Interview mit Sabine Flohr
Ich möchte gar nicht so herausstellen, dass es Gebärdennamen gibt. Es ist nichts Spezielles dabei, dass unsere Namen gebärdet werden. In der Gehörlosenkultur und -gemeinschaft ist es ganz normal. Das sind unsere Namen.
Das ist sehr individuell. Es kommt auf den Fleiß der lernenden Person und auch drauf an, wie viel Respekt die Person der Gebärdensprache entgegenbringt. Selbstverständlich hat auch die Zeit, die in das Lernen und Üben investiert wird, einen großen Einfluss. Je mehr geübt werden kann, um so schneller stellen sich die Erfolge ein.
Die Gebärdensprache hat kein Zeichensystem. Sie ist eine vollwertige Sprache mit eigener Struktur und Grammatik. Der größte Unterschied liegt eindeutig in der Sprachmodalität: die Gebärdensprache ist eine visuelle Sprache, die mit den Augen wahrgenommen wird. Die Lautsprache dagegen ist eine auditive Sprache, die mit den Ohren erfasst wird.
Na klar, selbstverständlich! Auch wenn sich die Gebärdensprachen in den Ländern sehr unterscheiden, erschließt es sich für uns recht schnell.
Ja, ich habe an der Schule Deutsch gelernt. Deutsch ist für mich eine Fremdsprache, die ich mir mühsam und mit viel Arbeit über die Schriftform aneignen musste. Da Deutsche Gebärdensprache und Deutsch unterschiedliche Grammatiken und Satzbau haben, habe ich Deutsch wie eine Fremdsprache gelernt.
Ein Albtraum wäre, wenn mein Mann im Traum anfängt, mit mir auditiv zu sprechen.
Gar nicht, da ich die hörende Perspektive nicht kenne.
Am meisten wünsche ich mir, dass Gebärdensprache respektiert und gewürdigt wird. Dass Menschen offen und mit weniger Hemmungen auf taube Personen zugehen.
Wir sind es inzwischen müde, immer wieder unsere Anliegen betonen und vortragen zu müssen. Seit Jahrzenten kämpfen wir um Gleichberechtigung und Barrierefreiheit, um Anerkennung und auch darum, einfach nur wahrgenommen zu werden. Das sollte inzwischen eine Selbstverständlichkeit sein, so wie es in anderen Ländern ist.
Also große Hindernisse gibt es zum Beispiel am Bahnhof. Je nach Bahnhof findet man nicht immer moderne, digitale Anzeigetafeln vor. Wenn ich am Gleis stehe, kann ich mir nicht immer sicher sein, ob der Zug kommt oder ausfällt, da diese Informationen über Lautsprecherdurchsagen mittgeteilt werden, die ich natürlich nicht hören kann. Ähnlich ergeht es mir im Zug, wenn er nicht zur eigentlichen Abfahrtszeit losfährt. Im Zug werden aktuelle Informationen zu Fahrtenänderungen via Lautsprecherdurchsage verkündet und ich bekomme es nicht mit.
Das ist schon eine große Barriere. Und wenn ich dann zum Informationsschalter gehe, um nachzufragen, ist die Kommunikation sehr mühsam und kaum möglich. Das ist schwierig.
Also wenn ich von einem Verbesserungsvorschlag träumen würde, dann, dass einfach alle Menschen gebärden können. Egal wo ich dann hingehe oder einen Termin habe, ich kann mich ganz einfach in Gebärdensprache verständigen. Oder wenn ich einen Vortrag besuchen würde und einfach alles in Gebärdensprache ablaufen würde. Damit würde ich mich natürlich sehr gut und wohl fühlen.
Ich kann den Film "Coda" empfehlen. Wer mehr über die Filmhandlung erfahren möchte und Interesse an dieser Thematik hat, der sollte sich ihn unbedingt anschauen. Ein Buch, dass ich auch empfehlen kann, nennt sich "Handbuch Deutsche Gebärdensprache". Man findet auch viele Informationen im Internet, zum Beispiel auf der Seite "Taubenschlag".
Wie eben angerissen, gibt es inzwischen viele Angebote im Internet, wo man sich Gebärdensprache ansehen und abschauen kann. Wer jedoch richtig in die Gebärdensprache einsteigen will, ist mit einem Präsenzkurs vor Ort besser bedient. Denn: in der Gebärdensprache gibt es Dialekte und überall wird anders gebärdet. Deswegen kann es aus Unwissenheit und Unerfahrenheit passieren, dass man bayrische Gebärden lernt, obwohl man in Sachsen wohnt. Das kann bei einem Präsenzkurs nicht passieren.