29.06.2021
Das Deutschlandstipendium feiert seinen zehnten Geburtstag
Derzeit werden 273 Studierende gefördert – mit der Aktion »Gemeinsam+10« soll Geld für zehn weitere Stipendien eingeworben werden
Franziska Plathner
Das Deutschlandstipendium feiert Jubiläum. Seit Anfang Oktober 2011 unterstützt die TU Dresden mit der Förderung, die der Bund und private Mittelgeber gemeinsam finanzieren, begabte und engagierte Studierende.
Anfang Juni radelten die Stipendiaten Toni, Maike und Mohamad gemeinsam mit ihren Förderern Ramona Nitzsche, Prof. Jörn Erler und Franziska Götz auf einem Tandem über den frühlingshaften TUD-Campus für einen besonderen Zweck: Im Jubiläumsjahr will die TU Dresden mit einer Spendenaktion die Mittel für zehn zusätzliche Stipendien sammeln. Die Tandem-Paare standen für diese Aktion Modell.
Echtes Teamwork ist gefragt, wenn Toni mit seiner Förderin auf dem Tandem über den Campus rollt. Die Sonne lacht und auch Toni und Ramona, seine Ansprechpartnerin beim Förderer Santander Universitäten, sind bester Laune auf ihrer kleinen Spritztour. Ganz im Sinne des Deutschlandstipendiums nutzen die beiden auf dem Tandem ihr gutes Teamwork – während Toni steuert und die Richtung vorgibt, stärkt Ramona ihm den Rücken und tritt kräftig mit in die Pedale. »Es ist schön, sich endlich wieder einmal in Echt zu begegnen«, sagt Ramona und setzt sich für eine kleine Rast neben Toni auf die Wiese. Das letzte Mal hatten sie sich per Videokonferenz bei einer Veranstaltung des Deutschlandstipendiums gesehen. Toni wird seit zwei Jahren von Santander Universitäten in seinem Psychologiestudium unterstützt. Santander ist einer der rund 80 Förderer des Deutschlandstipendiums an der TU Dresden und Toni ist froh, dass er einen Mittelgeber zur Seite stehen hat, der nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch ein breites Spektrum an Vorträgen und Workshops für seine Stipendiaten bietet. Und mit Ramona hat er eine besonders passende Ratgeberin bekommen, denn sie studierte selbst an der TU Dresden Psychologie und interessiert sich deshalb nicht nur als Förderin, sondern auch als Fachkollegin für das Referatsthema, das Toni in wenigen Tagen im Seminar online vorstellen soll. Neben dem fachlichen Austausch und den Kontakten kommt Toni der finanzielle Aspekt des Deutschlandstipendiums, die monatlichen 300 Euro, zugute. »Das hilft mir im Alltag enorm, gibt mir eine gewisse Art von Freiheit.« Santander unterstützt das Programm außer an der TU Dresden noch an 19 anderen Universitäten. »Das Deutschlandstipendium hilft uns bei unserer Aufgabe, sich als Bank für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft einzusetzen«, berichtet Ramona. »Außerdem halten uns die Stipendiat:innen thematisch am Zahn der Zeit und die eine oder der andere sind heute sogar als Kolleg:innen bei Santander tätig.«
Auch der Förderer Jörn Erler, Professor für Forsttechnik an der TU Dresden, und seine Stipendiatin Maike sind ein gutes Tandem-Team. Kaum sitzen sie im Sattel, radeln sie der Fotografin schon davon. Seit 2018 unterstützt er mit den Mitgliedern seines Vereins Bildung und Leben in Tharandt e. V. das Deutschlandstipendium, vor allem aus moralischen Motiven: »Wenn man Menschen, die hier an der TU Dresden studieren und sich außerdem noch engagieren, fördert, dann gibt man ihnen eine Vision fürs Leben mit und macht sie zu Botschafterinnen und Botschaftern der Universität. So kommt langfristig eine ganze Menge zurück.« Maike hatte sich mit sehr guten Studienleistungen für ein Deutschlandstipendium beworben und schon beim ersten Versuch im Oktober 2020 eine Zusage erhalten. Während der Schulzeit hatte sie Sportkurse für Kinder betreut und vor dem Studium sieben Monate freiwilligen Wehrdienst absolviert und war ein Jahr mit Work and Travel in Kanada unterwegs. Ihr Engagement und ihre Vorerfahrungen waren es auch, die die Auswahlkommission neben ihren sehr guten Studienleistungen von ihrer Förderwürdigkeit überzeugte.
»An der TUD vergeben wir die Stipendien nach einem Mix aus guten Studienergebnissen und dem, was wir als Lebensleistungen bezeichnen«, kommentiert Carolin Schaufel, die das Programm an der TU Dresden betreut. Die meisten der rund 1300 Bewerber haben sehr gute Leistungen – bei der Auswahl sind aber Engagement, besondere Lebensumstände oder das Überwinden von Bildungshürden genauso wichtig. Welche Kandidaten das Stipendium erhalten, entscheiden die Auswahlkommissionen der Fakultäten. Dabei hängt es von der Summe der gespendeten Mittel ab, wie viele Stipendien die Uni gewähren kann: Bei dem Programm verdoppelt der Bund jeden von Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen gespendeten Euro – egal, ob die dafür nötigen 1800 Euro für ein Stipendium von einem einzelnen Förderer gespendet werden oder durch viele kleine Spenden zusammenkommen. Aktuell profitieren 273 Geförderte vom Deutschlandstipendium, sodass zirka jede fünfte Bewerbung erfolgreich ist.
Gegen die große Konkurrenz im Rennen um ein Stipendium konnte sich auch Mohamad im Auswahlverfahren erfolgreich durchsetzen. Vor sechs Jahren flüchtete er ohne seine Familie aus Syrien und studiert nun Zahnmedizin. Das Stipendium hilft ihm, sich für die Kurse in der Klinik die nötigen Materialien kaufen zu können. Mit seiner Förderin Franziska Götz verstand er sich auf Anhieb. Dafür sorgte nicht nur der geringe Altersunterschied, sondern auch der Grund für Franziskas Entscheidung, 1800 Euro für ein Deutschlandstipendium zu spenden. Sie verband ihre Förderung mit dem Ziel, ganz konkret einen geflüchteten oder von Rassismus betroffenen Studierenden zu unterstützen. »Klar könnte man sich von 150 Euro im Monat auch etwas Schönes kaufen, aber ob ich das wirklich brauche … So helfe ich mit dem Geld aktiv Menschen, die ansonsten übersehen oder aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt werden«, sagt sie mit einem Lächeln und spornt Mohamad zum Weiterradeln an. Am Konzept des Deutschlandstipendiums mochte sie vor allem, dass sie die positiven Auswirkungen ihrer Unterstützung durch den Austausch mit Mohamad ganz persönlich miterleben kann. Deshalb will sie im kommenden Jahr wieder ein Deutschlandstipendium finanzieren und zudem ihre Freunde und Familie zur Teilnahme am Spendenaufruf animieren.
Neben Franziska Götz wollen Santander Universitäten und der Verein von Professor Erler dem Deutschlandstipendium für mindestens ein weiteres Jahr treu bleiben. Schon jetzt die Zusage für eine Förderung im nächsten Studienjahr zu bekommen, freut das Team des Deutschlandstipendiums sehr. Denn im Jubiläumsjahr sollen besonders viele Stipendien vergeben werden. Anlässlich des runden Geburtstages versuchen sie mit einem Spendenaufruf das Geld für zehn zusätzliche Stipendien zu sammeln. Denn Carolin Schaufel ist überzeugt, dass mit der wachsenden Zahl der Stipendien auch die Nachhaltigkeit des Programmes steigt: »Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die geförderten Studierenden sich stärker mit ihrer Universität verbunden fühlen und schon jetzt zeigt sich, dass viele bereit sind, nach ihrem Studium selbst etwas an die nächste Generation von Studierenden zurückzugeben.« Der Spendenaufruf »Gemeinsam+10« läuft bis Ende Juli und die beiden hoffen, dass ihre Aktion viele Menschen erreicht und spenden lässt.
Alle Informationen zum Stipendium und zur Spendenaktion findet man unter www.tud.de/deutschlandstipendium/spenden.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 12/2021 vom 29. Juni 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.