May 06, 2022
Sechs TUD-Wissenschaftler erhalten umfangreiche EU-Mittel
Personenbezogene ERC-Grants zur Förderung der Spitzenforschung mit Gesamtvolumen von über sieben Millionen Euro
Der Europäische Forschungsrat (ERC) gab jetzt bekannt, dass er zusätzlich zu den drei bereits seit Jahresbeginn vergebenen Förderungen im Rahmen der sogenannten ERC Grants an drei weitere Wissenschaftler der TU Dresden hohe Fördermittel in verschiedenen Grant-Kategorien ausreicht. Die ERC Grants der EU, der renommiertesten Förderin von Spitzenforschung in Europa, haben das Ziel, die besten Forscherinnen und Forscher sowie die brillantesten Ideen zu unterstützen. Der ERC war Teil der ersten Säule - »Exzellente Wissenschaft« - von »Horizon 2020«, dem EU-Programm für Forschung und Innovation (H2020, 2014-2020). Er wird im Rahmen der Säule »Exzellente Wissenschaft« des neuen Rahmenprogramms der Europäischen Union für Forschung und Innovation »Horizon Europe« (2021-2027) fortgeführt. ERC-Grant-Förderungen sind 100-prozentige Förderungen, die alles abdecken, was in einem Projekt anfällt, also Personalkosten, Verbrauchsmaterialien, Reisen, Publikationen, Equipment, Unteraufträge etc. Damit ist es möglich, ganze Forschungsgruppen aufzubauen bzw. zu konsolidieren.
Einen besonderen Erfolg verzeichnete dabei Prof. Dr. Triantafyllos Chavakis, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Universitätsklinikum und der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, der nach Erhalt der vorgelagerten ERC Starting- und ERC Consolidator-Grants nun einen ERC Advanced Grant in Höhe von 2,49 Millionen Euro über eine Laufzeit von fünf Jahren erhält. Er und sein Team erforschen Mechanismen für die Entstehung metabolischer Entzündungen. Eine chronische Entzündung liegt vielen Krankheiten zugrunde. Im Rahmen der Fettsucht und des metabolischen Syndroms fördert die chronische Entzündung die Entstehung und das Fortschreiten von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und der Nichtalkoholischen Fettlebererkrankung, die aufgrund der Vielzahl von Betroffenen zu den Volkskrankheiten zählen. Die Entzündung im Rahmen von solchen metabolischen Erkrankungen wird auch metabolische Entzündung genannt. Wie aber kommt es dazu, dass die metabolische Entzündung beim metabolischen Syndrom chronisch wird und sich dabei nicht mehr nur auf das Fettgewebe und die Leber beschränkt, sondern immer mehr Organe beeinträchtigt? Und wie kann metabolische Entzündung zu weiteren Begleiterkrankungen (sogenannten Komorbiditäten) prädisponieren? Diese Fragestellungen sollen im geförderten Projekt von Prof. Chavakis eingehend untersucht werden. Dabei wird ein innovativer Ansatz verfolgt, bei dem sowohl lokale (auf der Ebene des jeweiligen Gewebes, also Fettgewebe und Leber) als auch ganzheitliche Mechanismen untersucht werden. Zu diesen ganzheitlich wirkenden Mechanismen gehört auch das sogenannte Training der Immunantwort, z.B. durch Anpassung von langlebigen Vorläuferzellen der Entzündungszellen im Knochenmark. Mit diesem Projekt soll also die chronische metabolische Entzündung besser verstanden werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um negative Auswirkungen der chronischen metabolischen Entzündung in Zukunft vorzubeugen, sie abzumildern bzw. vollständig aufhalten zu können.
Auch Prof. Stefan Kaskel von der Fakultät Chemie und Lebensmittelchemie kann sich über einen erneuten Erfolg in dieser Förderlinie freuen. Nach seinem ersten ERC Advanced Grant 2017 erhält er nun für sein Projekt »IONOLOGIC« erneut einen ERC Advanced Grant in Höhe von 2,38 Millionen Euro über fünf Jahre. Mit dem Projekt »Ultracapacitor Logic Gates« (IONOLOGIC) möchte der Professor für Anorganische Chemie an der TU Dresden mit seinem Team wissenschaftliches Neuland auf dem Gebiet von Computerarchitekturen beschreiten. Dazu orientiert er sich an der Signalverarbeitung in physiologischen Nervensystemen. Diese basiert auf Ionen und chemischer Information und ist dabei hochgradig für einen niedrigen Energieverbrauch optimiert. Sein Vorhaben IONOLOGIC zielt darauf ab, ionen-basierte Computertechnologien zu entwickeln, die den Energieverbrauch von Computern reduzieren sowie on-chip Energiemanagement in autonomen mikroelektronischen Bauelementen und biologischen Schnittstellen ermöglichen.
Mit diesen Mehrfacherfolgen gehören Prof. Chavakis und Prof. Kaskel zu den Top-Forschenden weltweit.
Ebenfalls jetzt mitgeteilt wurde der Erfolg des Antrags einer Forschergruppe um den Mediziner und Tumorspezialisten Prof. Peter Friedl vom Radboud University Nijmegen Medical Center (NL), die gemeinsam einen ERC Advanced Grant erhält. Ziel des Antrags ist die Entwicklung neuartiger Chemoimmuntherapien gegen Tumorerkrankungen auf Basis innovativer experimenteller Methoden und mathematischer Modellierung. Zu den beteiligten Forschern gehört auch Prof. Andreas Deutsch vom Zentrum für Hochleistungsrechnen der TUD, anteilig mit einer Förderung in Höhe von 379 000 Euro über fünf Jahre.
»Diese Förderungen durch den ERC sind ein herausragender Erfolg für die TU Dresden«, freut sich Prof. Ursula M. Staudinger, Rektorin der TU Dresden. »Sie reihen sich ein in die hervorragenden Ergebnisse in diesem hochkompetitiven Wettbewerb um Fördermittel beispielsweise in den Jahren 2015 und 2019.«
Prof. Angela Rösen-Wolff, Prorektorin Forschung der TU Dresden, unterstreicht: »Diese großartigen individuellen Erfolge der ERC-Grant-Preisträger stellen gleichzeitig einen großen Erfolg für die TU Dresden dar und belegen die exzellente Grundlage für international wettbewerbsfähige Spitzenforschung an unserer Universität. Den ERC-Grantees möchte ich auf diesem Weg herzlich gratulieren und viel Erfolg für ihre Forschungsvorhaben wünschen!«
Auch bei den bereits vor wenigen Wochen mitgeteilten ERC-Förderungen konnte die TU Dresden bereits den Erfolg von einer Wissenschaftlerin und zwei Wissenschaftlern vermelden. So ging ein ERC Consolidator Grant in Höhe von über zwei Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren für eine neue Methode zur Erforschung von Supraleitern an Prof. Stefan Kaiser von der Fakultät Physik. Der Professor für Ultraschnelle Festkörperphysik und Photonik an der TU Dresden will eine neue Art von Spektroskopie entwickeln, die sogenannte Higgs-Spektroskopie, und damit zu einem verbesserten Verständnis von Quantenmaterialien, insbesondere von Hochtemperatur-Supraleitern, gelangen. Im »T-Higgs«-Projekt wird Stefan Kaiser Terahertz-Laser nutzen, um gezielt die Eigenschwingungen, die sogenannten Higgs-Schwingungen, in Supraleitern anzuregen. Aus der Art der Higgs-Schwingungen können mittels der neuen Spektroskopiemethode die Eigenschaften des Supraleiters direkt vermessen und so ein tieferes Verständnis über die Funktionsweise des Supraleiters erlangt werden. »Der ERC Grant erlaubt mir, die Higgs-Spektroskopie als eine neue Methode zu entwickeln und ein Team zusammenzustellen, das diese spannende Frage beantworten wird«, erläutert Stefan Kaiser sein Vorhaben.
Einen ERC Proof-of-Concept Grant für seine Forschung rund um Tumorbekämpfung mit Makrophagen erhält Prof. Michael Sieweke vom Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) der TU Dresden. In neue Zelltherapien zur Krebsbekämpfung werden große Hoffnungen gesetzt, doch die bisherigen Behandlungen sind bei soliden Tumoren nicht wirksam. Prof. Michael Sieweke und seine Gruppe wollen dieses Problem durch den Einsatz von Makrophagen, spezifischen Immunzellen, die in solide Tumore eindringen und diese angreifen können, überwinden. Das translationale Projekt ging aus der Grundlagenforschung des ERC Advanced Grant von Prof. Michael Sieweke hervor und zielt auf die Verjüngung von Makrophagen und die Bekämpfung von Alterskrankheiten, einschließlich Krebs, ab. Es wird über die nächsten 18 Monate mit insgesamt 150 000 Euro unterstützt.
Einen ERC Starting Grant in Höhe von bis zu 1,5 Millionen Euro erhielt die Forscherin Dr. Erika Covi. Das European Research Council unterstützt ihr wegweisendes Forschungsprojekt MEMRINESS an der NaMLab gGmbH, einem 100prozentigen Tochterinstitut der TU Dresden.
Im Projekt (Memristive Neurons and Synapses for Neuromorphic Edge Computing) werden Dr. Erika Covi und ihr Forschungsteam die physikalischen Eigenschaften von neu entstehenden memristiven Bauelementen nutzen, um Neuronen und Synapsen zu entwickeln, die die notwendigen, vom Gehirn inspirierten Primitive bereitstellen, um stromsparende und speichereffiziente intelligente Edge-Geräte zu entwickeln, die online und gemeinsam lernen können. Die neu entwickelten Neuronen und Synapsen werden in einem Hardware-Spiking-Neural-Netz und in drei kollaborativen Szenarien mit steigender Komplexität auf Gültigkeit überprüft.
Konrad Kästner
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 8/2022 vom 3. Mai 2022 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.