01.03.2022
Gekommen, um zu bleiben
Sarah Müller hat an der TUD Baustoffprüferin gelernt, arbeitet jetzt hier und hat ein Fernstudium begonnen
Beate Diederichs
Sarah Müller schloss im Sommer ihre Ausbildung zur Baustoffprüferin Geotechnik an der TUD ab. Die 21-Jährige erreichte in der Prüfung eine so hohe Punktzahl, dass sie von den Industrie- und Handelskammern Dresden und Sachsen jeweils als Kammerbeste geehrt wurde. Nun arbeitet sie an ihrer Ausbildungseinrichtung, dem Institut für Geotechnik, und absolviert daneben ein Fernstudium zur staatlich geprüften Technikerin.
Manchmal passt es einfach: »Zuerst hatte ich mir bei einem zweiwöchigen Praktikum im bodenmechanischen Labor der TUD ein Bild vom Beruf des Baustoffprüfers gemacht und war von Anfang an begeistert. In dieser Zeit absolvierte ich gleichzeitig ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) auf dem Tharandter Campus der TUD und bekam so weitere positive Einblicke in die Arbeit an einer Universität«, so schildert Sarah Müller die Vorgeschichte ihrer Entscheidung, sich an der TUD zur Baustoffprüferin mit Fachrichtung Geotechnik ausbilden zu lassen. Silvio Gesellmann, der am Institut für Geotechnik ihr Ausbilder werden sollte, erinnert sich so: »Frau Müller stellte sich zum ersten Mal im Sommer 2017 bei uns vor, da sie ein Praktikum hier machen wollte. Ich war davon überzeugt, dass sie sich wirklich für unsere Arbeit interessierte. Gleichzeitig hatte ich bereits im Hinterkopf, dass wir im Spätsommer 2018 eine Ausbildungsstelle zu besetzen haben würden. So willigte ich ein. Schon während des Praktikums fielen mir das große Engagement, die schnelle Auffassungsgabe und die gründliche Arbeitsweise der jungen Frau auf. Eine derart gute Leistung im Praktikum hatte ich bis dato noch nicht erlebt.« So war es ein Gewinn für alle, dass die gebürtige Oberlausitzerin Sarah Müller im August 2018 einen Ausbildungsvertrag mit der TUD abschloss und am Institut für Geotechnik die dreijährige Ausbildung begann. Die praktischen Kenntnisse erwarb die Auszubildende vor Ort. Für die Theorie musste sie alle sechs Wochen zum Blockunterricht ans Staatliche Berufliche Schulzentrum für Produktdesign und Prüftechnik im bayerischen Selb fahren. »Dort lernte ich in dreizehn Lernfeldern beispielsweise, wie man Laborversuche plant und vorbereitet, wie man physikalische und chemische Eigenschaften von Baustoffen ermittelt, wie man Asphalt und Beton prüft und wie man Gesteine und Böden bestimmt und klassifiziert«, berichtet Sarah Müller. Im Dresdner Labor konzentrierte sie sich auf die Geotechnik, an der Berufsschule nur eins von vier Hauptthemen, und lernte alle Versuche kennen, die dabei eine Rolle spielen. »Einer davon ist der sogenannte Rahmen-Scherversuch, mit dem man ermittelt, welche mechanischen Eigenschaften ein Boden aufweist«, erläutert sie. Während der Ausbildung arbeitete Sarah Müller mit verschiedenen Bauingenieurinnen und Bauingenieuren am Institut zusammen, die an Projekten beteiligt sind oder lehren beziehungsweise beides tun. »Mein Hauptansprechpartner war aber Silvio Gesellmann, der mir sehr viel Wissen und Erfahrung mitgegeben hat.« Den Ausbilder beeindruckten Arbeitsweise und Persönlichkeit dieser Auszubildenden: »Wir teilten uns ein Büro und konnten so immer auf kurzem Wege Probleme klären. Dabei sprachen wir natürlich über fachliche Themen, aber unter anderem auch über Frau Müllers Hobby, den Fußball. Den ging sie genauso gewissenhaft und engagiert an wie die Ausbildung und hatte es mit ihrem Team bis in die Landesliga geschafft. Leider verletzte sie sich im Frühjahr 2019 schwer am Fuß. Dies hinderte sie aber nicht daran, erfolgreich an der Zwischenprüfung teilzunehmen. Vor allem aufgrund des langen Verletzungsausfalls entschied sie sich dann, den Sport zu beenden. Aus sportlicher Sicht bedauerlich, hatte es fachlich doch sein Gutes: Sie konzentrierte sich umso mehr auf die Ausbildung«, erzählt Silvio Gesellmann.
Kein Wunder also, dass die junge Frau bei ihrer Abschlussprüfung im Sommer 2021 die Kommission mit sehr guten Leistungen überzeugte. Dies wurde einerseits intern vom Institut für Geotechnik, andererseits extern von zwei Industrie- und Handelskammern (IHKs) gewürdigt. Sarah Müller erläutert, nach welchen Kriterien die IHK die Ehrung vergibt: »Ich habe insgesamt, also in schriftlicher und mündlicher Prüfung zusammen, 92 von 100 Punkten geschafft. Das war die höchste Punktzahl, die in diesem Ausbildungsjahr erreicht wurde. So erhielt ich eine Ehrung als Beste in meinem Beruf innerhalb der IHK Dresden und eine in meinem Beruf als Beste innerhalb aller IHKs in Sachsen.«
Da die ehemalige Auszubildende und ihre Ausbildungsinstitution ein funktionierendes Team geworden waren, kam es natürlich allen Beteiligten entgegen, diese Erfolgsgeschichte fortzusetzen. »Die Uni bot mir zunächst eine befristete Weiterbeschäftigung an. Dabei musste ich mich zwischen einer vollen Stelle für ein halbes Jahr und einer halben Stelle für ein ganzes Jahr entscheiden. Ich wählte die halbe Stelle und hatte zusätzlich das Glück, dass ich für den Rest der Stunden eine Laborantenstelle innerhalb eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bekam. Dort werde ich für die nächsten Jahre beschäftigt sein«, sagt Sarah Müller. Ihr macht die Arbeit so viel Spaß, dass sie von Anfang an wusste: Wenn sie die Chance hat zu bleiben, tut sie es. Seit November ist sie zudem in einem Fernstudium zur Staatlich geprüften Technikerin der Fachrichtung Bautechnik mit dem Schwerpunkt Tiefbau eingeschrieben. Sie bildet sich also für voraussichtlich dreieinhalb Jahre berufsbegleitend weiter. »Nach der Ausbildung stellte ich fest: Das Lernen selbst fehlt mir – auch wenn das erst mal komisch klingt. Zum Thema des Fernstudiums habe ich mich bereits in der Berufsschule informiert und bin dabei auf das Konzept der Hamburger Fernschule gestoßen, wo ich jetzt lerne.« Sarah Müller profitiert bis 2024 als weiterbildungswillige Absolventin mit einem guten Abschluss von einem Stipendium, das die IHK vergibt und das über ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) läuft. Silvio Gesellmann lobt ausdrücklich, dass sich die junge Mitarbeiterin gleich nach der Ausbildung weiterqualifiziert. Er sieht dies auch als Teil einer Persönlichkeitsentwicklung: »Am Anfang machte Frau Müller auf mich den Eindruck eines eher zurückhaltenden, sehr ruhigen Mädchens ohne direktes Ziel. Über die Jahre ist daraus eine selbstbewusste junge Frau mit sehr guten Kenntnissen und Fähigkeiten in ihrem Beruf geworden. Sie gehört zu einem Team, das sie wertschätzt, hat eine ausfüllende Aufgabe und eine klare persönliche Perspektive.«
Informationen zu Ausbildungsmöglichkeiten an der TU Dresden
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 4/2022 vom 1. März 2022 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.