Dec 15, 2020
Eine Weihnachts(mann-)geschichte in Zeiten von Corona
David Linke
Der Weihnachtsmann hat normalerweise einen sehr geregelten und eigentlich entspannten Jahresablauf. Nur wenn es auf die Weihnachtszeit zugeht, dann wird es auf einmal sehr hektisch. Das beginnt mit den unzähligen Wünschen, die an ihn herangetragen werden, geht weiter mit Besuchen von Weihnachtsmärkten und Weihnachtspostämtern und endet beim Beladen des Schlittens. Am Heiligen Abend, wenn das Stresslevel den Höhepunkt erreicht, steht er besonders unter Anspannung, da alles klappen muss, damit die Kinderaugen leuchten. Aber in Zeiten von Corona muss auch der Weihnachtsmann umdisponieren. Nachdem er bereits im letzten Jahr Schwierigkeiten wegen der DSGVO hatte (Universitätsjournal 20/2019, S. 14), gibt es auch dieses Jahr wieder Probleme …
Alles beginnt mit einer ungewollten Erleichterung im Terminkalender des Weihnachtsmannes bei den Weihnachtsmärkten. Denn ihn ereilen viele Meldungen, dass die meisten Märkte in der Adventszeit geschlossen bleiben und somit ein Besuch von ihm entfallen wird. Allen voran der bekannte Nürnberger Christkindlesmarkt wurde bereits wegen Corona abgesagt. Die Stadt Dresden arbeitete lange an Konzepten, die den Striezelmarkt unter Corona-Bedingungen ermöglichen – leider umsonst. Auch er findet dieses Jahr nicht statt. Neben dem leckeren Duft von gebrannten Mandeln und Bratäpfeln, Glühwein und Punsch, den der Weihnachtsmann dadurch vermissen wird, waren und sind auch geplante Weihnachtskonzerte und Chöre verboten, sodass es diesmal eine ruhige Vorweihnachtszeit werden wird. Zudem bleiben die sonst öffentlich zugänglichen Weihnachtspostämter (wie etwa Himmelpfort oder Himmelsthür) geschlossen, sodass der Weihnachtsmann in der Vorweihnachtszeit nur per Post erreichbar sein wird. Das gleiche Problem stellt sich auch für das Christkind (Anlaufstellen sind hier Engelskirchen oder Himmelstadt) und den Nikolaus (bitte wenden Sie sich an das Amt in Nikolausdorf oder St. Nikolaus).
Die größten Bedenken hat der Weihnachtsmann für den 24. Dezember selbst. Denn der weißbärtige Mann gehört mit seinem Alter selbst zur Risikogruppe, sodass er dieses Jahr besonders vorsichtig sein muss, wenn er unterwegs ist. Eine von Knecht Ruprecht spezial-angefertigte rote Mund-Nase-Schutzmaske (natürlich mit Rauschebart-Applikation) soll zumindest ein wenig Abhilfe schaffen. Einen großzügigen Vorrat an Anti-Beschlagspray für seine Brille hat sich der Weihnachtsmann schon zugelegt. Hinzu kommt eine gewisse Ratlosigkeit, wie er den Mindestabstand von 1,5 Metern – trotz seiner rundlichen Figur und stattlichem Wohlstandsbäuchlein – zu neugierigen Kindern aufrechterhalten soll, die auf seinen Besuch warten.
Nicht zuletzt verlangt die Corona-Krise dem Weihnachtsmann auch in logistischer Hinsicht alles ab. Zwar ist der Weihnachtsmann geschickt darin alle Kinder der Welt an einem Abend zu beliefern, gleichwohl stellt sich bereits jetzt die Frage, wie er sich vor und nach jedem Besuch die Hände desinfizieren soll? Bei 30 Sekunden mal x- Milliarden Besuchen kommt einiges an Zeit zusammen, die den ohnehin knappen Zeitplan zusätzlich belasten. Unerwähnt blieb bislang auch, wie der riesige Desinfektionsspender auf den Schlitten montiert werden soll? Knecht Ruprecht ist zwar schon beauftragt, tüftelt aber noch an einer aerodynamischen Lösung. Der Weihnachtsmann kann aber jetzt schon hören, wie sein in die Jahre gekommener Schlitten, Rudolph und die übrigen Rentiere unter der zusätzlichen Last ächzen werden.
Schließlich kommen die verschärften Beschränkungen hinzu. So wurden »Teil-« und harte »Lockdowns« angekündigt oder bereits umgesetzt, die den Zugang zu einzelnen Familien hindern. Zudem gibt es in vielen Ländern Ein- und Ausreisebeschränkungen, über die sich der Weihnachtsmann hinwegsetzen müsste, um seine Arbeit zu erfüllen.
Wie er sich diesen Herausforderungen stellen soll, muss also gut überlegt werden. Drücken wir ihm die Daumen, dass er alles schafft! Eine Sache weiß der Weihnachtsmann aber jetzt schon mit Blick auf die bislang eingegangenen Wunschzettel. Neben Platz 1 für einen Impfstoff sieht er mit Erschrecken auf Platz 2 Toilettenpapier und Platz 3 Nudeln. Das kann ja eine schöne Bescherung geben …
In diesem Sinne frohe Weihnachten und bleiben Sie gesund!