12.07.2022
Die Gesundheit gewinnt – ein Jahr Lehrzentrum Physiotherapie
Deutschlandweit einzigartige Einrichtung an der TU Dresden verbindet bessere Ausbildung mit Prävention
Mit großen Erwartungen ist vor einem Jahr an der TU Dresden eine deutschlandweit einmalige Einrichtung an den Start gegangen. Das Lehrzentrum Physiotherapie – eine Kooperation des Universitären Gesundheitsmanagements (UGM) der TUD mit der Carus Akademie am Universitätsklinikum Dresden – ist eine Innovation in der Ausbildung von Physiotherapeutinnen und -therapeuten. Als dritter Lernort ist das Lehrzentrum an der Hochschulstr. 48 eine Schnittstelle und Brücke zwischen dem Unterricht an der Carus Akademie und der praktischen Ausbildung in der Klinik. Physiotherapie-Auszubildende des dritten Lehrjahres erhalten seitdem einen Teil ihrer Ausbildung auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin/Gesundheitsprävention in den neuen Praxisräumen. Das Ziel: Ganzheitliche Kompetenzen für den späteren Berufsalltag erwerben – inklusive Behandlungsplanung und Terminkoordination.
24 Schülerinnen und Schüler konnten im ersten Jahr im Lehrzentrum berufspraktische Erfahrungen sammeln, immer drei sind als Team vor Ort, begleitet und unterstützt von ihren Lehrkräften aus der Carus Akademie. Vier bis sechs Wochen, die sich lohnen. »Wir durften und mussten vom ersten Tag an Verantwortung übernehmen«, sagt Paul Durka. »Anders als in der Klinik, wo es feste Therapiepläne gibt, können wir im Lehrzentrum die Behandlungen selbst planen. Das hat mich wirklich weitergebracht.« Das kann sein Mitschüler -Adrian Eckhardt nur unterstreichen. »Wir orientieren uns hier an den Bedürfnissen der Klientinnen und Klienten. Die können sich auch mal ändern, sodass in der Therapie auch Spontanität gefragt ist.« Das sei eine gute Übung für den späteren Berufsalltag, der auch Flexibilität verlange. Und noch etwas macht die Ausbildung im Lehrzentrum Physiotherapie für ihn besonders, »das Arbeiten als Team, sich gegenseitig unterstützen und aufeinander verlassen können«.
Dr. Andrea Conrad, Fachrichtungsleiterin Physiotherapie an der Carus Akademie, sieht darin einen der großen Vorteile der neuen Einrichtung. »In der Lehrpraxis können unsere Schülerinnen und Schüler für sich erkunden, wie sie später mal arbeiten möchten. Ist eine eigene Praxis mit allem was dazu gehört meine Zukunft? Oder will ich lieber angestellt in einer Klinik arbeiten? Wir haben hier einen geschützten Raum, wo man vieles ausprobieren kann.« Als Ausbilderin schätzt sie besonders die realistische Praxisumgebung, in der sie dennoch pädagogisch arbeiten kann. »Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Hier kann ich im Prozess agieren und konkrete Handlungen auch mal pädagogisch auseinandernehmen.« Das betreffe die Therapie an sich, aber auch scheinbar triviale Dinge wie die Kommunikation mit den Klienten.
Was zum »echten« Praxisalltag fehlt, ist die Abrechnung von Rezepten. Denn im Lehrzentrum Physiotherapie geht es nicht um die Behandlungen von Patienten, die bereits eine Erkrankung haben, bei der Physiotherapie verordnet wird. Im Mittelpunkt steht die Prävention – und hier greift die Zusammenarbeit mit dem Universitären Gesundheitsmanagement der TU Dresden. Alle Beschäftigten haben die Möglichkeit, ihrer Gesundheit mit den Angeboten des Lehrzentrums etwas Gutes zu tun – unkompliziert und kostenfrei. Am Anfang steht meist ein umfangreiches Screening, bei dem sich die angehenden Physiotherapeutinnen und -therapeuten – begleitet von einer Lehrkraft – viel Zeit nehmen, um die individuellen Themen aufzuspüren und einen Behandlungsplan zu entwickeln. Mehr als 220 solcher Screenings mit mindestens sechs Behandlungsterminen wurden allein im ersten Jahr absolviert. Darüber hinaus leiten die Schülerinnen und Schüler zahlreiche Gruppenangebote wie beispielsweise Entspannung, Beinachsentraining, Körpereigentraining oder Wirbelsäulengymnastik und führen Arbeitsplatzanalysen durch.
Aus Sicht der Betriebsärztin der TUD, Dr. Astrid Friedmann-Ketzmerick, ist das Angebot ein echter Gewinn für das Universitäre Gesundheitsmanagement, das besonders die Prävention im Blick hat. »Bewegungsarmut und Zwangshaltungen sind die größten Risiken für unsere Beschäftigten. Deshalb ist es das Wichtigste, die Menschen in Bewegung zu bringen – auch am Arbeitsplatz. Daneben müssen wir die Verhältnisse im Blick haben und uns die Arbeitsumgebungen anschauen.« Das Lehrzentrum leiste hier einen wertvollen Beitrag für die Gesundheit an der TUD. Das Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist groß: »Wir bekommen von den Beschäftigten nur positive Rückmeldungen«, so Astrid Friedmann-Ketzmerick. »Ich erlebe ein großes Vertrauen in die Auszubildenden.«
Dr. Sylvi Bianchin, Referentin für Diversity Management, war im letzten Sommer eine der ersten Klientinnen. »Ich habe mich sofort angemeldet, um endlich etwas gegen meine ständigen Rückenschmerzen zu unternehmen. Ich war von Anfang an begeistert. So eine ausführliche und gründliche Anamnese habe ich bisher noch nie erlebt. Die Behandlung wurde individuell auf meine Problematik und meinen Alltag zugeschnitten, sodass ich die vorgeschlagenen Übungen nachhaltig in meinen Alltag einbauen kann.« Sie sei überrascht, dass man auch mit kleinen Übungen so viel erreichen könne. Ein weiterer Vorteil sei die unmittelbare Nähe zum Arbeitsplatz auf dem Campus. »So lassen sich die Behandlungstermine einfacher in einen vollen Arbeitstag integrieren.«
Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben den Start nicht ganz einfach gemacht. Vor allem die Gruppenangebote waren wegen der fehlenden Planungssicherheit schwierig zu organisieren. »Das wollen wir noch optimieren und besser an den Bedarf und die Arbeitszeiten anpassen«, sagt Andrea Conrad. Sie und ihr Team haben schon weitere Ideen, wie alle Seiten künftig noch mehr von den Angeboten des Lehrzentrums profitieren können. Dazu gehören u. a. ein Mentoring-Programm und eine bessere Nachbetreuung mit Übungsdatenbank und digitalen Trainingsplänen.
Claudia Kallmeier
Weitere Informationen unter: https://tu-dresden.de/ugm/lehrzentrum-pt
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 13/2022 vom 12. Juli 2022 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.