Uta Winde
Berechnung einer Schlitzwand mit konventionellen und numerischen Verfahren
Einleitung
Baugruben sind heute allgegenwärtig. Sie werden zur Herstellung von Gebäuden, Tunnel oder auch Pfeilern benötigt. Für viele Baugruben ist die Sicherung der Baugrubenwandung notwendig, da die Platzverhältnisse eine Böschung nicht zu lassen oder der umgebende Boden nicht standfest genug ist. Vor allem im innerstädtischen Bereich sind tiefe Baugruben mit einer Böschung nicht zu realisieren. Zur Sicherung der Baugruben können unterschiedliche Bauverfahren angewendet werden, welche nach verschiedenen Kriterien ausgewählt werden. Zu diesen Kriterien gehören unter anderem der Grundwasserstand, die Verformungsempfindlichkeit der Baugrubenumgebung, der vorhandene Baugrund, die Kosten und der Platzbedarf für die Baustelleneinrichtung. Im Rahmen dieser Arbeit wird eine fiktive Baugrube im Grundwasserbereich untersucht. Diese Baugrube wird auf Grund ihrer Tiefe mit einer Steifenlage gestützt (einfach gestützt). Damit eine Baugrube im Grundwasser trocken hergestellt werden kann, sind wasserdichte Baugrubenwände und eine wasserdichte Sohle notwendig. Als Sicherung der gegebene Baugrube werden Schlitzwände verwendet. Die Herstellung sowie den Stand der Technik zur Herstellung der Schlitzwand wird in dieser Arbeit untersucht. Für die betrachtete Baugrube wurden unterschiedliche Verfahren der Sohlabdichtung untersucht und eine Variante für die Berechnung der vorhandenen Baugrube gewählt. Weiterhin wird die Standsicherheit der Baugrube mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden im Hinblick auf die jeweilige Einbindetiefe, die Schnittkräfte und die Auflagerreaktionen untersucht. Die Berechnung der Baugrube erfolgte mit einem konventionellem Verfahren, mit dem Bettungsmodulverfahren und der Finite-Elemente-Methode (FEM). Für die Berechnung der betrachteten Baugrube wurden verschiedene Bauausführungen, wie zum Beispiel mit und ohne Einbau einer Sohlkonstruktion untersucht.
Baugrube
Die gegebene Baugrube ist in der Abbildung 1 dargestellt. Merkmale der Baugrube: Steifenlage bei -1,5 m unter Geländeoberkante Zwei Auflasten (ständig und veränderlich) Grundwasserstand bei -4,0 m unter Geländeoberkante Baugrubenwand ist eine Schlitzwand
Berechnungsannahmen und berechnete Modelle
Für die verwendeten Erddruckbeiwerte sind die Tabellenwerte für ebene Gleitflächen (aktiver Erddruck) bzw. für gekrümmte Gleitflächen (passiver Erddruck) zu Grunde gelegt worden. Die benötigten Teilsicherheitsbeiwerte sind der DIN 1054 entnommen worden. Weiterhin wurde die Erddruckverteilung und die Erddruckumlagerung nach der EAB bestimmt. Die Berechnung der Einbindetiefe erfolgte mit einer freien Auflagerung der Baugrubenwand im Fußbereich. Für die Berechnung wurden drei verschiedene Bauausführungen verwendet (System I bis III). Diese unterscheiden sich in der Aushubtiefe, dem Grundwasserstand nach der Grundwasserabsenkung und der Abdichtung der Baugrubensohle.
- System I: mit Sohlkonstruktion (simuliert durch eine Auflast und eine Steife), Baugrubensohle und Grundwasser bei -8,0 m
- System II: ohne Sohlkonstruktion, Baugrubensohle und Grundwasser bei -8,0 m
- System III: ohne Sohlkonstruktion, Baugrubensohle und Grundwasser bei -6,0 m
Konventionelle Berechnung
Bei der Anwendung des konventionellen Verfahrens wird die Baugrubenwand als Träger auf Stützen angesehen, diese sind für die durchgeführten Berechnungen als unnachgiebig angenommen worden. Eine Berechnung mit einem Trägermodell wird bei einfachen Randbedingungen verwendet und wenn Verformungen der Baugrubenwand bzw. des umgebenden Erdreiches nicht von Bedeutung sind. Die Berechnung der Einbindetiefe mit einem Trägermodell nach Blum wurde für die verschiedenen Systeme (I bis III) je einmal per Handrechnung und je einmal per Programmberechnung (GGU-Retain) durchgeführt. Die Handrechnung diente hierbei als Kontrolle der Ergebnisse der Programmberechnung. Für das System I (mit Sohlkonstruktion) wurde hierbei eine starre und eine biegsame Sohle betrachtet. Für die Baugrubenwand wurden außerdem die Standsicherheitsnachweise für den Grenzzustand GZ 1 nach der DIN 1054 geführt.
Bettungsmodulberechnung
Bei dem Bettungsmodulverfahren wird die Annahme getroffen, dass die Baugrubenwand im Bereich der Ein-bindetiefe im streng mathematischen Sinne elastisch gebettet ist. Diese elastische Bettung wird mit einer Bodenkenngröße, dem Bettungsmodul, beschieben. Der Bettungsmodul ist keine Bodenkonstante, die im Labor bestimmt werden kann, sondern ist von der Spannung und der Verformung des Bodens abhängig. Der Bettungsmodul wurde für die Berechnungen nach den Empfehlungen der EAB EB 102 bestimmt, hiefür wurden die Auflast durch den Baugrubenaushub mitbeachtet. Die Berechnungen erfolgten für die Systeme I und III zum einen mit dem bestimmten Bettungsmodul und zum anderen mit einem aus dem bestimmen Bettungsmodul gemittelten Wert.
FEM-Berechnung
Bei einer FEM-Berechnung erfolgt die Einteilung des vorhandenen Bodens in einzelne Elemente. Für die durchgeführten Berechnungen wurde der vorhandene Boden in dreiecksförmige Elemente mit 15 Knoten unterteilt und als ebenes Problem (sehr langgestreckte Baugrube) betrachtet. Die Berechnung erfolgte in einzelnen Phasen, welche den Aushub darstellen. Weiterhin wurde für die Berechnung der Systeme I und III zwei verschiedene Stoffgesetze, das Mohr-Coulomb-Modell (MC-Modell) und das Hardening-Soil-Modell (HS-Modell) angewendet. Zur Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen dem Boden und der Baugrubenwand wurden Interface-Elemente angeordnet.
Vergleich der Berechnungsergebnisse
Der Vergleich erfolgt für das System I und III in Bezug auf die Einbindetiefe und die Biegemomentenverteilung.
Auswertung der Ergebnisse (für alle Systeme): Einbindetiefen weichen für die unterschiedlichen Berechnungsverfahren stark voneinander ab Biegemomentenverteilungen stimmen gut überein (Abweichungen durch verschiedene Einbindetiefen) maximale Wandverschiebungen für System I treten am Wandkopf auf maximale Wandverschiebungen für System III treten im Bereich der Baugrubensohle auf
Zusammenfassung
Es lässt sich sagen, dass die Berechnung mit konventionellen Verfahren gut geeignet ist, wenn als Berechnungsergebnisse nur die Einbindetiefe und die Schnittgrößen gefordert sind. Für genauere Bestimmung der Verformung der Baugrubenwand sollte das Bettungsmodulverfahren verwendet werden, wobei die Berechnung des Bettungsmoduls und die Festlegung des Bettungsmodulsverlaufes sehr sorgfältig durchgeführt werden muss. Um Verformungen nicht nur von der Baugrubenwand, sondern auch von dem umgebenden Bereich zu erhalten, kann die FEM-Berechnung angewendet werden.
Bearbeitungszeitraum:
06/2006 - 09/2006
Wissenschaftlicher Betreuer:
Leiter des Institutes für Geotechnik
NameUniv.-Prof. Dr.-Ing. habil. Ivo Herle
Leiter Professur für Bodenmechanik und Grundbau
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Dr. A. Winkler, Technische Universität Dresden