04.05.2018
Projekt “Einfluss von Lärm auf psychische Erkrankungen des Menschen”
Projekt “Einfluss von Lärm auf psychische Erkrankungen des Menschen”
Projektlaufzeit: 01.09.2017 - 30.06.2021
Projektleiter: Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Seidler, MPH
Wissenschaftliches Team: Dr. rer. nat. Melanie Schubert und Dr. rer. biol. hum. Janice Hegewald
Weitere Projektbeteiligte:
Lehrstuhl der Verkehrsökologie der TU Dresden (Prof. Dr.-Ing. Udo Becker), Institut für Sozial- und Arbeitsmedizin/LIFE-Studie der Universität Leipzig (Univ.-Prof. Dr. med. Steffi G. Riedel-Heller), cdf Schallschutz (Dipl.-Ing. D. Friedemann), Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) (Univ.-Prof. Dr. med. Hajo Zeeb)
Projektbeschreibung
Chronische Geräuschbelastungen durch Luft-, Straßen- und Schienenverkehr können unmittelbar oder mittelbar – vermittelt etwa über einen chronischen Schlafmangel – komplexe psychische und physiologische Stressreaktionen auslösen. Daraus kann auf längere Sicht ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen resultieren. Bisher beschäftigen sich nur relativ wenige Studien mit dem Zusammenhang zwischen Verkehrslärm und psychischen Erkrankungen. Unsere große NORAH-Studie zu Krankheitsrisiken erlaubte erstmalig eine vergleichende Berechnung der Depressionsrisiken durch Straßen- und Schienenverkehrslärm sowie Fluglärm. Basierend auf den Versichertendaten von drei großen gesetzlichen Krankenkassen ließen sich 77.295 Fälle mit einer in den Jahren 2006 bis 2010 neu diagnostizierten klinischen Depression und 578.246 Kontrollpersonen ohne eine entsprechende Depressionsdiagnose identifizieren. Im Ergebnis fand sich ein Zusammenhang zwischen allen drei Verkehrslärm-Arten (Fluglärm, Straßenverkehrslärm, Schienenverkehrslärm) und der Diagnose einer Depression. Offene Forschungsfragen bestehen hinsichtlich der Verkehrslärm-bezogenen Risiken für spezifische psychische Erkrankungsbilder, und der Beeinflussung der Ergebnisse durch unerkanntes oder residuelles Confounding (insbesondere bedeutsam: Luftschadstoffe), sowie der Bedeutung nächtlicher Maximalpegel und der Replizierbarkeit der Ergebnisse der NORAH-Studie zu Krankheitsrisiken in anderen Studienregionen. Diese Fragen nimmt das Projekt auf.
Vorgehen
Das vorliegende Projekt beinhaltet:
- ein systematisches Review, das auf einem bereits registrierten und veröffentlichten (in PROSPERO) Studienprotokoll aufbaut
- zwei empirische Teilstudien
Im Rahmen der Teilstudie 1 erfolgt eine erweiterte Analyse der NORAH-Studie zu Krankheitsrisiken.
Im Rahmen der Teilstudie 2 werden Erhebungsdaten der Leipziger LIFE-Kohortenstudie mit adressgenauen Verkehrslärm-Daten und adressgenauen Daten zu Luftschadstoffen verknüpft.
Die beiden Teilstudien ermöglichen die Berücksichtigung der folgenden, wissenschaftlich innovativen Aspekte:
- Ein breites Spektrum spezifischer psychischer Erkrankungen wird im Hinblick auf einen Zusammenhang mit chronischer Verkehrsgeräusch-Exposition untersucht.
- Die Risikoberechnungen erfolgen nicht (wie in der NORAH-Fallkontrollstudie) mit der Berechnung von Odds Ratios entsprechend dem Fallkontroll-Ansatz; vielmehr werden Hazard Ratios (HR) entsprechend dem Kohorten-Ansatz berechnet.
- Über das erstmalige Auftreten einer psychischen Erkrankung im Beobachtungszeitraum hinaus werden chronische Verkehrsgeräusche auch als mögliche Einflussfaktoren auf den Verlauf psychischer Erkrankungen untersucht.
- Ausgehend von der vertiefenden Befragung der NORAH-Studie zu Krankheitsrisiken wird der Einfluss von sozioökonomischen, Lifestyle-bezogenen und weiteren personenbezogenen Faktoren (einschließlich Geräuschempfindlichkeit und Lärmbelästigung) auf den Zusammenhang zwischen Verkehrsgeräusch-Exposition und psychischen Erkrankungen untersucht. Die vorgenannten Faktoren werden nicht nur als mögliche Confounder, sondern darüber hinaus auch als mögliche Moderator- und Mediatorvariablen betrachtet.
- Die Replizierbarkeit der Ergebnisse der NORAH-Studie zu Krankheitsrisiken in einer anderen Region mit teilweise unterschiedlichen Verkehrslärm-Charakteristika wird untersucht.
- Luftschadstoffe (PM10-Feinstaub und NOx) werden (in Teilstudie 2) adressgenau erhoben und in der Analyse als wichtiger Confounder berücksichtigt.
- Nächtliche Maximalpegel des Schienenverkehrslärms (in Teilstudie 2) werden neben den nächtlichen Maximalpegeln des Fluglärms berücksichtigt.
Das interdisziplinäre Studienteam verknüpft universitäre Expertise in den Bereichen Epidemiologie und Public Health, Akustik und Psychiatrie; daneben ist ein erfahrenes akustisches Ingenieurbüro beteiligt.
Geplantes Projektergebnis
Es sollen wichtige Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen chronischer Verkehrsgeräusch-Belastung und psychischen Erkrankungen gewonnen werden. Dies soll ein Ansatzpunkt für präventive Maßnahmen bilden.
Bei Fragen wenden Sie sich gerne an uns.
Ansprechpartnerin:
Wissenschaftlerin
NameDr. rer. nat. Melanie Schubert
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