Untersuchungen zu Verjüngungsdynamik und Störungsregime in Laubwäldern Nordost-Deutschland
Im Rahmen des Waldklimafonds-Projekts FOMOSY-KK "Entwicklung eines forstlichen Monitoringsystems unter Berücksichtigung von Kohlenstoffspeicherung und Klimaanpassung" beschäftigt sich das hier vorgestellte Teilprojekt 4 mit der Untersuchung von Verjüngungsdynamik und Störungsregime in Laubwald-Beständen der Rostocker Heide in Norddeutschland.
Die Ziele dieses Teilprojektes beinhalten (a) eine Lückeninventur, bzw. die Erfassung der aktuellen Lückengrößen-Häufigkeitsverteilungen und Lückenanteilsflächen in den verschiedenen Waldbeständen - drei Bestandestypen (Stieleiche, Rotbuche und Birke) in jeweils zwei Altersklassen und Bewirtschaftungsarten - sowie (b) die Untersuchung von natürlichen Verjüngungsprozessen in verschieden großen, z.T. selbst angelegten und jährlich untersuchten Lücken (echte Zeitreihen). Die statistische Auswertung wird die Modellierung der Wald- und Kohlenstoffdynamik mithilfe lineare und generalisierter gemischter Modelle, sowie die räumliche Verjüngungsmodellierung mithilfe von Punkt-Prozess-Statistik umfassen.
Im Zuge der Lückeninventur werden Kronendach-Lücken (nach Definition von RUNKLE 1982 sogenannte "canopy gaps") stichprobenhaften in allen 12 ausgewählten Beständen, mithilfe des von RUNKLE 1982 vorgestellten und inzwischen etablierten (vergl. WHITE ET AL. 1985, HUTH & WAGNER 2006) Linien-Transekt-Verfahrens, erfasst. Hierbei werden parallel verlaufende Transekte in definierten Abständen in den Waldflächen eingemessen. Jede, von diesen Transekt-Linien geschnittene, Lücke wird erfasst und bezüglich diverser Merkmale (Größe, Form, Ausrichtung, Alter und Entstehung) untersucht (vergl. RUNKLE 1992). Ziel dieses ersten Arbeitsschrittes ist die detaillierte Beschreibung und Auswertung der Störungsregime in den verschiedenen Bestandesstraten (Hauptbaumart; Altersklasse; Bewirtschaftungsarten).
In der Folge werden 24 repräsentative Lücke in drei verschiedenen Größenklassen (vergl. Lückeninventur) in den vier Eichen- und Buchen-Wirtschaftswaldflächen angelegt und, bezüglich der Verjüngungsdynamik, näher untersucht.
Die Untersuchung künstlicher, anstatt natürlicher Lücken birgt hierbei entscheidende Vorteile. So ist es möglich, die den Inventurergebnissen entsprechend definierten, typischen Lückengrößenklassen in jedem Bestand wiederholt zu erzeugen. Dies ist besonders aufgrund der Seltenheit größerer natürlicher Lücken bedeutsam (vergl. WAGNER ET AL. 2010, KERN ET AL. 2014). Ferner ist im Falle der künstlichen Lücken der Entstehungszeitpunkt, bzw. das Alter, bekannt und für alle Lücken identisch. Die Altersermittlung von natürliche Lücken ist demgegenüber aufwendig und bisweilen ungenau (vergl. RUNKLE 1992). Darüber hinaus ist die Altersstruktur der natürlichen Lücken in den untersuchten Beständen divers.
Entlang eingenordeter Kreuztransekte werden in den künstlichen Lücken, ausgehend vom Lückenzentrum bis in den umgebenden Bestand hinein (Erweiterung der Lückendefinition im Sinne der "expanded gap" nach Runkle 1982), dauerhafte Probeplots (1m²) angelegt. Hier werden Wachstums- und Zuwachsdaten, Häufigkeiten der Baumarten sowie die Begleitvegetation jährlich erfasst. Strahlungsmessungen und hemisphärische Fotografien unterlegen die ggf. kleinräumig heterogenen Umweltbedingungen. Weitere Datensätze verjüngungsrelevanter Umweltfaktoren (z.B. Boden- und Klimadaten) werden von den übrigen Teilprojekten bereitgestellt.
Besonders die Wechselwirkungen zwischen Autökologie der beteiligten Baumarten und variierenden Umweltbedingungen in verschieden großen Lücken, bzw. in bestimmten Kompartimenten dieser, steht im Fokus dieser Untersuchung (vergl. Gap Partitioning Hypothesis nach RICKLEFS 1977). Hintergrund sind die Interpretationsmöglichkeiten des artspezifischen Verjüngungserfolges unter verschiedenen Umweltbedingungen. Erkenntnisse über das Verjüngungspotential beteiligter Arten, besonders im Zuge des Klimawandels, werden angestrebt. Ferner wird der Effekt von Samenmutterbaum-Distanzen zu den Lücken auf den Verjüngungserfolg untersucht. Somit sind ggf. Empfehlungen für die Bewirtschaftung von Mischbeständen (Mischungsart,-form und-grad), die das Verjüngungspotential der beteiligten Arten optimal ausschöpfen, ableitbar.
Literaturverzeichnis
HUTH, F. UND WAGNER, S. (2006). Gap structure and establishment of silver birch regeneration (Betula pendula Roth.) in Norway spruce stands (Picea abies L. Karst.). Forest Ecology and Management, 229:314–324.
KERN, C. C.; MONTGOMERY, R. A.; REICH, P. B. UND STRONG, T. F. (2014). Harvest-Created Canopy Gaps Increase Species and Functional Trait Diversity of the Forest round-Layer Community Forest Science, Society of American Foresters, 60, 335-344
RICKLEFS, R. E. (1977). Environmental heterogeneity and plant species diversity: A hypothesis. The American Naturalist, 111:376–381.
RUNKLE, J. R. (1982). Patterns of disturbance in some old-growth mesic forests of eastern north america. Ecology, 63:1533–1546.
RUNKLE, J. R. (1992). Guidelines and sample protocol for sampling forest gaps. Technical Report PNW-GTA-283, USDA Forest Service, Paci?c Northwest Research Station.
WAGNER, S.; FISCHER, H. UND HUTH, F. (2010). Canopy effects on vegetation caused by harvesting and regeneration treatments. European Journal of Forest Research, 130:17-40