Jan 18, 2022
Wie Prüfungen in der Pandemie funktionieren
Drei Viertel der Studierenden konnten im Wintersemester 2020/21 ihre geplanten Prüfungsleistungen absolvieren
Prof. Karl Lenz, Dana Frohwieser
Die Corona-Pandemie hat seit zwei Jahren erhebliche Auswirkungen auf das Studium an der TU Dresden. Bereits die dadurch erzwungene Umstellung der traditionellen Präsenzlehre in den virtuellen Raum im Sommersemester 2020 hatte das Zentrum für Qualitätsanalyse (ZQA) im Auftrag des Rektorats mit drei Befragungswellen wissenschaftlich begleitet. Zu Beginn des Sommersemesters 2021 hat das Rektorat die neue Aufgabe erteilt, retrospektiv das Prüfungsgeschehen im Wintersemester 2020/21 zu untersuchen. Der Bericht zu dieser Studie liegt inzwischen vor und einige ausgewählte Ergebnisse sollen im Folgenden vorgestellt werden.
Wie schon bei der ersten Studie wurde auch diese Befragung als eine Vollerhebung durchgeführt. Alle Lehrkräfte und Studierenden der TU Dresden wurden eingeladen teilzunehmen und zusätzlich mehrmals an die Teilnahme erinnert. An der Befragung, die im Zeitraum von Mitte Mai bis Mitte Juni 2021 durchgeführt wurde, haben insgesamt 751 Lehrkräfte und 3780 Studierende mit Prüfungen im Wintersemester 2020/21 teilgenommen.
Fast drei Viertel der befragten Studierenden berichteten, dass sie trotz der Pandemie alle geplanten Prüfungsleistungen absolvieren konnten. 3 % hatten von vornherein keine Prüfungsleistungen geplant. 21 % gaben an, dass sie nicht alle und 2 % keine Prüfungsleistungen absolvieren konnten. Diese beiden Gruppen wurden nach den Gründen für den Prüfungsaufschub gefragt. 41 % von ihnen nannten eine zu große Prüfungslast und damit einen Grund, der sicherlich nicht nur unter diesen Sonderbedingungen wirksam ist. Aber fast genauso viele nannten als Hinderungsgrund die Schwierigkeiten bei der Vorbereitung infolge der Umstellung auf digitale Lehre.
Die Ergebnisse zeigen, dass an der TU Dresden die Klausur als Prüfungsform deutlich dominiert. 92 % der Studierenden haben zumindest eine Klausur absolviert. Alle anderen Prüfungsformen folgen mit erheblichem Abstand, vor allem die Haus-, Beleg- und Seminararbeiten, von denen 39 % der Studierenden als Prüfungsform berichten. Diese Dominanz wirft unmittelbar die Frage auf, ob die Klausur für ein kompetenzorientiertes Prüfen stets die adäquate Prüfungsform ist.
Wie zu erwarten, fanden die Prüfungen im Wintersemester 2020/21 überwiegend im virtuellen Raum statt. So berichten die Lehrkräfte, dass nur 18 % der Klausuren in Präsenz durchgeführt wurden. Bei den mündlichen Prüfungen ist der Präsenzanteil mit 11 % noch niedriger. Diese starke Verlagerung in den virtuellen Raum wird auch von den Studierenden bestätigt. Gebrauch gemacht wurde auch von der Möglichkeit, von der in den Modulbeschreibungen vorgegebenen Prüfungsform abzuweichen. Fast jede fünfte Lehrperson hat diese Möglichkeit zumindest bei einer Prüfung genutzt. Am häufigsten wurde dabei eine Klausur durch eine mündliche Prüfung ersetzt.
Lehrkräfte und Studierende wurden auch zu einer Gesamteinschätzung der Umstellung bei den Klausuren gefragt. Bei den Lehrkräften dominiert eine negative Sicht. Für jeden Zweiten hat diese Umstellung eher oder sogar große Nachteile und nur jeder Vierte betont Vorteile. Anders die Studierenden: Für 46 % hat die Umstellung eher oder sogar große Vorteile und nur 20 % sehen darin Nachteile. Bei den Prüfungsergebnissen sieht eine Mehrheit der Lehrkräfte keine Veränderungen. Bei den mündlichen Prüfungen sagen das mit 70 % noch deutlich mehr Lehrkräfte als bei den Klausuren (42 %). Bei der Fortführung des digitalen Prüfens nach der Überwindung der Pandemie sind die Lehrkräfte im hohen Maße gespalten. Befürwortung und Gegnerschaft halten sich die Waage. Bei den Studierenden dagegen votieren 57 % für eine Fortführung und nur 22 % dagegen.
Die ausführlichen Berichte zu dieser Studie wie auch zu den Befragungen zur digitalen Lehre im Sommersemester 2020 stehen unter https://tud.link/scik.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 1/2022 vom 18. Januar 2022 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.