Studentenexkursion 2010
Danka Haupt, u.a. (Studentin des ITM, Studiengang Maschinenbau, Studienrichtung Textil- und Konfektionsrichtung)
Etwa 25 Studenten nutzten einen Teil der Pfingstferien, um an der Studentischen Jahresexkursion des ITM 2010 teilzunehmen. Zeitig ging es am 26.5.2010 los, um verschiedene Firmen entlang der textilen Wertschöpfungskette von der Faser bis zum Bauteil einschließlich des Textilmaschinenbaus zu besuchen. Es nahmen sowohl Masterstudenten als auch Diplomstudenten der Fachrichtung Textil- und Konfektionstechnik sowie Studierende des Wirtschaftsingenieurwesens und des Allgemeinen Maschinenbaus teil. Während der gesamten Exkursion gab es einen sehr offenen Austausch unter den Teilnehmern. Die Exkursion stand unter der Leitung von Frau Dr.-Ing. Christiane Freudenberg.
Nachdem wir sehr zeitig in Mittweida angekommen waren besuchten wir nach einem einstündigen Aufenthalt in der Stadt die COTESA GmbH als erste Firma der Exkursion. Die COTESA GmbH, Mittweida ist eine Herstellungsfirma für Hochleistungsfaserverbundwerkstoffe mit einer sehr interessanten jungen Firmengeschichte. Sie wurde im Jahr 2002 gegründet um Bauteile für die Innenausstattung von Flugzeugen herzustellen. Schwerpunkt waren superleichte Türen der Nasszellen. Seit 2005 stellt die COTESA auch Strukturteile, also sicherheitsrelevante Bauteile für Airbus in Serie her. Die Firma arbeitet in erster Linie mit Prepregs, verarbeitet also textile Halbzeuge zu Fertigteilen. Während einer anschaulichen Führung in zwei Gruppen wurde uns die Wertschöpfungskette bis hin zum Endprodukt dargelegt.
Prepregs bestehen aus Endlosfasern, die in einer ungehärteten Kunststoffmatrix gestreckt vorliegen. Diese wurden als Ausgangsmaterial in einer Kühlzelle bei -18 °C gelagert, um ein vorzeitiges Aushärten der Matrix zu verhindern. Als erstes wurde die Prepreg-Vorlage auf einem großen Schnitttisch ausgerollt, ein computergesteuerter Cutter schnitt dann entsprechend Teile aus der Prepreg-Meterware heraus. In der Laminathalle konnten wir den eigentlichen Kernprozess beobachten. Die zurechtgeschnittenen Teile wurden von Mitarbeiterinnen auf bzw. in Formen gelegt und mit einer Vakuumfolie bedeckt. Durch das Vakuum wird gewährleistet, dass die Schnitteile an die Form und damit später eventuelle Luft- oder Wasserblasen aus dem Verbundteil gepresst werden. Diese Formen kommen anschließend in den Autoklaven und werden bei erhöhter Temperatur unter hohem Druck ausgehärtet. Hier geht die Faser mit der Matrix den Verbund ein und das Bauteil bekommt seine Festigkeit. COTESA hat vier Autoklaven unterschiedlicher Größe, die vielseitig eingesetzt werden können.
Wir hatten auch Gelegenheit, einen Blick in die Nachbearbeitungs-, die Qualitätssicherungs- und die Versandabteilung zu werfen. Besonders interessant waren die verschiedenen Bauteile, die uns präsentiert wurden und die teils sichtbar in Flugzeugen wiederzufinden sind. Bei allen wurde der Herstellungsprozess genauestens dokumentiert, sogar die Lagerzeiten der Prepregs waren nachvollziehbar, welches die hohen Sicherheitsbestimmungen zeigt. Trotzdem werden die Teile noch einmal geprüft, da die Bestimmungen auch für Zulieferer im Flugzeugbau sehr detailliert ausgearbeitet sind.
Die Firma hat einen sehr guten praktischen Eindruck gegeben, welche Anwendungsmöglichkeiten im Faserverbundbau möglich sind und es war sehr interessant zu beobachten, wie High-Tech-Materialien im Unternehmen verarbeitet werden und welche Maschinen dafür zum Einsatz kommen.
Nach diesem Besuch fuhren wir weiter nach Naila/Oberklingensporn, um die Firma LIBA Maschinenfabrik GmbH zu besichtigen. Nach einer freundlichen Begrüßung wurden wir in die Produktionsstätte der Firma geführt. Während des Rundgangs wurden die alten Firmengebäude gezeigt, die mit den Jahren immer weiter ausgebaut wurden.
Gegründet wurde die Firma 1945 am heutigen Standort von Karl Liebrandt und produzierte zunächst unter dem Namen ORFA Strick- und Nähmaschinen. Dies half die Technik für die zukünftig zu bauenden Kettenwirkmaschinen zu entwickeln. Die Idee dazu stammte von findigen Technikern und Ingenieuren aus Sachsen und Thüringen. 1961 führte LIBA die erste Raschelmaschine ein und entwickelte 1962 in Zusammenarbeit mit DuPont eine Kettenwirkmaschine für deren Elastomergarn „Lycra“.
Die Firma zeichnete sich durch viele Innovationen aus, wie zum Beispiel Magazinschusseintragsvorrichtungen, Doppelnadelbarren oder Verbundwerkstoff-Nadelsysteme, die mit einem kurzen Hub arbeiten können. Heute produziert sie neben Kettenwirk- und Raschelmaschinen auch die Schusseintragsvorrichtungen und Schäranlagen in verschiedenen Größen.
Während der Führung durch die Produktionshalle wurde erläutert, dass die LIBA heute vor allem Maschinen für Technische Textilien sowie für Funktionsbekleidung fertigt. In Einzelgesprächen in den Produktionsstätten ging es um konstruktive Details der Maschinen, etwa die Viergelenk-Getriebe des Antriebes, die für die beim Arbeitsvorgang nötige ungleichmäßige Übersetzung sorgen, die Musterungseinrichtung oder die bemerkenswerte Nadelaufnahme, welche selbst in Kohlefaserverbundmaterial ausgeführt ist. Dies ist nötig aufgrund der Wärmeausdehnung und den hohen Arbeitsgeschwindigkeiten. Es würde zu ernsthaften Problemen kommen, wie zum Beispiel zu einer unzulässig großen Veränderung des Nadelabstandes. Aus diesem Grund wurde auf die Verwendung von Hohlprofilen aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung verzichtet und die Maschine mit einem Temperaturregelsystem versehen, welche sie vor dem Betrieb anwärmt und währenddessen kühlt und somit konstant auf 40 °C hält.
Wir waren alle von der anschließend vorgeführten Multi-Axial-Nähwirkmaschine begeistert, die in einer Demonstrationshalle vorgeführt wurde. Die vorgeführte Maschine, auf der Glasfasern verarbeitet wurden, verfügte über ein sogenanntes „ Walking Neadle“ Prinzip. Das heißt, die Nadel bewegt sich mit dem Textilgut mit, um dieses nicht mehr als nötig zu beschädigen.
Eine abschließende Fragerunde mit einer kleinen Erfrischung, die die Firma bereitstellte, wurde auch dazu genutzt nochmals die verschiedenen Anwendungsbeispiele der hergestellten Textilien, wie Fußballtor oder Windradmodell betrachten zu können. In dem Gespräch gab es Anfragen zu Möglichkeiten für Praktika und Fragen zur aktuellen Firmenpolitik. Anschließend fuhren wir zurück nach Dresden.
Am 2. Tag unserer Exkursion besichtigten wir die Firma Sachsen Fahnen GmbH & Co. KG in Kamenz. Der 1990 gegründete Betrieb, der sich aus dem VEB Bandtex entwickelt hat, war ursprünglich nur ein Konfektionsbetrieb und -vertrieb. Durch konstantes Wachstum hat sich die Belegschaft bis heute auf 240 Mitarbeiter vergrößert. Überraschend sind neben der klassischen Fahnendruckerei die komplexen Anwendungsgebiete dieses Industriezweiges, welche wir uns vorher so gar nicht vorgestellt hatten. Das Firmengelände war das Größte, welches wir auf der Exkursion besichtigten. Die Firma befindet sich zurzeit im Umbau und Erweiterung ihres Geländes. Wir wurden von zwei freundlichen Mitarbeiterinnen empfangen und in zwei Gruppen aufgeteilt. Während des Firmenrundgangs wurden die verschiedenen Herstellungsverfahren ausführlich und anschaulich erklärt.
So werden beispielsweise beim Siebdruckverfahren in der Vorbereitung die Rahmen bespannt und unter einem speziell gefilterten Licht die Siebbeschichtungsemulsion aufgetragen. Die Emulsion kann nur mittels Licht gehärtet werden. Aus diesem Grund werden lokal Blenden oder Wachs eingesetzt, um die entsprechenden Bereiche des Musters abzudecken. Somit ergibt sich das zu druckende Muster auf dem Sieb. Anschließend werden die nichtgehärteten Stellen der Emulsion ausgespritzt. Die Farben für den Siebdruck werden in der Firma selbst gemischt, mittels eines Computerprogramms und nach den gegebenen Gewebeparametern. Diese Farbe wird dann beim Druck auf das Sieb aufgebracht. In der Veredelungsstrecke werden optische Aufheller aufgedruckt, Brandschutzmittel, sowie die Faserbänder oder Gewirke getrocknet, fixiert und - falls nötig – beschichtet. Die Nachbearbeitung umfasst Bedampfungseinrichtungen zum „Bügeln“ der Textilien, eine Waschstraße zum Auswaschen des bei der Farbherstellung entstehenden Farbstammansatzes und anschließendes Trocknen. Außerdem führt die Firma Sachsen Fahnen auch Digital- und Transferdrucke durch, die auch für niedrigere Stückzahlen und höherer Genauigkeit geeignet sind.
Weiterhin gab es noch die Metallbearbeitung zu besichtigen, in der auch das Fahnenzubehör wie Masten oder Aufstellerfüße hergestellt werden, sowie einen Plotter zum Bedrucken von festen Materialien. Abschließend besuchten wir noch die Konfektionierung, in der die Produkte schließlich geschnitten und mit den nötigen Nähten versehen werden.
Der Abschluss unserer Exkursion sah einen Besuch im Sächsischen Industriemuseum Chemnitz vor. Das Museum befindet sich in einem schönen alten Gebäude, einer ehemaligen Gießerei. Die Begrüßungsworte gab es vor einer historischen Dampfmaschine, die ab und zu immer noch in Betrieb genommen wird. Große Malereien, die in den 90er Jahren wieder frei gelegt wurden, zeigen den Wert dieser alten Werkshallen. Der Besuch im Industriemuseum hat uns viele Einblicke in die Geschichte der sächsischen Textilindustrie gegeben. Dabei hatten wir zum einen eine Führung entlang der „Textilstraße“, zum anderen konnten wir uns weitere interessante Exponate aus der Zeit der Industrialisierung ansehen. Besonders interessant war eine Stickmaschine, die Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Schweiz importiert wurden. Sie wurde uns extra von einem Mitarbeiter auf Anfrage erklärt und vorgeführt. Erstaunt hat uns, dass so riesige Maschinen früher in den Haushalten standen, daher auch der Begriff der „Heimarbeit“. Bei der Führung entlang der „Textilstraße“ wurde die Wertschöpfungskette bis zum Bekleidungsstück an historischen Ausstellungsstücken anschaulich erklärt. Begonnen haben wir mit der Spinnereivorbereitung. So wurde uns anfangs ein Baumwollklopftisch gezeigt, der aus einem Gestell bestand, auf dem die Baumwolle lag und wo mit einem Stock darauf geschlagen wurde, bis Schalenreste und andere Verunreinigungen größtenteils herausgefallen waren. Das nächste Exponat war der sogenannte Streichgarnmusterkrempel ein mechanischer Kämmstuhl.
Danach folgten Maschinen der Spinnerei, wie zum Beispiel eine Handspindel, ein Tretspinnrad und Spinning Jenny. Beeindruckend war auch, dass mit den Weiterentwicklungen der Spinning Jenny nur mit Muskelkraft bis zu 100 Fäden gleichzeitig gesponnen werden könnten. Sehr begeistert waren wir von den diversen Strick-, Web-, und Wirkmaschinen des frühen 20. Jahrhunderts, da man bei ihnen besonders gut die Herstellung beobachten konnte. Die Funktionsweise heutiger Maschinen ähneln diesen sehr. Abschließend wurden noch verschiedene traditionelle Veredlungsverfahren vorgestellt. Die Zeit war leider etwas kurz, um das gesamte Museum in Ruhe zu besichtigen. In den zwei Tagen haben wir sehr viel Neues gesehen und kennengelernt.
Im Ergebnis der Exkursion ist es sogar einigen Studenten gelungen, für ihr Fachpraktikum, welches im Wintersemester 2010 beginnt, bei Firmen einen Praktikumsplatz, wie beispielsweise bei der Firma COTESA GmbH, zu erhalten.
Der sonst während der jährlichen Exkursion stattfindende gemeinsame Abend wurde dieses Jahr am ITM in Dresden durchgeführt. Der Grillabend, an dem Mitarbeiter und Studenten des Instituts geladen waren, gab den Teilnehmern der Exkursion die Möglichkeit sich gemeinsam über die Firmen auszutauschen und mit den Professoren sowie den Mitarbeitern interessante fachbezogene Diskussionen zu führen.
Wir, die Studenten des ITM, freuen uns nun schon auf die nächste Exkursion, um weitere Firmen des Textilmaschinenbaus und der Textilbrache kennenzulernen und praktische Einblicke in die Arbeit eines Ingenieurs zu erhalten.
Wir bedanken uns bei allen Firmen für die interessanten Vorträge und Rundgänge. Weiterhin bedanken wir uns ausdrücklich für die finanzielle Unterstützung bei der Walter Reiners-Stiftung des VDMA und beim Freundes- und Förderkreis des Institutes sowie bei Frau Dr.-Ing. Christiane Freudenberg für die organisatorische Unterstützung.