Themen für Abschlussarbeiten
An unserer Professur werden Bachelor- und Masterarbeiten zu verschiedenen Themen im Bereich der angewandten Kognitionsforschung vergeben. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an die jeweils angegebene Kontaktperson.
Bitte beachten Sie, dass die unten aufgeführten Themen nur eine Auswahl darstellen. Für weitere Themen sprechen Sie unsere Mitarbeiter bitte direkt an!
Bereits abgeschlossene Studienarbeiten finden Sie hier.
Aufmerksamkeitsverschiebungen beim Filmsehen: Ambiente und Fokale Visuelle Verarbeitung
Die Analyse des zeitlichen Verlaufs von Augenbewegungen während der freien Erkundung realer Szenen zeigt häufig eine systematische Zunahme der Fixationsdauern und eine Abnahme der Sakkadenamplituden, was als Übergang von der ambienten (bottom-up räumliche Orientierung) zur fokalen (top-down objektbezogene) visuellen Verarbeitung erklärt wird. Frühere Studien deuten darauf hin, dass die ambient-fokale Strategie auf Umweltveränderungen reagiert, wie etwa das Auftreten verschiedener visueller Reize und Schnittwechsel in dynamischen Kontexten, wodurch die Kodierung visueller Informationen verbessert wird.
Im Alltag nehmen wir die Welt als nahtlosen Fluss miteinander verbundener Bilder wahr. Hollywood-Filme hingegen erzeugen den Eindruck einer kontinuierlichen Erzählung, indem sie diskontinuierliche visuelle Informationen auf eine Weise präsentieren, die leicht verständlich ist, keine besonderen kognitiven Fähigkeiten erfordert und sogar von Zuschauern ohne Filmerfahrung verstanden werden kann. Beim Filmsehen verdrängt jedes Bild das vorherige. In einer kontinuierlichen Einstellung sind die räumlichen und zeitlichen Verschiebungen von Bild zu Bild so gering, dass der Betrachter sie als Bewegung innerhalb desselben Kontexts und nicht als unterschiedliche Kontexte wahrnimmt. Wenn jedoch die visuelle Verschiebung signifikant ist (z. B. das abrupte Auftreten einer neuen visuellen Umgebung durch einen Schnitt), sind die Zuschauer gezwungen, das neue Bild als einen anderen Kontext neu zu bewerten.
Dies wirft eine wichtige Frage auf: Wie bewahren Filme die Erwartung einer narrativen Kontinuität während einer raumzeitlich diskontinuierlichen Bewegung? Spielt die ambient-fokale Strategie beim Filmsehen eine Rolle, indem sie die Neubewertung neuer Bilder (visuelle Verschiebung zum Zeitpunkt des Schnitts) als unterschiedliche Kontexte erleichtert und so unser Verständnis der aktuellen Filmhandlung voranbringt?
Diese Masterarbeit nutzt Eye-Tracking-Technologie in Kombination mit einem Film-Quiz-Experiment, um zu untersuchen, wie das menschliche visuelle System auf verschiedene Grade der Diskontinuität reagiert und bestimmte visuelle Verarbeitungsstrategien anwendet, um mit diesen visuellen Veränderungen umzugehen. Programmierkenntnisse sind von Vorteil genau wie Freude am Umgang mit Daten. Details und Anforderungen werden bei Interesse besprochen.
Kontakt: Yuxuan Guo oder Jens Helmert
Der Distraktoreffekt bei der Bildbetrachtung
Menschen schauen visuelle Szenen, zB Bilder oder Filme, nicht völlig wahllos an, sondern orientieren sich an bestimmten Bildinhalten oder an ihren Zielen. Dadurch entstehen systematische Muster von Blickorten. Prinzipiell kann man sagen, dass die menschliche visuelle Wahrnehmung als Abfolge von Fixationen (Informationsaufnahme) und Sakkaden (Neuausrichtung des Auges) verstanden werden kann.
Die Dauer von Fixationen wird durch unterschiedliche Parameter beeinflusst, zum Beispiel Interesse an einem gerade betrachteten Bildinhalt, dessen Aufgabenrelevanz, Schwierigkeiten beim Verständnis etc. Darüber hinaus bewirkt aber auch die zusätzliche Einblendung eines visuellen Störreizes direkt am Fixationsort eine massive Verlängerung der Fixationsdauer. Und auch hier hat sich in vorhergehenden Untersuchungen gezeigt: So wie die Fixationsdauer aufgrund bestimmter Parameter schwankt, ist auch ihre Verlängerung durch einen sogenannten Distraktor variabel.
In der Masterarbeit sollen Einflussfaktoren auf die Verlängerung durch Distraktoren systematisch untersucht werden. Programmierkenntnisse sind von Vorteil genau wie Freude am Umgang mit Daten. Details und Anforderungen werden bei Interesse besprochen.
Kontakt: Jens Helmert
Bachelorarbeit: Systematischer Review zur Intraindividuellen Zuverlässigkeit von Blickbewegungsmessung
Blickbewegungsmessung wir häufig als Messmethode eingesetzt, um die Ausrichtung der visuellen Aufmerksamkeit und die Verarbeitung visueller Informationen objektiv zu erfassen. Unterschiede zwischen Bedingungen werden häufig nur einmal erfasst, und anschließend als stabil und wiederholbar angenommen. Dabei bleibt allerdings offen, ob bei einer erneuten Messung die gefundenen Unterschiede stabil replizierbar sind.
In der Bachelorarbeit soll mit Hilfe eines systematischen Reviews der Frage nachgegangen werden, wie der aktuelle Forschungsstand zur Reliabilität von Parametern der Blickbewegungsmessung ist.
Kontakt: Jens Helmert
Das Situationsbewusstsein beim hochautomatisierten Fahren – Chancen und Grenzen von Trainingsmaßnahmen
Durch hochautomatisiertes Fahren, bei dem das Fahrzeug über einen definierten Streckenabschnitt die Längs- und Querregelung des Fahrzeugs übernimmt, wandelt sich die Rolle des Fahrers vom aktiven Operateur, der das Fahrzeug bedient, zum passiven Systemüberwacher, der nur dann eingreifen muss, wenn das System an seine Leistungsgrenzen stößt, z.B. bei Systemausfall oder einer technischen Fehlfunktion. Gleichzeitig darf sich der Fahrzeugführende im hochautomatisierten Fahrmodus (kurzfristig) von der Fahraufgabe abwenden, muss aber „wahrnehmungsbereit“ sein, um jederzeit der Pflicht zur Übernahme der Fahrzeugsteuerung nachkommen zu können. Dieser Paradigmenwechsel im Fahrer-Fahrzeugsystem, bei dem die Rolle für die Rückfallebene vertauscht wird - indem sie vom Fahrzeug auf den Fahrer übertragen wird - verlangt trotz zulässiger Nebentätigkeiten eine adäquate Übernahme des Fahrers in „Notsituationen“. Derzeit ist bekannt, dass selbst nach vorheriger Warnung Fahrer mit einer Nebentätigkeit 5-7 Sekunden für eine sichere Übernahme benötigen, schnellere Übernahmen sind qualitativ schlechter. Eine zuverlässige Übernahme der manuellen Fahrzeugkontrolle aus hochautomatisierter Fahrt wird u.a. durch das Situationsbewusstsein mit den Stufen Wahrnehmen, Verstehen und Projizieren, vermittelt. Vor diesem Hintergrund sollen im Rahmen von Bachelorarbeiten folgende Fragestellungen bearbeitet werden:
- Welche Erkenntnisse z.B. aus der Luftfahrt existieren bereits über Trainingseffekte zum Situationsbewusstsein? Wie lassen sich diese Erkenntnisse auf die Übernahme eines Kraftfahrzeugs aus hochautomatisierter Fahrt übertragen?
- Wie könnte ein Trainingsprogramm für Situationsbewusstsein aussehen?
- Mit welchem Untersuchungsdesign ließe sich ein derartiges Trainingsprogramm evaluieren?
Der Schwerpunkt der jeweiligen Bachelorarbeit wird vorab geklärt, die Grundlage bildet jeweils eine umfassende Literaturanalyse. Bei Interesse melden Sie sich bitte bei Sebastian Pannasch oder bei Thomas Wagner.
Wie wirkt sich Schichtarbeit im Zusammenspiel mit variabler Arbeitslast auf Müdigkeit in der Flugsicherung aus?
Dies ist eine mögliche Leitfrage für empirsche Master- oder literaturbasierte Bachelorarbeiten, welche in Zusammenarbeit mit der schwedischen Flugsicherung angeboten werden.
Literaturbasierte Bachelorarbeit: Für den Automobilkontext existieren Modelle (bspw. May & Baldwin, 2009), welche Müdigkeit auf Basis von Aufgaben- und auch Chronobiologiefaktoren erklären. Im Rahmen der Abschlussarbeit soll ein Literaturscreening durchgeführt und geprüft werden, ob Müdigkeitsmodelle aus anderen Domänen ebenso fuer Flugsicherung valide sein können.
Empirische Masterarbeit: Irreguläre und präferenzbasierte Schichtarbeit und der Einfluss dessen auf objektive sowie subjektive Müdigkeitsparameter soll mittels Feldstudiendaten aus einer skandinavischen En-route Flugsicherungszentrale untersucht werden. Geeignete sowie ungeeignete Schichtrotationen sollen identifiziert und gegenübergestellt werden, Empfehlungen zur optimalen Schichtplangestaltung sollen abgeleitet werden.
Kontakt: Maximilian Peukert
Physiologische Messung von kognitiver Erschöpfung und Mind Wandering im Cockpit
Praktikum oder Abschlussarbeit am Institut für Flugführung - Abteilung Systemergonomie in Braunschweig. Weiterführende Informationen finden Sie hier.
Kontakt: Anneke Hamann
Welche physiologischen Daten eignen sich zur Vorhersage von Cybersickness?
Virtuelle Realität (VR) ist schon lange keine abgehobene Science-Fiction mehr, sondern eine vielversprechende Technologie mit vielen Anwendungsfeldern. Obwohl VR-Brillen und entsprechende Hardware mittlerweile recht erschwinglich sind, gibt es einen Elefanten im Raum, der die Technik hinsichtlich ihrer Zugänglichkeit unattraktiv macht. Ein unerwünschter Nebeneffekt bei der Interaktion mit VR stellt Desorientierung, Schwindel, Schwitzen, Kopfschmerz, in extremen Fällen Erbrechen oder Ohnmacht dar. Diese Palette von Symptomen wird unter dem Begriff Cybersickness zusammengefasst und ist interindividuell unterschiedlich ausgeprägt.
Um die Zugänglichkeit von VR für vulnerable Personen in Zukunft zu erhöhen, ist es notwendig die Cybersickness zu Grunde liegenden Mechanismen zu verstehen. Dabei sind physiologische Messmethoden zum Teil aufgrund ihrer mangelnden Ökonomie und hohen Artefaktanfälligkeit insbesondere bei raumfüllender-VR, bei der sich Versuchspersonen relativ frei bewegen können, nur bedingt sinnvoll anzuwenden. Weniger obstruktive Methoden stellen das Eye-Tracking, das Head-Tracking und − wenn genutzt − das Controller-Tracking dar. Ziel der Arbeit ist die Auswertung und Einordnung physiologischer Daten (z.B. Pupillendurchmesser, Blickrichtung oder Controlleraktivität) aus bereits erhobenen Datensätzen (Erhebungszeitraum Oktober 2020 bis Januar 2021). Dabei darf der Fokus nach Interesse selbstbestimmt werden. Programmierkenntnisse sind von Vorteil, werden aber nicht vorausgesetzt. Um die Datensätze greifbarer zu machen, können Sie gern, selbst aus der Perspektive einer Versuchsperson und oder Versuchsleitung und oder Softwareentwickler*in die VR-Umgebungen kennen lernen.
Kontakt: Judith Josupeit
Problemlösen und Entscheidungen in komplexen Systemen: Kognitive Prozesse und deren Unterstützung
Wie gehen Menschen vor, wenn sie in komplexen sozio-technischen Systemen Probleme lösen und Entscheidungen treffen? Wie kann man diese Prozesse mithilfe von Assistenzsystemen unterstützen? Im Kontext dieser Fragestellungen bieten wir verschiedene Themen an. Diese reichen von kontrollierten Laborexperimenten über praxisnahe Erhebungen im Berufsumfeld bis hin zu konzeptionellen Arbeiten zur Gestaltung von Assistenzsystemen. Viele der Themen werden in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen bearbeitet (z.B. Fraunhofer IVV, Professur für Grundlagen der Elektrotechnik) und bieten daher viele Möglichkeiten zum interdisziplinären Austausch. Hier eine Übersicht von möglichen Themen, die wir regelmäßig aktualisieren und je nach eurem Interesse erweitern und anpassen können:
- Darstellung von Kausalrelationen in Prozessketten: Wie beeinflusst Information über kausale Mechanismen den proaktiven Umgang mit Störungen? (experimentelle Arbeit)
- Darstellung von Kausalrelationen in Prozessketten: Wie beeinflusst Information über Ursachen auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen den proaktiven Umgang mit Störungen? (experimentelle Arbeit)
- Erklärbare künstliche Intelligenz in der Störungsdiagnose: Wie kann gezeigt werden, welche Einflussparameter die KI berücksichtigt? (experimentelle Arbeit)
- Erklärbare künstliche Intelligenz im Eisenbahnverkehr: Welche XAI-Methoden machen KI für Menschen bewertbar? (experimentelle Arbeit)
Kontakt: Romy Müller
Literaturbasierte Arbeit zum Thema Physiologie und Cybersickness
Virtuelle Realität (VR) kann das menschliche Wohlbefinden beeinflussen. So kann unter anderem visuell induzierte Kinetose, engl. Cybersickness, ein unbehagliches Gefühl von Übelkeit und Desorientierung, in provokativen virtuellen Umgebungen entstehen. Neben der Möglichkeit Cybersickness über Fragebögen zu operationalisieren, stellen physiologische Marker eine Möglichkeit dar Cybersickness zu quantifizieren. Aus dem Bereich Simulator Sickness (Kinetose induziert durch Simulatoren) sind einige physiologische Marker bekannt, die sich allerdings nur teilweise auf Cybersickness übertragen lassen. Das liegt zum Einen an der limitierten Übertragbarkeit aufgrund der interschiedlichen Bewegungsintensität und zum Anderen an technischen Unterschieden und Limitationen.
Welche physiologischen Marker haben universelle Gültigkeit und welche Marker sind auf eine der beiden Umgebungen beschränkt?
Welche technischen Limitationen gibt es bei der Erfassung von Cybersickness, die die theoriegeleitete Forschung erschweren können?
Ziel der Arbeit soll sein einen Überblick zu geben, dabei sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Konstrukten auf Basis von physiologischen Markern herausgearbeitet werden.
Kontakt: Judith Josupeit
Aktuelle Fragestellungen zur Mensch-Maschine-Interaktion / Human Factors in der Luftfahrt
Die detaillierten Ausschreibungsinhalte finden Sie hier: link
Kontakt: Sebastian Pannasch