Mar 10, 2022
Dissertation zu wissenschaftlichen Kontroversen im Physikunterricht
Erkenntnisgewinnung ist in den Naturwissenschaften untrennbar mit wissenschaftlichen Kontroversen verbunden. Die Auseinandersetzung mit solchen Kontroversen besitzt daher auch für den Physikunterricht einen besonderen Bildungswert, dessen Nutzung maßgeblich durch die jeweilige Lehrkraft und die Gestaltung des Unterrichts bestimmt wird.
Bisher wurde in der Fachdidaktik der Umgang mit wissenschaftlichen Kontroversen im Unterricht jedoch kaum erforscht. In seiner Dissertation untersuchte Erik Heine, wie Physiklehrkräfte und Physiklehramtsstudierende mit wissenschaftlichen Kontroversen, die für den Physikunterricht relevant sind, umgehen und inwieweit sie deren Bildungspotenzial im Unterrichtskontext ausschöpfen. Die Fragestellung der Arbeit wurde in einer explorativ-qualitativen Laborstudie mit sächsischen Physiklehrkräften und Physiklehramtsstudierenden untersucht, bei der die wissenschaftliche Kontroverse um den Begriff der Masse in der Speziellen Relativitätstheorie als Erhebungskontext gewählt wurde.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Befragten aufgrund der Konfrontation mit verschiedenen wissenschaftlichen Positionen ihr eigenes Wissen reflektieren, sich inhaltlich tiefgründig mit den Aussagen und Argumenten auseinandersetzen, sich selbst positionieren und Konsequenzen für den Physikunterricht ableiten. Mithilfe der Daten konnten die Handlungsintentionen und -möglichkeiten der (angehenden) Physiklehrkräfte im Zusammenhang mit einer wissenschaftlichen Kontroverse im Unterrichtskontext beschrieben werden. Dabei zeigt sich, dass diese Kontroverse den Befragten Lerngelegenheiten zur Thematisierung von Aspekten der „Nature of Science“, wie beispielsweise die Vorläufigkeit und Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse, im Physikunterricht ermöglicht. Insgesamt deuten die Daten darauf hin, dass bei den Lehramtsstudierenden möglicherweise eher mit einer offenen Haltung gegenüber unterschiedlichen, kontroversen fachwissenschaftlichen Positionen und einer tendenziell weniger gefestigten eigenen Fachposition gerechnet werden kann als bei den Lehrkräften. Das Promotionsprojekt konnte am 21.02.2022 mit der Verteidigung an der Fakultät Physik der TU Dresden abgeschlossen werden.
Erik Heine arbeitete seit 2017 als abgeordneter Lehrer im Hochschuldienst am ZLSB und der Professur für Didaktik der Physik (Prof. Dr. Gesche Pospiech) der TU Dresden. Im März 2022 endete seine Tätigkeit an der TU Dresden, da er nun als Landeskoordinator für Bildung für nachhaltige Entwicklung am sächsischen Staatsministerium für Kultus wirken wird. Dabei wird der Kontakt zum ZLSB auch in Zukunft bestehen bleiben.