Jul 20, 2021
Das European Project Center hilft durch den EU-Förderdschungel
UJ spricht mit Christian Gerhardts über Meilensteine seit der Gründung des EPC im Jahr 2005
Das European Project Center der TU Dresden (EPC) berät Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hinsichtlich der europäischen Förderprogramme für Forschung, Bildungskooperationen und Strukturfonds. Neben der Fördermittelberatung liegen die Kernkompetenzen im administrativen Projektmanagement. So können Ideen erfolgreich in Projekten realisiert werden. Das UJ befragte den Leiter Christian Gerhardts zur Entwicklung des EPC seit seiner Gründung 2005.
UJ: Herr Gerhardts, Sie leiten seit 2015 das European Project Center als Sachgebietsleiter. Beim EPC sind Sie aber schon seit über 13 Jahren. Können Sie beschreiben, wie für Sie alles begann?
Gerhardts: Ich habe selber erlebt, wie komplizierte Rahmenbedingungen Forschenden das Leben schwer machen können. Und so entstand im Prinzip schon am Ende meines Studiums in Essen der Wunsch, eine Tätigkeit im Wissenschaftsmanagement aufzunehmen. So kam ich Ende 2007 nach Dresden und begann als Projektmanager mit Fokus arabischer Raum, Balkan und Zentralasien. Ich betreute gleich zu Beginn spannende Projekte in Syrien, Ägypten und Kroatien, später konnte ich auch meine Erfahrung in der Hochschulpolitik in ein eigenes Projekt in Kasachstan einbringen. Insgesamt empfand ich die Möglichkeit, Forschende aktiv zu unterstützen, als sehr bereichernd. Ich wurde relativ schnell Gruppenleiter im EPC und seit Ende 2015 leite ich das EPC.
Das EPC wurde im Juni 2005 gegründet - was waren die Meilensteine in den vergangenen 16 Jahren?
Auf Projektebene haben wir eine rasante Entwicklung erlebt. Zusammen mit unseren Wissenschaftler:innen haben wir an der TU Dresden viele ERC-Grants einwerben können, dazu kommen große Forschungsprojekte zum Beispiel im Bereich der FET-Flagships und koordinierte ITN-Projekte (International Training Networks) im Bereich der Marie Skłodowska-Curie Actions, die eine hohe internationale Aufmerksamkeit bekommen. Aber auch abseits der Forschung haben wir uns weiterentwickelt. Kaum eine andere Universität ist so stark im INTERREG-Programm vertreten wie wir. Hier gab es mit TRAILS ein großes Leuchtturmprojekt mit Partnern in Polen. Im Bereich ERASMUS+ koordinieren wir derzeit ein Zukunftsprojekt, in dem es um das Engagement der Universitäten in der Gesellschaft geht. Dieses Projekt wird künftige EU-Ausschreibungen beeinflussen.
Als komplett drittmittelfinanziertes Sachgebiet hatten wir lange das Problem, den Mitarbeiter:innen nur relativ kurze Arbeitsverträge anbieten zu können. Dies hat sich in den letzten Jahren geändert und so hat auch die Fluktuation im Team deutlich abgenommen. Dies war für die Struktur und das nachhaltige Funktionieren des EPC ein wichtiger Meilenstein. Hier sei auch hervorgehoben, dass sich das EPC insbesondere aufgrund des großartigen Engagements und viel Eigeninitiative meiner Mitarbeiter:innen einen exzellenten Ruf erworben hat.
Insgesamt haben wir also eine recht breite Meilensteingeschichte – und diese wollen wir natürlich weiterschreiben.
Die TU Dresden ist seit 2012 eine von insgesamt elf Exzellenzuniversitäten in Deutschland – und die einzige Exzellenzuniversität in den ostdeutschen Flächenländern. Haben Sie damit einhergehend einen spürbaren Anstieg der europäischen Projekte (und Fördergelder) verzeichnen können?
Seit ungefähr acht Jahren konnten nun mit den Exzellenzgeldern nationale und internationale Spitzen-wissen-schaftler:innen an die TU Dresden geholt sowie die Zusammenarbeit mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Rahmen von DRESDEN-concept weiter intensiviert werden. Auffallend ist, dass wir besonders in den Förderformaten mit hoher Sichtbarkeit und viel Prestige in der letzten Förderperiode mehr Erfolge hatten. Gleichzeitig waren wir schon in den Jahren 2012 und 2013 (am Ende der vorletzten Förderperiode) TUD-weit auf einem insgesamt sehr hohen Niveau, was die Anzahl der eingeworbenen Projekte betrifft. Eine Entwicklung auf europäischer Ebene ist ein zunehmendes Interesse an Dresden als Wissenschaftsstandort insgesamt. Gerade DRESDEN-concept wird als Innovation Ecosystem mit viel Interesse betrachtet.
Wie haben sich die Aufgaben und das Serviceangebot des EPC entwickelt?
Wir betreuen die EU-Projekte von der Idee bis zum Audit. Unsere Philosophie war immer, den Forschenden neben einer effektiven Antragsberatung den »lästigen« Teil des Projektmanagements abzunehmen, uns auch um interne Prozesse zu kümmern und die Projektleitung strategisch zu beraten. Verkürzt formuliert: Wir wollen weniger Probleme suchen, sondern vielmehr Lösungen anbieten und Ideen einbringen. Ein ergebnisorientiertes Arbeiten ist unsere Grundphilosophie. Wir arbeiten kontinuierlich an unseren Beratungsformaten, aber auch an den Projektmanagement-Prozessen. Hierfür haben wir in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit anderen Einheiten an der TUD stark intensiviert. Dies betrifft neben Abstimmungen innerhalb des Dezernates Forschung und der Kontaktstelle Forschungsdaten insbesondere die Dezernate Finanzen und Beschaffung sowie Personal. Darüber hinaus sind wir in verschiedenen nationalen und internationalen Interessensverbänden aktiv. Dort betreiben wir aktiv Lobbyarbeit auf der strukturellen Ebene, also hinsichtlich der Umsetzung der Förderformate. Auf diesem Weg können wir mögliche Probleme frühzeitig erkennen und auch unsere Ideen und Positionen in Deutschland und vor allem Europa aktiv einbringen. Hier greift auch eine gewachsene, intensivere Zusammenarbeit mit dem Sachgebiet Internationales und den Bereichen, die bei Abstimmungen zu ERASMUS+ nicht aufhört, sondern auch die Strategien für die Internationalisierung insgesamt stärker in den Blick nimmt.
Zu guter Letzt der Blick nach vorn: 2021 startete die neue Förderperiode – welche Veränderungen und Herausforderungen erwarten Sie?
Die neuen Arbeitsprogramme im Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe sind nun bekannt. Also bereiten wir derzeit verschiedene Informations- und Workshop-Formate für unsere Wissenschaftler:innen vor. ERASMUS+ hat den ersten Aufruf bereits hinter sich. Ein großes Thema wird sein, ob die TU Dresden sich noch an der European Universities Initiative beteiligen wird und wie wir uns in anderen Unterprogrammen positionieren. Der Bereich der EU-Strukturfonds ESF und EFRE (inkl. INTERREG) startet traditionell später. Hier sind wir erleichtert, dass die in Aussicht stehenden Fördermittel relativ stabil bleiben.
Eine Herausforderung bleibt die Wettbewerbsfähigkeit. Auch wenn wir an der TU Dresden große Erfolge vorzuweisen haben – andere schlafen nicht und die Qualität der Anträge ist europaweit gestiegen. Gleichzeitig ist der Fokus auf Themen wie nachhaltige Wirtschaft oder Digitalisierung spürbar gestiegen. Gerade die Digitalisierung verändert die Projektkultur, aber auch die interne Arbeit an unserer Universität. Die Bekanntheit der EU-Förderungen an der TUD wollen wir weiter steigern um mit unserer Erfolgsquote wieder über dem EU-Schnitt zu liegen. Dafür freuen wir uns über exzellente Projektideen unserer engagierten Wis-sen-schaftler:innen.
Gemeinsam mit den Project Scouts setzen wir mit unseren Bereichsbeauftragten aber auch durchaus etwas früher an und wollen so frühzeitig Ideen identifizieren, die für EU-Vorhaben von Interesse sind. Dies verschafft uns dann wieder Zeit, an der Qualität der Anträge zu arbeiten.
Es gibt allerdings auch Faktoren, die wir nur schwer beeinflussen können: Wie reagiert die EU künftig auf Ereignisse wie die Flüchtlingskrise, Klimakatastrophen oder Pandemien? Welchen Einfluss auf die Förderungen der EU werden Regierungen innerhalb Europas haben, die eher rechts oder populistisch ausgerichtet sind? Welche weiteren Folgen wird der BREXIT haben, die wir jetzt noch nicht einschätzen können? Was passiert mit den Kooperationsprogrammen mit Ländern wie Syrien, dem Iran, China oder Russland? Hier haben zentrale Entscheidungen in Brüssel als Reaktion auf die Entwicklungen in den betroffenen Staaten mitunter großen Einfluss auf die Möglichkeiten, die wir zur Einwerbung von Projekten und Drittmitteln haben – und dies kann positive und negative Auswirkungen haben.
Insgesamt bin ich sehr optimistisch: Die EU hatte immer Überraschungen parat und letztlich ist es an der TUD auch eine unserer Stärken, auf Veränderungen zu reagieren. Und ich freue mich auf viele interessante Projektideen, die wir im EPC gemeinsam mit den Wissenschaftler:innen auch in Zukunft wieder auf den Weg bringen dürfen. Daher richte ich mich abschließend direkt an die Forschenden: Kommen Sie gerne auf uns zu. Wir freuen uns auf tolle Ideen und darauf, Sie bei Ihren Vorhaben unterstützen zu können!
Die Fragen stellte Steffi Halgasch.
Weitere Informationen zum EPC:
https://tu-dresden.de/forschung-transfer/services-fuer-forschende/european-project-center
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 13/2021 vom 13. Juli 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.