Sep 27, 2019
Prosopagnosie: Wie gut können Sie Gesichter erkennen?
Eine neue Studie an der Professur für Kognitive und Klinische Neurowissenschaft der TU Dresden möchte die neuronalen Grundlagen der Gesichtserkennungsschwäche (Prosopagnosie) erforschen. Prof. Katharina von Kriegstein, Leiterin der Studie, erhofft sich von den Ergebnissen neue Erkenntnisse über die Hirnfunktionen des Menschen, die als Grundlage für die Entwicklung von künstlichen Gesichtserkennungsalgorithmen dienen könnten.
Haben Sie schon einmal ein Phantombild anfertigen müssen? Wer schon einmal ein Phantombild anfertigen lassen musste, weiß wie schwer es ist, ein fremdes Gesicht möglichst genau zu beschreiben. Für zwei bis drei Prozent der Bevölkerung ist allein die Vorstellung daran ein Graus. Sie leiden an angeborener Prosopagnosie, die auch als Gesichtserkennungsschwäche oder Gesichtsblindheit bezeichnet wird. Während die meisten Menschen andere problemlos nach einem kurzen Blick in deren Gesicht erkennen, haben betroffene Personen damit starke Probleme. Warum genau solche Einschränkungen in der Gesichtserkennung auftreten, konnte bisher noch nicht geklärt werden.
Menschen mit Prosopagnosie sehen ganz normal: Sie können Objekte erkennen und auch Gesichter wahrnehmen. Allerdings sind sie meist nicht in der Lage, andere Menschen – selbst enge Familienmitglieder und Freunde – nur anhand ihres Gesichts zu erkennen. Häufig scheinen sich Prosopagnosiker ihrer Einschränkungen in der Gesichtserkennung nicht bewusst zu sein und entwickeln unbewusst Vermeidungsstrategien. Darüber hinaus gleichen viele ihre fehlende Fähigkeit zur Gesichtserkennung aus, in dem sie verstärkt auf andere Merkmale wie Gang oder Frisur achten.
Störungen in der Gesichtserkennung können durch Hirnverletzungen auftreten, beispielsweise nach einem Schlaganfall. Deutlich häufiger ist jedoch die angeborene Form der Prosopagnosie. Um die Mechanismen der Gesichtserkennung und der angeborenen Prosopagnosie zu entschlüsseln, startet jetzt eine Studie an der TU Dresden, bei der die Fähigkeiten zur Gesichtserkennung getestet und mithilfe der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) die neuronalen Grundlagen von angeborener Prosopagnosie erforscht werden.
Dazu sucht das Studienteam aktuell Teilnehmerinnen und Teilnehmer im deutschsprachigen Raum. Die Tests und Untersuchungen finden an der Technischen Universität Dresden statt. Die Teilnahme an der Studie umfasst circa sechs Stunden Verhaltenstests plus maximal vier Stunden an Untersuchungen in einem Magnetresonanztomographen, aufgeteilt auf zwei bis drei Termine. Die Studienteilnehmer erhalten außerdem eine Aufwandsentschädigung von bis zu 100 Euro. Anfallende Fahrt- und Übernachtungskosten für auswärtige Teilnehmer werden zusätzlich übernommen. Nach dem Abschluss der Studie erhält man auf Wunsch einen Forschungsbericht mit Informationen über die Aufgaben und Ergebnisse im Vergleich zur Gesamtgruppe.
„Die Erforschung der angeborenen Prosopagnosie könnte nicht nur all denen helfen, die Schwierigkeiten haben, Gesichter zu erkennen, sondern auch wichtige Erkenntnisse über die Hirnfunktionen bei der Personenerkennung und der Verarbeitung von Gesichtern liefern“, erläutert Prof. Katharina von Kriegstein, die diese Studie an der Professur für Kognitive und Klinische Neurowissenschaft der Fakultät Psychologie an der TU Dresden leitet, „Dies trägt nicht nur zu einem besseren Verständnis von Gehirnfunktionen bei, sondern könnte auch Inspirationsquelle für die Entwicklung von künstlichen Gesichtserkennungsalgorithmen sein.“
Ausführlichere Informationen zur Prosopagnosie und zu der geplanten Studie finden Sie hier: https://tu-dresden.de/mn/psychologie/ifap/kknw/forschung/prosop
Ansprechpartnerinnen:
Julia Biste
Masterstudentin Psychologie, Versuchsleiterin
Sofia Meyer
medizinische Doktorandin, Versuchsleiterin
Tel.: 0351 463-43892, -43894
Informationen für Journalisten:
Katharina von Kriegstein
Professur Kognitive und Klinische Neurowissenschaft
Tel.: 0351 463-43145