Theater – sehen, denken, spielen
Beate Diederichs
Studienbegleitendes Angebot bringt künftigen Deutschlehrern den Umgang mit Stimme, Körper, Gestik und Mimik nahe
Das studienbegleitende Angebot »Theater – sehen, denken, spielen« bringt seit dem Sommersemester 2017 Lehramtsstudenten des Faches Deutsch nahe, wie Theater innerhalb und außerhalb des Unterrichts funktioniert. Im Laufe des Sommersemesters schließen die ersten Absolventen das Begleitstudium mit dem Abschlussprojekt ab.
Seit anderthalb Jahren arbeitet der Theatermann Matthias Spaniel zweigeteilt: Einerseits leitet er nach wie vor das Studententheater DIE BÜHNE, wo er eine halbe Stelle hat. Andererseits ist er als Lehrkraft für besondere Aufgaben der Kopf des studienbegleitenden Angebots »Theater – sehen, denken, spielen«. Diese andere halbe Stelle Spaniels wird bis 2020 über das Bildungspaket bezahlt, das der Freistaat Sachsen geschaffen hat, um die Lehrerbildung zu verbessern und die Schulen voranzubringen. Das Begleitstudium ist an der Professur für neueste deutsche Literatur und Didaktik der deutschen Sprache und Literatur angesiedelt, die Dorothee Wieser innehat. »Der Impuls für das Begleitstudium Theater kam von mir. Frau Wieser war sofort einverstanden«, berichtet Matthias Spaniel. Bei seiner Tätigkeit an der BÜHNE sah er täglich, wie die szenische Arbeit die Laienschauspieler kreativ macht, sie dazu bringt, sich künstlerisch auszudrücken, vor Publikum präsent zu sein. Diese Effekte sollten seiner Meinung nach auch Studenten nutzen können, die zwar nicht zwingend selbst Theater spielen oder Theaterprojekte anleiten, aber für ihren späteren Beruf oft Elemente des Theaters einsetzen werden – angehende Deutschlehrer aller Schularten. »Anders als in anderen Bundesländern ist in Sachsen Darstellendes Spiel kein grundständiges Unterrichtsfach. Daher werden Theaterinhalte nicht so umfassend unterrichtet wie es möglich und aus meiner Sicht wünschenswert wäre. Zusätzlich haben diejenigen Lehrkräfte, die mit den Schülern szenisch arbeiten, dafür meist keine spezielle Ausbildung. Wir möchten mit dem Begleitstudium zukünftigen Deutschlehrern das Handwerkszeug vermitteln, fundiert theaterpädagogisch zu wirken«, erläutert Matthias Spaniel. Zudem ist ihm bewusst, dass Unterrichten für Lehrer immer bedeutet, vor der Klasse gewissermaßen aufzutreten. Deshalb soll das Begleitstudium denjenigen, die diesen Beruf anstreben, zeigen, wie sie mit Stimme, Körper, Gestik und Mimik die Bühne Klassenzimmer wirkungsvoll bespielen.
Das studienbegleitende Angebot gibt es seit dem Sommersemester 2017. Es besteht aus drei Modulen, die alle belegt werden müssen, wenn man das Zertifikat erhalten will. Modul eins mit dem Schwerpunkt Spielpraxis bietet eine theaterpraktische Übung, unter anderem zu Körpersprache, Stimmeinsatz und Szenenstudium. Modul zwei widmet sich vor allem der Theaterrezeption und befasst sich zum Beispiel mit Inszenierungsanalyse und Geschichte des Theaters. Am Ende von Modul drei zur Theorie und Praxis der Theaterpädagogik steht das Abschlussprojekt: Die Teilnehmer studieren mit Schülern oder anderen Studenten ein Stück ein und führen es öffentlich auf. Matthias Spaniel berät und unterstützt sie dabei. Das Begleitstudium ist auf drei Semester angelegt und umfasst vierzehn Semesterwochenstunden. Es wird gut angenommen: Seit seinem Start haben sich über 130 Studenten dafür angemeldet, wobei sich die Zahl auf die verschiedenen Module und Semester aufteilt.
In diesem Sommersemester schließen nun die ersten Teilnehmer mit verschiedenen Projekten das Angebot ab: Zwei Studentinnen führten am 25., 26. und 27. Mai auf der BÜHNE mit Kommilitonen das Stück »NICHTS.Besonderes« auf, in dem es um den Sinn des Lebens geht. Diese Studentinnen sind Julia Heide und Marie Hahn, beide eingeschrieben im Lehramtsstudiengang Deutsch und Ethik für Gymnasien. »Wir haben im Blockpraktikum mit Schülern die Geschichte gelesen und sie dann gemeinsam mit dem Ensemble so umgeschrieben, dass sie eher die studentische Lebenswelt reflektiert«, erzählen die beiden jungen Frauen. Ihr Schauspielerteam wählten sie bei einem Workshop aus ambitionierten Laien aus, die teilweise schon auf der BÜHNE gestanden hatten. »Da wir unser Stück über ein halbes Jahr lang vorbereitet haben, hoffen wir, dass diese drei Aufführungen nicht die letzten sein werden«, sagen Marie und Julia.
Ein Student hat eine Vorführung mit TenSing-Sängern in Kamenz einstudiert, welche Ende Mai dem Publikum präsentiert wurde.
Die dritte Gruppe, drei Studentinnen, stellen im Juni ein Schauspiel mit Schülern der IBB auf die Bühne. Alle sechs Absolventen erhalten am 4. Juli bei einer feierlichen Zeremonie ihre Zertifikate. Den szenischen Hintergrund liefern dazu die Studenten, die dann das erste Modul abschließen.
»Theater – sehen, denken, spielen« ist zwar vor allem für Lehramtsstudenten des Faches Deutsch gedacht, weshalb diese beim Einschreiben bevorzugt werden. Doch wenn es freie Plätze gibt, können auch Lehramtsstudenten anderer Fächer daran teilnehmen. Perspektivisch möchte Matthias Spaniel das Angebot gerne über 2020 hinaus verstetigen, zum Beispiel, indem er weitere Fachbereiche einbindet. Es gab vor einiger Zeit schon einmal eine Kooperation mit der Professur für neuere und neueste Geschichte, die mit einer szenischen Lesung im Hygiene-Museum Dresden abgeschlossen wurde. Geplant ist auch, es für Studenten anderer Fächer, TUD-Mitarbeiter und Lehrer zu öffnen, die schon im Schuldienst arbeiten. Voraussetzung: Sie interessieren sich für die Bretter, die für manche die Welt bedeuten.
Weitere Informationen: www.tu-dresden/de/gsw/slk/germanistik/ndl_didaktik/studium/begleitstudium-theater
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 11/2018 vom 12. Juni 2018 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.