Warum Baugeschichte?
Bauliches Gestalten war immer abhängig von vielfältigen kulturellen Rahmenbedingungen – von Weltbildern, Denkweisen und Gesellschaftsstrukturen, von Formauffassungen, Materialien und technischen Möglichkeiten. Architektur ist somit stets Kind ihrer Zeit, und wer Architektur entwirft, ist in jedem Fall zur historischen Standortbestimmung aufgerufen, zur Positionierung der eigenen Haltung innerhalb des Kontinuums der Geschichte und der Kulturen. Ganz gleich, ob diese Haltung bejahend oder ablehnend, traditionsbewusst oder rebellisch ist, sie benötigt zu ihrer Begründung zweierlei: Die Kenntnis der technisch-künstlerischen Entwicklungen, denen die heutige bauliche Umwelt ihr Erscheinungsbild verdankt, und das Wissen um die Herkunft des eigenen Berufs, dessen Selbstverständnis, dessen Ausrichtung und dessen gesellschaftliche Rolle ebenso zeitgebunden und wandelbar sind wie das Bauen selbst. Das Verhältnis zwischen Architekt und Auftraggeber spielt hierbei natürlich eine Rolle, aber auch die historische Bedingtheit von Bauaufgaben, Tätigkeitsfeldern, Ausbildungswegen und Entwurfsmethoden. Das Fach Baugeschichte soll ein Gespür für diese komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen wecken und über die reine Wissensvermittlung hinaus Anregungen zur Selbstreflexion und zu einer ergebnisoffenen Weiterbeschäftigung mit den angesprochenen Themen geben.