Bisherige Pflanzen der Woche - Die Gold-Opuntie
Die Gold-Opuntie - Opuntia microdasys (Lehm.) Pfeiff
Wer unsere aktuelle Pflanze der Woche besuchen möchte, muss den Blick bis in die hinterste Ecke der Glasvitrine im Wüstenpflanzenhaus schweifen lassen: Dort wächst die Gold-Opuntie. Ihre flachen Sprossglieder tragen goldgelbe runde Polster aus sogenannten Glochiden. Es handelt sich dabei um kleine borstenartige Dornen, die sich sehr leicht von der Pflanze lösen. Sie sind typisch für Feigenkakteen (Opuntia und ihr nahestehende Gattungen). Viele feine Widerhaken auf der Oberfläche der Glochiden sorgen dafür, dass sie bei Berührung in der der Haut wie Harpunen steckenbleiben und abbrechen. Der samtweiche Eindruck, den die Gold-Opuntie aus der Ferne vermittelt, täuscht also sehr - Streicheleinheiten sind nicht zu empfehlen.
Doch die Glochiden schützen die Pflanze in der nordamerikanischen Chihuahua-Wüste nicht nur vor hungrigen Tieren. Es ist schon lange bekannt, dass die Dornen einiger Kakteen Tau oder Nebel aus der Luft kämmen können. Die kondensierten Wassertropfen fallen zu Boden, wo die Wurzeln sie aufnehmen. Die Glochiden der Gold-Opuntie können aber noch mehr. Sie leiten die Wassertropfen –ohne den Umweg über den Boden – gleich direkt zum Spross und überwinden dabei sogar die Schwerkraft. Die leicht kegelige Form, die Anordnung der Widerhaken sowie von mikroskopisch kleinen Kerben spielen so zusammen, dass sich der kondensierende Tropfen aufgrund des kapillaren Krümmungsdrucks nach der Laplace-Gleichung zur Basis der Glochiden hinbewegt. Dort befinden sich Haare, die das Wasser aufnehmen und es ins Innere des Sprosses leiten. Die chinesischen Wissenschaftler, die dieses System entdeckten, entwickelten einen „Nebelkollektor“ nach dem Vorbild der Gold-Opuntie, der es Menschen bei Wasserknappheit in geeigneten Gebieten möglich machen soll, Tau und Nebel effektiver als bislang für die Trinkwasserversorgung zu nutzen. (KW 39/2020)