22.09.2020
Faszination Raumfahrttechnik
Hochschulgruppe STAR Dresden wandelte sich in gemeinnützigen Verein um und ist immer auf der Suche nach Mitgliedern und Sponsoren
Claudia Trache
Die Faszination der Raumfahrttechnik eint die derzeit 32 Studenten sowie drei Studentinnen, die sich aktiv im Verein STAR Dresden e.V. engagieren. »Begonnen hat alles 2017, als wir uns mit einem eigenen Experiment beim Programm REXUS (Rocket Experiments for University Students) bewarben«, erzählt Lucas Nöller. »Damals wurden wir abgelehnt, aber wir wollten trotzdem weitermachen und an Raumfahrtprojekten teilnehmen.« Daher gründeten sie die Hochschulgruppe STAR Dresden und suchen sich seitdem regelmäßig Projekte, an denen sie teilnehmen und Erfahrungen sammeln können. Ende 2019 wandelten sie die Hochschulgruppe in einen eingetragenen Verein um. Seit 2020 ist der Verein gemeinnützig.
Weitere Mitstreiter gesucht
Viele Mitglieder studieren Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Luft- und Raumfahrttechnik. Aber auch Mechatroniker und Elektrotechniker sind dabei. »Bei uns gibt es für Studierende aller Fachrichtungen Möglichkeiten, praktische Erfahrungen zu sammeln«, erzählt Nils Hensch, neben Lucas Nöller eines der Gründungsmitglieder der Hochschulgruppe und aktuell 2. Vorsitzender des Vereins. »Für das Projektmanagement finden Wirtschaftswissenschaftler und Wirtschaftsingenieure Betätigungsfelder bei uns. Unterstützung brauchen wir auch im Bereich Mediendesign und Medieninformatik. Künstlerisch Interessierte können sich im Bereich Fotografie, Animation und Präsentation auf Instagram und Twitter mit einbringen.« Gegenseitig voneinander zu lernen und gleichzeitig an verschiedenen Projekten teilzunehmen, sind weitere Anliegen des Vereins. Aktuell sind es drei Projekte, an denen die Mitglieder arbeiten: ELECTRA, Alpha Centauri und S Cephei.
ELECTRA
(Expeditionary Lightweight Extraction Collection Transportation Rover Assistant)
Seit einigen Jahren findet einmal im Jahr in Polen die European Rover Challenge statt. Die nächste sollte Mitte September dieses Jahres stattfinden, an der sich auch ein Team von STAR Dresden mit einem eigenen Mars-Rover beteiligen wollte. Coronabedingt wurde diese Veranstaltung verschoben. Auf einem 30 mal 30 Meter großen Freiluftareal wird geologisch die Oberfläche des Mars nachgebaut. Auf diesem Areal müssen die Rover vier technische Aufgaben lösen, wie das autonome Abfahren eines Parcours, die Entnahme von Bodenproben und die Bedienung einer Schalttafel nach konkreter Vorgabe. »Wir haben Kontakt zu anderen deutschen Teams und planen als Ersatz eine Mini-Rover-Challenge in Deutschland«, erzählt Benedikt Boos. Der 24-Jährige hatte die Möglichkeit, im Rahmen seines Pflichtpraktikums beim Leibniz-Institut für Polymerforschung die Hauptstruktur (Chassis) des Rovers zu entwickeln.
Alpha Centauri
Seit Dezember 2019 ist ein Team dabei, im Rahmen des Projekt ALPHA Centauri einen Weltraumfahrstuhl zu entwickeln. Im September hätte dazu in München ein Wettbewerb stattgefunden, der nun auf das Frühjahr 2021 verschoben wurde. Ziel ist es, das Modell eines Weltraumfahrstuhls zu entwickeln, der entlang eines Seils ein möglichst hohes Gewicht autonom 100 Meter nach oben transportieren kann und wieder herunterfährt. Bereits 2018 nahm ein Team von STAR Dresden an diesem Wettbewerb teil, musste aber Lehrgeld zahlen, da im entscheidenden Moment die Elektronik versagte und sie nicht starten konnten. »Wir bauen einen ganz neuen Weltraumfahrstuhl, zeigen unsere Ideen aber regelmäßig dem ersten Team, um von dessen Erfahrungen zu profitieren«, erzählt Aaron Troll. Der 21-jährige begann zunächst Mechatronik zu studieren, wird aber zum kommenden Wintersemester zur Elektrotechnik wechseln. Er ist 2020 zum Verein gekommen. »Dieses Projekt ist als Einstieg gut geeignet. Es ist noch nicht so umfangreich, aber man kann viele wertvolle Erfahrungen sammeln.«
S Cephei
Bei dem REXUS-Projekt »S Cephei« (Suspension of Carbon Nanotubes under dielectrophoreticInfluence) geht es in erster Linie um Grundlagenforschung zu Kohlenstoffnanoröhrchen (CNTs). An diesem Projekt arbeitet ein neunköpfiges Team seit Oktober 2019. Im Februar dieses Jahres waren einige Mitglieder zu einer Trainingswoche in Schweden im Esrange Space Center. Das Experiment des STAR Dresden Teams wird im März 2021 in der REXUS Rakete mitfliegen, die in Esrange startet, eine Höhe von etwa 80 Kilometern erreicht und zwei Minuten in der Schwerelosigkeit verbringt. Für das Experiment hat das Team in der Rakete einen Raum von 22 Zentimeter Höhe und 35 Zentimeter Durchmesser. In vier mit Flüssigkeit gefüllten Kammern schwimmen Nanoröhrchen, die sich mittels eines elektrischen Feldes ausrichten. Über mehrere Kameras werden die CNTs beobachtet, sodass dreidimensionale Bilder entstehen. CNTs sind ein sehr stabiles Material mit guter Wärme- und elektrischer Leitfähigkeit, die sich gut mit vielen anderen Stoffen kombinieren lassen. Verwendbar sind sie zum Beispiel als Bau- oder Sensormaterial. Am Institut für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden wird schon seit einiger Zeit Forschung zu CNTs betrieben. Daher kann das Projektteam auch auf diese fachliche Unterstützung zurückgreifen.
Sponsorensuche für alle Projekte
Der Verein ist stets auf der Suche nach Sponsoren und Unterstützern. Während die Teams bei REXUS- bzw. BEXUS-Projekten durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt mit jeweils 7.000 Euro gesponsert werden, sind sie bei anderen Projekten komplett auf eigene Finanzmittel angewiesen. »Sachspenden, wie Motoren, Material und Elektrotechnik, helfen uns ebenso wie Geldspenden, die wir für den Kauf von leistungsfähigen Akkus oder für Reisekosten verwenden können«, erläutert Nils Hensch. »Daher sind wir auch sehr dankbar, dass uns die sächsische Firma »KSG GmbH« aus Gornsdorf regelmäßig mit Leiterplatten unterstützt. Von der amerikanischen Firma »ANSYS« erhalten wir kostenlos Simulationssoftware.« Auch über einen Raum, wo die Nachwuchswissenschaftler ein Labor einrichten und ihre Experimente sowie Objekte bauen können, würden sie sich sehr freuen. Aktuell führen sie diese Arbeiten in privaten Räumen ihrer Wohngemeinschaften und in einer Garage aus.
Pläne für die Zukunft
Die Mitglieder möchten auch künftig ihren Verein mit seinen Projekten in Vorlesungen an der TU Dresden vorzustellen. Die Teilnahme an Messen, wie der Bonding und der Maker Faire Sachsen in Chemnitz sowie bei der Langen Nacht der Wissenschaften sind weitere Vorhaben. »Mit anderen studentischen Hochschulgruppen der Raumfahrt wollen wir uns künftig noch besser vernetzen und vielleicht sogar überregionale Projekte organisieren. Ein weiterer Traum wäre irgendwann die Vernetzung im europäischen Maßstab«, blickt Benedikt Boos voraus. Interessenten, egal welcher Fachrichtung und Erfahrung, können gern mit dem Verein unter star@mailbox.tu-dresden.de Kontakt aufnehmen und die Mitglieder bei einem ihrer Treffen kennenlernen, die immer dienstags 19 Uhr in jeder ungeraden Kalenderwoche stattfinden.
Weitere informationen unter:
https://star-dresden.de
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 14/2020 vom 22. September 2020 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im neuen Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.