Bert Schädlich
Numerische Untersuchungen zum Erddruck mittels eines elastoplastischen Stoffgesetzes mit Entfestigung
Zielstellung
Thema der Diplomarbeit war die Berechnung des passiven und aktiven Erddrucks auf eine im Boden eingebettete Stützwand. Dabei wurde ein elastoplastisches Stoffgesetz mit Entfestigung, d.h. mit Reduzierung der Scherfestigkeit bei großen Dehnungen, verwendet. Grundlage und Referenz für die Berechnungen zum passiven Erddruck waren die Modellversuche von BARTL am IGT Dresden.
Die Größe, Verteilung und Mobilisierung des aktiven und passiven Erddrucks auf Stützwände im Erdreich ist von vielfältigen geometrischen und materialseitigen Randbedingungen abhängig. Diese Einflussgrößen können in den in der Praxis verwendeten Tabellenwerken nur unzureichend erfasst werden. Insbesondere wird der Abhängigkeit des Erddrucks von der Wandbewegungsart und der Lagerungsdichte des Bodens nicht ausreichend Rechnung getragen.
Wandbewegungsarten und zugehörige Erddruckverteilungen Eine Alternative stellen Berechnungen mit numerischen Methoden (FEM, DEM, REM) dar. Diese Verfahren sind in der Lage, verschiedenste geometrische Randbedingungen zu erfassen. Ausschlaggebend für die Qualität der Berechnungsergebnisse ist jedoch eine möglichst wirklichkeitsnahe Abbildung des Last-Verformungsverhalten des Bodens.
- Im Rahmen der Diplomarbeit wurde ein Stoffgesetz entwickelt, welches die folgenden Bodeneigenschaften berücksichtigen kann:
- Entfestigung (Abfall des Scherfestigkeit mit zunehmender Schubdehnung)
- Spannungsabhängigkeit der Bodensteifigkeit (Steifigkeits-zunahme bei höherem Spannungsniveau)
- Inhomogene Verteilung der Eigenschaften im Bodenkörper
Umsetzung
Die Berechnungen wurden mit dem FE-Programm PLAXIS durchgeführt. Das dabei verwendete Stoffgesetz wurde in der Programmiersprache FORTRAN umgesetzt. Die zu untersuchenden Bodeneigenschaften wurden dabei wie folgt umgesetzt:
Entfestigung
Spannungsabhängige Bodensteifigkeit
Die elastische Steifigkeit E wurde in Abhängigkeit von der mittleren Spannung p ausgedrückt:
Inhomogen verteilte Bodeneigenschaften
Zur Beschreibung der statistischen Verteilung des Reibungswinkels b wurde eine Normalverteilung in den Elementen des FE-Netzes angenommen.
Modellierung und Berechnung
In den Berechnungen wurden verschieden stark vernetzte FE-Modelle verwendet, um den Einfluss der Netzdichte auf die Ergebnisse zu untersuchen. Zusätzlich wurde die Rauhigkeit der Verschiebewand variiert.
Ergebnisse:
Prinzipiell war es möglich, mit den Eingangsparametern aus der Rückrechnung der Elementversuche auch in der Nachrechnung der Erddruckversuche eine Reduzierung des passiven Erddrucke mit fortschreitenden Verschiebungen zu erzeugen.
Entwicklung des passiven Erddrucks mit zunehmender Wandverschiebung Allerdings traten bei Verwendung unterschiedlicher Dilatanzwinkel psi und feinerer Diskretisierung des FE-Netzes auch stark unterschiedliche Mobilisierungskurven des passiven Erddruckes auf. Eine Verfeinerung des verwendeten finite Elemente Netzes führte dabei nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung der Ergebnisse.
Die abnehmenden Spitzenwerte des Erddrucks und die schnellere Entfestigung können auf die Ausbildung unterschiedlich breiter Scherfugenbänder im FE-Netz zurückgeführt werden. Erreicht ein finites Element in dem verwendeten elastoplastischen MOHR-COULOMB-Stoffgesetz seine Festigkeit, so führen weitere Verschiebungen nicht zu zusätzlichen Widerständen, da das Element in den plastischen Zustand übergeht. Es hat sich gezeigt, dass die plastizierten Elemente eine Zone in Elementdicke (Scherfuge) ausbilden. Bei Verwendung kleinerer durchschnittlicher Elementgrößen (Erhöhung der Netzdichte) wächst zwangsläufig die Schubdehnung in diesen Elementen an. Mit dem hier verwendeten dehnungsgesteuerten Entfestigungsansatz setzt die Entfestigung daher früher ein.
Eine echte Prognose des passiven Erddruckes im Sinne einer Vorhersage auf Basis von Eingangsdaten aus Standardversuchen war damit nicht möglich. Grund dafür ist das Versagen elastoplastischer Stoffgesetze beim Auftreten diskreter Bruchfugen im Kontinuum des Bodens.
Zusammenfassung:
Ziel der Diplomarbeit war die Untersuchung des Mobilisierungsverhaltens des passiven und aktiven Erddruckes auf eine Stützwand bei Parallelverschiebung, Kopf- und Fußpunktdrehung mit numerischen Berechnungsverfahren. Für den passiven Erddruck wurden die Modellversuche von BARTL als Vergleichsgrundlage verwendet. Zur Beschreibung des Verformungsverhaltens des Bodens wurde ein elastoplastisches Stoffgesetz mit MOHR-COULOMB-Versagenskriterium und Berücksichtigung von Materialentfestigung entwickelt.
- Bei den Untersuchungen wurden folgende Effekte beobachtet:
- Die Berücksichtigung des Dilatanzwinkels in dem numerischen Modell verbesserte zwar die Stabilität der numerischen Berechnung, führte aber zu einem wesentlich steiferem Verhalten als im Modellversuch.
- Simulationen bei variierender Dichte des FE-Netzes lieferten unterschiedliche Mobilisierungskurven des Erddruckes. Dabei nahm mit steigender Netzfeinheit die Instabilität der Simulation zu und der Maximalwert des passiven Erddruckes ab.
- Die durchgeführten Parameteruntersuchungen (Variation der Wandrauhigkeit, Bodenheterogenität und Wandsteifigkeit) lieferten dennoch qualitativ plausible Ergebnisse.
Das verwendete elastoplastische Stoffgesetz mit Entfestigung ist nicht geeignet, die in den Modellversuchen beobachtete Mobilisierung des passiven Erddruckes quantitativ richtig vorherzusagen. Grund hierfür sind die prinzipiellen Probleme elastoplastischer Stoffgesetze in numerischen Verfahren mit Diskretisierung des Kontinuums (FEM, DEM) bei Auftreten von Bruchfugen.
Wissenschaftliche Betreuer:
Head of Institute of Geotechnical Engineering
NameUniv.-Prof. Dr.-Ing. habil. Ivo Herle
Head of Chair of Soil Mechanics and Foundation Engineering
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Chair of Soil Mechanics and Foundation Engineering
Visiting address:
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on appointment
Dr. M. Arnold, Technische Universität Dresden