeugt. Dies wird zum Beispiel durch eine neue Wechslerintelligenz realisiert, die unrunde Hülsen an den Spinnmaschinen per Lasersensor erkennt und selbständig aussortiert. Der Energieverbrauch kann direkt an der Maschine am „Energy Monitoring“ abgelesen werden. Daraus lassen sich frühzeitig defekte Teile erkennen. Aufwendige Messungen, welche Stillstandszeiten erfordern und die Produktivität senken, werden dadurch vermieden. Durch das 9 + 1 Rundmagazin, welches stets einen Kops im Ladeschacht hält, wird damit der Weg verkürzt, welchen der Kops beim Wechsel zurücklegen muss. Dazu kommt eine Verbesserung des Aufsteckdorns, um eine höhere Funktionsstabilität zu gewährleisten.
Die Lindauer DORNIER GmbH wirbt beispielweise mit dem Slogan „The Green Machine“. Dies spielt laut Firmenangaben nicht direkt auf die Energieeffizienz bzw. umweltschonende Maschinen an, sondern auf die „grüne Wirkung“ ihrer Textilien in den Bereichen der Filtrierung und Schutz von Strukturen. Dies soll allerdings nicht bedeuten, dass für DORNIER umweltschonende Maschinen im Hintergrund stehen. Zum Motto der ITMA „Master the Art of Sustainability“ sagt der Geschäftsführungsvorsitzende, Herr Peter D. Dornier: „Für unser Unternehmen ist Nachhaltigkeit seit über 65 Jahren eine Philosophie, keine Modeerscheinung. An unserem Standort respektieren bzw. fördern wir Ökosysteme sowie Natur. Als Familienunternehmen pflegen wir Werte wie Vertrauen und Respekt […]“ . DORNIER fertigt ihre Maschinen komplett in Deutschland unter deutschen Umweltgesetzen.
Ein Beispiel für nicht selbstgegebene nachhaltige Zielsetzung ist das „bluECOmptence“ des VDMA. Eine Vielzahl der besuchten Unternehmen haben mit diesen Logo am Stand geworben. Dazu müssen sie folgende Grundkriterien erfüllen: „Der Partner hat das Ziel nachhaltiges Verhalten für seine Produkte und Mitarbeiter an den Tag zu legen. Die Produkte müssen nachhaltige und ressourcenschonende Kriterien über den gesamten Lebenszyklus erfüllen, d. h. in Entwicklung, Produktion, Betrieb und Entsorgung [...]“ .
STANDGESTALTUNG
Die Groz-Beckert KG hat eine sehr ansprechende Standgestaltung bewiesen, dabei wurde der richtige Kompromiss aus Standgröße und Exponatenanzahl gefunden. Gleichzeitig bietet er viel Wissen über die Identität Groz-Beckerts in der Textilindustrie. Tiefe Einblicke gewährt das Unternehmen, indem es verschiedenste Textilmaschinen komplett aus transparentem Acryl nachgebaut hat und anschließend eigene Produkte integriert hat. Jedes Exponat wurde von einem Mitarbeiter betreut, sodass ein intensiver Austausch mit den Messeteilnehmern ermöglicht wurde.
Des Weiteren hat Groz-Beckert als Nadellieferant auch auf den Ständen anderer Unternehmen Werbung für sich gemacht: Ihre Produkte verfügen stets über die charakteristischen Holzschäfte, welche die Marke Groz-Beckert auch in Kombination mit anderen Marken sehr exponiert präsentiert hat.
In Anbetracht der Wichtigkeit von Grundlagen- und Industrieforschung durch die Universitäten und Hochschulen wäre eine zentralere Platzierung der Stände auf dem ITMA-Gelände wünschenswert gewesen. Diese waren relativ abseits gelegen und viel dichter angesiedelt als die der großen Industriefirmen.
TECHNOLOGIEN
Eine große Innovation bzw. Neuentwicklung auf der ITMA 2015 blieb aus. Es gab jedoch eine beachtliche Anzahl an kleineren Innovationen, Weiterentwicklungen und Optimierungen, die sich über die gesamte Breite der Aussteller gleichmäßig verteilte.
Die vertretenen Firmen deckten die komplette textile Prozesskette sowohl der klassischen Textilien als auch von Hochleistungsfasern ab. Nur die Verarbeitung von Carbonfasern war aus Sicherheitsgründen untersagt. Da diese jedoch aus dem Bereich der Technischen Textilien und dem textilen Leichtbau nicht mehr wegzudenken sind, sollte zukünftig deren Verarbeitung auch auf Messen wie der ITMA möglich sein. So würde man den Fokus weiter auf die Chancen und Möglichkeiten textiler Hochleistungswerkstoffe legen.
Stellvertretend für die Innovationen aller auf der ITMA vertretenen Unternehmen werden im Folgenden die Neuerungen von sechs Firmen vorgestellt.
SAURER
Die SAURER AG präsentiert mit ihrer Ringspinnmaschine „Zinser 72“, wie durch konstruktive Verbesserungen, zum Beispiel am Absaugsystem, aber auch durch ein innovatives System zur Selbstreinigung eine höhere Produktionsqualität erreicht werden kann. Größere Maschinen mit bis zu 2016 Spindeln sowie schnellere Anlauf- und Produktions-geschwindigkeiten steigern zudem das Produktionsvolumen.
DILO
Zwei komplette Nonwoven-Linien präsentierte die DILO-Gruppe auf der ITMA 2015. Eine Maschine zeigte ihre Leistungsfähigkeit anhand der Breite von 7 m des fertigen Endprodukts. Als besonders innovativ ist hierbei eine neu entwickelte Hochleistungskarde zu erwähnen, durch die eine noch höhere Gleichmäßigkeit des Endproduktes erreicht werden kann. Bemerkenswert war auch das neue Variopunch System, bei dem eine individuelle Vernadelung der Vliese möglich wird.
Die zweite und kleinere Produktionslinie wird in Ihrer Form zukünftig zur Verarbeitung recycelter Carbonfasern verwendet werden.
DORNIER
Dornier präsentierte auf der ITMA mit der EasyLeno®-2T eine neuartige Technologie auf dem Gebiet der Drehergewebemaschinen. Durch eine Erhöhung der Verkreuzungen pro Bindungseinheit und höherer Anschlagkräfte (5t) werden die mechanischen Eigenschaften des Endprodukts enorm gesteigert: Die Schiebefestigkeit erhöht sich beispielsweise um das 1,7-fache. Hieraus resultiert ein großes Potential für Leichtbauwerkstoffe, da man mit EasyLeno®-Drehgeweben bis zu 30% Material gegenüber herkömmlichen Geweben einsparen kann.
Auffällig ist bei DORNIER die hohe Modularität ihrer Maschinen: So können nicht nur die Breiten der Gewebe, sondern auch Antriebsleistungen, Kettbaumlagerungen und verschiedene Kantenbildungsverfahren nahezu beliebig miteinander kombiniert und den Kunden eine, auf ihre Anforderungen zugeschnittene, Systemlösung generiert werden.
Das DORNIER COMPOSITE SYSTEMS steht für die Herstellung von Faserverbundkunststoffen. Aus dem Bedarf im Leichtbau, der Verkehrstechnik sowie der Energiewende entwickelte DORNIER das COMPOSITE SYSTEMS aus dem eine neue Produktfamilie hervorging: Tape-Produktionsanlage, Tapewebmaschine und eine Technologieplattform für 3D – Gewebe .
Erstaunlich war auch, wie das Unternehmen auf der Messe kooperierte, um ihre Maschinen effektiv zu präsentieren. So stand beispielsweise eine Luftwebmaschine A1 von DORNIER in einer Jaquardausführung auf dem Stand von STÄUBLI oder eine Greiferwebmaschine P1 mit direkt aufgesetzter Jacquardmaschine bei BONAS.
SCHOTT UND MEISSNER
Die Schott und Meissner Maschinen- und Anlagenbau GmbH warb auf der Messe mit dem Wärmerückgewinnungssystem „ERTEC - EnergyRecoveryRECnology“. Das „ERTEC-LEAN“-System sammelt die, im Trocknungsprozess von Textilien entstehende warme Abluft in der Kühlzone. Diese Wärme kann für andere Prozessschritte wiederverwendet werden. Das „ERTEC – DUO“-System ist ein zweistufiges System, bei dem Wasser aus der Abluft in zwei Prozessschritten gewonnen wird: Zuerst wird die Zuluft mit der Abluft vorgewärmt und in einem zweiten Schritt unter den Taupunkt abgekühlt, damit die Luftfeuchtigkeit kondensiert und das angefallene Wasser dem System erneut zugeführt werden kann.
RIETER
Mit der R66 hat die Rieter Management GmbH auf der ITMA eine Rotorspinnmaschine präsentiert, die bis zu 700 Spinnstellen ermöglicht. Außerdem wurde ein austauschbarer Faserleitkanal verbaut.
Rieters J26 ermöglicht zum ersten Mal eine Verspinnung von Polyester auf einer Luftspinnmaschine. Die Spinnspitze wird überwacht und mit Wasser gereinigt. Ein Fadensensor überwacht die Feuchtigkeit und Qualität des Garns.
TRÜTZSCHLER
Die Trützschler GmbH & Co. KG bietet eine neue Fremdfasererkennung an ihren Fremdfaserausscheidern T-SCAN TS-T5 über mehrere LEDs an, womit Fremdfasern noch definierter erkannt werden können. Weiterhin gibt es eine neue, noch größere Kannengröße der JUMBO CANS, womit die Produktivität in allen Bereichen gesteigert wird. Der Kannenwechsel über zwei Kannen erfolgt nun automatisch, inklusive LED-Füllanzeige, außerdem gibt es keine Antriebskopplung zwischen Doppelstrecken mehr. Eine direkte Verstreckung an der Karde TC 15 ist nun ebenfalls möglich.
Im Namen aller Studierenden und Mitarbeiter möchten wir uns bei den besuchten Firmen für die interessanten Führungen und Gespräche bedanken.
Des Weiteren gilt unser Dank insbesondere für die finanzielle Unterstützung der Walter-Reiners-Stiftung des VDMA, dem DAAD, dem Freundes -und Förderkreis des ITM der TU Dresden e.V. und der Fakultät Maschinenwesen.
Abschließend möchten wir uns beim ITM für die angebotene Möglichkeit zur Teilnahme an der ITMA 2015 und bei den Organisatoren der Reise bedanken.