22.10.2019
Forschung: Räumliche Kontrolle von Supraleitung eröffnet neue Möglichkeiten
Einem internationalen Wissenschaftlerteam unter Beteiligung von Physiker Dr. Tobias Meng von der TU Dresden ist es gelungen, ein Material herzustellen, bei welchem sich Supraleitung räumlich kontrollieren lässt – ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Entwicklung neuer supraleitender Technologien. Die Ergebnisse der Forschungskollaboration wurden letzte Woche in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht.
Das Phänomen der Supraleitung fasziniert Wissenschaftler auf der ganzen Welt seit mittlerweile über 100 Jahren. 1911 entdeckte Heike Kamerlingh Onnes, ein Pionier der Tieftemperaturphysik, diesen makroskopischen Quantenzustand, bei dem in bestimmten Materialien bei äußerst tiefen Temperaturen Strom ohne Widerstand fließt. Supraleitung hat schon heute wichtige Anwendungen, zum Beispiel in der Kernspintomographie (MRT). Auch beim Rennen um den Bau des ersten Quantencomputers könnte Supraleitung eine entscheidende Schlüsselrolle spielen.
Eine wichtige Herausforderung besteht darin, dass viele der bekannten supraleitenden Materialien sehr robust und nur schwer zu beeinflussen sind. Es gilt also ein Material zu identifizieren, in dem Supraleitung gut zu kontrollieren ist. Ein internationales Team von Wissenschaftlern, angeführt von der Universität Lausanne sowie der Cornell University, und mit Beteiligung der Arbeitsgruppe Quantum Design der Technischen Universität Dresden, arbeitet an einer besonders vielversprechenden Materialklasse, den sogenannten Schwer-Fermion-Materialien.
Dabei haben die Forscher eine überraschende Entdeckung mit dem Metall CeIrIn5 gemacht, das bei sehr niedrigen Temperaturen (circa -273°C) supraleitend wird. Es ist den Forschern gelungen, das Material so zu produzieren, dass es sowohl supraleitende als auch normal leitende Regionen aufweist. In einem nächsten Schritt haben die Wissenschaftler ein detailliertes Modell entwickelt, das es ihnen ermöglicht, komplexe supraleitende Strukturen zu erzeugen und diese durch Variation der Temperatur kontrolliert im Material zu verteilen. Die Ergebnisse ihrer Forschung wurden in der vergangenen Woche in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.
„Dass man gezielt Supraleitung in verschiedenen Regionen eines Mikrochips ein- und ausschalten kann, ohne das Material selbst zu verändern eröffnet ganz neue technologische Möglichkeiten, zum Beispiel beim Bau sogenannter Josephson-Kontakte, die auch für Quantencomputer wichtig sind“, erklärt TUD-Physiker Dr. Tobias Meng, der an der Theoriebildung mitgewirkt hat.
Um die kontrollierbaren supraleitenden Proben zu erzeugen, mussten die Wissenschaftler sehr dünne Schichten von CeIrIn5 (nur circa ein Tausendstel eines Millimeters) auf ein Saphir-Substrat aufbringen. Wenn solch eine Probe gekühlt wird, zieht sich das Metall CeIrIn5 sehr viel stärker zusammen als das Saphir-Substrat. Die daraus resultierenden mechanischen Spannungen nutzten die Wissenschaftler letztlich zur Kontrolle der Supraleitung.
Diese Entdeckung ist ein wichtiger Schritt hin zur räumlichen Kontrolle von Supraleitung und deren Nutzung in neuen Quantentechnologien.
Die AG Quantum Design
Die Arbeitsgruppe „Quantum Design“ am Institut für Theoretische Physik der TU Dresden erforscht unter der Leitung von Dr. Tobias Meng die gezielte Erzeugung und Kontrolle von besonderen Quantenzuständen. Seit 2017 wird die Gruppe durch das Emmy-Noether-Programm der DFG gefördert. Sie ist Teil des Sonderforschungsbereichs SFB 1143 „Korrelierter Magnetismus: Von Frustration zu Topologie“ sowie des Exzellenzclusters ct.qmat.
Homepage:
https://tu-dresden.de/mn/physik/itp/tfp/die-professur/beschaeftigte/quantum-design
Originalveröffentlichung:
M. D. Bachmann G. M. Ferguson, F. Theuss, T. Meng, C. Putzke, T. Helm, K.R. Shirer, Y.-S. Li, K. A. Modic, M. Nicklas, M. König, D. Low, S. Ghosh, A. P. Mackenzie, F. Arnold, E. Hassinger, R. D. McDonald, L. E. Winter, E. D. Bauer, F. Ronning, B. J. Ramshaw, K. C. Nowack, and P. J.W. Moll, Spatially controlled heavy-fermion superconductivity in CeIrIn5, Science 335, 221 (2019). https://science.sciencemag.org/content/366/6462/221
Informationen für Journalisten:
Dr. Tobias Meng
Arbeitsgruppe Quantum Design
Institut für Theoretische Physik
Tel.: 0351 463-33851