13.07.2021
Zwei umfangreiche Schenkungen und Ankauf fünf neuer Werke
Die TU Dresden erweitert ihren Kunstbesitz dank des Engagements der Kustodie kontinuierlich
Gwendolin Kremer
Die Kustodie der TU Dresden verfügt über einen eindrucksvollen Kunstbesitz mit rund 4000 Werken aller Gattungen. Bereits seit 1951 sammelt die TUD systematisch Kunst, so entstand in über sieben Jahrzehnten eine umfangreiche und repräsentative Sammlung. Das Gros dieser Gemälde, Grafiken, Skulpturen und baugebundenen Kunst, aus der Zeit der 1950er-Jahre bis zur Wende 1989/90, weist einen starken regionalen Fokus auf die Dresdner Kunstszene auf. Seit 2017 wird die Ankaufstätigkeit für den Kunstbesitz unter Federführung der Kustodie systematisch weitergeführt. Das Profil der Sammlung wird beibehalten und weiter ausgebaut, indem vorrangig Werke von sächsischen bzw. in Sachsen lebenden Künstlerinnen und Künstlern angekauft werden.
Nun erhielt die Sammlung weiteren Zuwachs durch die jährlich erfolgenden Ankäufe sowie durch die großzügige Schenkung eines umfangreichen Konvoluts an Werken des Dresdner Künstlers Hans Christoph (1901–1992) und der Illustratorin und Grafikerin Helga Knobloch (1924–2020).
Die Schenkung umfasst über 350 Arbeiten von Hans Christoph aus dem Zeitraum von 1930 bis 1982 und beinhaltet vorwiegend Ölgemälde sowie Gouachen, Aquarelle und Collagen. Christoph entwickelte ein eigenständiges Œuvre, das sich, nach einer figurativen Phase, ab den 1950er-Jahren bis zu seinem Tod zwischen Action Painting und Informel bewegte. Mit der umfangreichen Schenkung kann der Kunstbesitz seinen Sammlungsschwerpunkt zu abstrakter und konstruktivistischer Kunst in der DDR mit Werken von Hermann Glöckner, Karl-Heinz-Adler, Friedrich Kracht, Peter Albert, Manfred Luther und anderen weiter ausbauen. Die Schenkung wird 2023 im Rahmen der Bestandspräsentation zu den 1970er- und 1980er-Jahren im Kunstbesitz vorgestellt.
Der Fachbeirat für die Erweiterung der universitären Kunstsammlung der TUD entschied im Juni, Werke von Michael Klipphahn, Stefan Lenke und Gerda Lepke zu erwerben.
Das Bildnis »Mädchenkopf Remix« (2020) von Michael Klipphahn (geboren 1987, studierte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Prof. Ralf Kerbach, lebt in Dresden) entstand im vergangenen Jahr anlässlich der Sonderausstellung »Realismus und Ostmoderne« (Erwerbungen und Auftragsarbeiten der TUD aus den 1960er-Jahren) als Referenz an ein Porträt eines jungen Mädchens (1960) des Künstlers Franz Tippel (1923–2010), das sich in der Sammlung befindet. Als fotografische Reproduktion – eingespeist bei Google – zeigte die Suchmaschine mannigfaltige Ergebnisse bei der Bildersuche an. Klipphahn wählte aus diesen Beispielen eine Vorlage aus. Seine malerische Adaption stützt sich also auf eine algorithmisch generierte Darstellung, die ebenfalls ein braunhaariges Mädchen vor einem monochrom blauen Hintergrund zeigt. Die Variationen zwischen Original und Remix sind lediglich graduell, und genau in dieser subtilen Diskrepanz liegt das künstlerische Interesse Klipphahns begründet, der sich in seinem Werk mit der Dichotomie von Sein und Schein zwischen Realität und Virtualität und deren Übertragungsformen bzw. Brüchen befasst. Die beiden Porträts, zwischen deren Entstehungszeit 60 Jahre liegen, fungieren nun als Doppelbildnis und zeigen Coming-of-Age als Erforschung von Identität und Zeitlichkeit.
Von Stefan Lenke (geboren 1976 in Jena, studierte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Prof. Hans Peter Adamski und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Prof. Ingo Meller, lebt in Dresden) konnten die beiden Gemälde »flat« und »staircase« (jeweils 2020) erworben werden, die den Sammlungsschwerpunkt konstruktivistischer Kunst in Ostdeutschland weiter in die Gegenwartsmalerei überführen. Schichtungen, Verschränkungen in aufwändigen maltechnischen Prozessen auf Leinwand und Papier charakterisieren Lenkes Werk. In vorrangig dunkel gehaltenen Bildräumen von geschlossener Flächigkeit und illusionistischer Tiefe werden geometrische Körper sichtbar. Seine Malerei steht damit in der Tradition der abstrakten Avantgarde, zitiert die Farbfeldmalerei des 20. Jahrhunderts und verteidigt den radikal zweidimensionalen Bildraum und den Eigenwert von Farbe und Form. Lenke setzt in seinen geschichteten Werken der virtuellen Welt, der Digitalität unserer Zeit etwas ganz Eigenes entgegen: Zeitlichkeit und Tiefe.
Mit der Neuerwerbung »Hängender Ast« (2011) der Malerin und Grafikerin Gerda Lepke (geboren 1939 in Jena, Mitbegründerin der Dresdner Sezession 89, Kunstpreis der Stadt Dresden, 1993, Gründungsmitglied der Sächsischen Akademie der Künste, 1996, lebt in Wurgwitz und Gera) schließt sich eine Lücke im Bestand des Kunstbesitzes. Ihr Werk knüpft zugleich an die Schenkung Hans Christophs an, gilt sie doch als weitere zentrale Vertreterin des ostdeutschen Informel. Landschaft und Figur sind zentrale künstlerische Themen von Lepke, die sie seit den 1970er-Jahren in ihrem Œuvre verhandelt. Dabei nähert sie sich diesen Sujets über eine malerische Auseinandersetzung mit Farbe und Form an, ihr gestischer Pinselduktus ist charakteristisch.
Die erworbenen Werke gehen ein in den Bestand der TUD-Kunstsammlung. Sie werden in Ausstellungen präsentiert und dienen auch der Ausstattung von universitären Liegenschaften.
Dem Kunstbesitz-Beirat gehören an: Dr. Andras Handschuh, Kanzler der TU Dresden, Matthias Flügge, Rektor der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Dresden, und Dr. Manuel Frey, Stiftungsdirektor der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.
Weitere Informationen zum Kunstbesitz der TUD unter:
https://tud.link/chxs
Facebook: https://www.facebook.com/officeforacademicheritage/
Instagram: https://www.instagram.com/kustodie_tudresden
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 13/2021 vom 13. Juli 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.