Studieren an der Professur für Waldbau
Es ist zentrales Anliegen und Herausforderung unserer Professur, den Studierenden durch eine Bandbreite an Lehrveranstaltungen und Lehrformen diese Disziplin anschaulich zu vermitteln und sie für die komplexen Zusammenhänge zu begeistern.
Lehrveranstaltungen im Fach „Waldbau“
Die lange Tradition des Waldbaus reicht bis in das 18. Jahrhundert. Es war Heinrich Cotta, der den Begriff „Waldbau“ prägte, erstmals in seinem damals wegweisenden Werk Anweisung zum Waldbau (1817).
Auf der Basis von Empirie (Erfahrung und Beobachtung), Logik (gesetzmäßige Schlussfolgerung) und schließlich wegweisender wissenschaftlicher Forschung entwickelte sich schließlich ein moderner Waldbau. Mit ihm verfügen wir heute über eine solide Palette an vielfältigen Möglichkeiten, einen vitalen, leistungsfähigen und den geforderten Ökosystemdienstleitungen gemäßen Wald zu etablieren, zu gestalten, zu ernten und zu verjüngen.
Es ist zentrales Anliegen und Herausforderung unserer Professur, den Studierenden durch eine Bandbreite an Lehrveranstaltungen und Lehrformen diese Disziplin anschaulich zu vermitteln und sie für die komplexen Zusammenhänge zu begeistern.
Selbstverständlich haben sich waldökologisches Wissen wie waldbauliche Methodik dynamisch entwickelt. Zwar lassen sich verschiedene wichtige Entwicklungsrichtungen absehen; was für Absolventinnen und Absolventen aber im Laufe ihres späteren Berufslebens insgesamt an Wissen essentiell bleibt, lässt sich heute kaum entscheiden. Selbst wenn es sich absehen ließe, wäre es in seiner Gesamtheit gewiss im Rahmen eines Studiums in keiner Weise vermittelbar.
Deshalb ist es Ziel, Studierenden mehr zu vermitteln als „nur“ Fakten. Es werden vielmehr Themengebiete selbständig im Hinblick auf relevante Akteure (Waldbesitzer), Zielsetzungen (Waldfunktionen und -dienstleistungen) und Rahmenbedingungen (Klimawandel) strukturiert. Damit wird es den Absolventinnen und Absolventen ermöglicht, das im Studium erworbene Waldbau-Wissen kontextabhängig auf neue Problemstellungen und Situationen anzuwenden. Die Lehrveranstaltungen im Waldbau sollen also dazu beitragen, relevantes Wissen als solches zu erkennen, strukturierte Lernprozesse selbständig zu organisieren und Erkenntnisse zur Waldbehandlung bei Bedarf zu erweitern oder neu zu generieren.
Herausforderungen der guten Waldbau-Lehre – im Bachelor- und im Masterstudium
Bachelor-Studium
Der Forst-Bachelor ist als erster berufsbefähigender Abschluss an deutschen Hochschulen etabliert, und es zeigt sich im Vergleich zu den früheren Curricula an den Universitäten, dass es gute Berufschancen auch nach diesen drei Jahren Studium gibt. Ein zentrales Ziel der Bachelor-Lehrveranstaltungen auch und besonders im Fach Waldbau ist daher die Vorbereitung auf ein spezifisches berufliches Tätigkeitsfeld bzw. ein mögliches Tätigkeitsspektrum.
Daraus ergeben sich Herausforderungen für unsere Lehre: Sie dient der Orientierung über Berufsbilder und mögliche Karrierewege in der Praxis, die heute einfacher beschritten werden können als noch vor 25 Jahren. Dies ist wichtig, um Lernbereitschaft und Eigeninteresse zu erzeugen und die damit verbundene Lernmotivation über den Studienverlauf hinweg aufrecht zu erhalten.
Im Bachelorstudium zielen die Lehrveranstaltungen auf die Vermittlung theoretisch fundierten Fachwissens ab. Die Lehr-Module sind ausnahmslos interdisziplinär gestaltet und werden mit Kollegen vernetzter Institute organisiert. Sie beinhalten eine begrenzte Spezialisierung auf Basis eines breiter gefächerten Grundwissens.
Die Lehre der Professur für Waldbau beginnt im Bachelorstudium der Forstwissenschaften daher erst im zweiten Studienjahr, zu einem Zeitpunkt nämlich, da ein Fundament für das Verständnis der biotischen und abiotischen Prozesse im Waldökosystem bereits gelegt ist: Boden-, Standortskunde und Stoffhaushalt, Botanik und Dendrologie, Wildökologie, Waldmesslehre und Biometrie.
Wir starten deshalb im dritten Semester mit einer praxisorientierten Einführung in die Bestandespflege von Wäldern der gemäßigten Breiten und deren technologischer Umsetzung (B11). Im vierten Semester folgen die „Hiebsarten, Naturverjüngungsverfahren und genetische Implikationen“ (B16), sowie zusammen mit den Kollegen der Forstlichen Ressourcenökonomie die „Rentable Bestandeswirtschaft“ (B15) und schließlich im fünften Semester alle wichtigen waldbaulichen Belange im Kontext der Kunstverjüngung und Aufforstung (B33). Erst im Masterstudium vertiefen wir die Funktionsorientierung des Waldbaus und die spezielle Ökologie der natürlichen Waldverjüngung.
Bereits im Bachelor dienen unsere Lehrveranstaltungen im Waldbau stets auch der Ausbildung eines analytischen und strukturierten Denkens. Damit verbunden ist die Schulung der Fähigkeit, zu abstrahieren und theoretisches Wissen der vorangegangenen oder parallel gelesenen Grundlagenfächer wie Biometrie, Bodenkunde, Naturschutz, Ökologie oder Ertragskunde unter Berücksichtigung konkreter Rahmenbedingungen zu verdichten und auf waldbauliche Fragestellungen zu übertragen. Bei den Modulen im Waldbau wird also ein Grundstein gelegt für ein späteres kontextabhängiges Problemlösungsverhalten.
Master-Studium
Das Grundlagenwissen und die begrenzten Spezialkenntnisse der Bachelor-Ausbildung werden im Masterstudium erweitert. Im Rahmen der Module „Betriebsplanung und Betriebsführung im Zuge einer funktionsorientierten Waldbewirtschaftung“ (FOMF 2) und „Lebensraumgestaltung in Wäldern“ (FOMF14) wird die eigene Positionierung der Studierenden angestrebt. Das setzt voraus, dass voneinander (auch nur vermeintlich) abweichende Lehrmeinungen definiert und interpretiert werden. Daran ist eine weitere Anforderung an die waldbauliche Ausbildung geknüpft: Die Hochschullehre im Waldbau soll die Studierenden selbst-bewusst machen und wird sich nicht der Auseinandersetzung mit den eigenen Lehrinhalten und Lehrmeinungen entziehen. Mehr noch: Sie muss genügend Raum für Gegenansichten und -erfahrung lassen. So hoffen wir den Anspruch umsetzen, bei der Masterausbildung im Waldbau sowohl künftige Forscher als auch Führungskräfte auszubilden.
Spätestens hier im Masterstudium werden die Studierenden selbstverständlich in Lehr-Lern-Arrangements eingebunden, die sie dazu auffordern, sich aktiv an Forschung und Lehre zu beteiligen und mitverantwortlich für ihre eigenen Fortschritte und Erkenntnisse zu werden. Die Lehrveranstaltungen sind - gleichermaßen für Vorlesung, Übung oder Exkursion - so angelegt, dass jeweilig exemplarisch Fragestellungen erarbeitet werden und das Arbeitsfeld „Waldbau-Forschung“ auch in der Lehre selbstverständlich wird.
Insbesondere in der Waldbau-Lehrveranstaltung „Lebensraumgestaltung in Wäldern“, die zusammen mit den Kollegen der Forstzoologie organisiert ist, werden eigene forschungsbasierte Arbeiten durchgeführt, deren Ergebnisse in den Seminaren diskutiert werden. So entstehen kleinere Forschungsprojekte, die im Rahmen einer Lehrveranstaltung durchgeführt und auswertend zusammengefasst werden.
Ein weiteres Kennzeichen der Lehr-Konzeption besteht in der Möglichkeit für Studierende, sich bei Forschungsprojekten selbstverständlich in die Entwicklung, Durchführung und Auswertung einzubinden und so forschende Qualifikationen zu erwerben. Die Studierenden können unterschiedliche Anforderungen ihrer Prüfungsordnung, wie z. B. Tutorentätigkeit oder Projektscheine, Belegarbeiten oder aus den Forschungsprojekten an der Waldbau-Professur erwachsene Qualifikationsarbeiten (Masterarbeiten) bearbeiten und gleichzeitig wissenschaftliche Forschungen mit gestalten. So basieren z.B. die studienbegleitenden Belegarbeiten maßgeblich auf der Mitarbeit in einer studentischen Gruppe. Hierbei erhalten die Studierenden, vor allem durch intensive Zusammenarbeit und Betreuung, einen tiefgehenden Einblick in die Arbeitsfelder der Waldökologie, der botanischen und pflanzensoziologischen Zusammenhänge und der Interaktionen mit dem Standort, die allesamt für die waldbauliche Behandlung des einzelnen Bestandes wichtig sind.
Qualität der Waldbau-Lehre gelingt dann in besonderer Weise, wenn Forschung, Evaluation und Dokumentation in der Lehre so verankert werden, dass mit jedem neuen Lehrmodul ebenfalls „neue Erkenntnisse“ von und mit Studierenden erarbeitet werden können. Hierbei ist insbesondere Kontinuität bei der Beratung in Bezug auf die Unsicherheiten, die für die Studierenden in dieser Lehr-Lernform entstehen, zu balancieren und bei allen Fragen offen und unterstützend zu bleiben, besonders auch im Hinblick auf die aktive Gestaltung eigener thematischer Schwerpunkte.
Wir versuchen, Studentinnen und Studenten im Hinblick auf ihre Studienbiographieplanungen zu stärken und zu unterstützen. Grundbedingungen dafür sind Offenheit, Zeit und Ansprechbarkeit.
Im Rahmen unserer Kooperationen mit verwandten wissenschaftlichen Einrichtungen und der Forstpraxis werden Beiträge externer Referenten in die Module eingebaut. Angebote zur Fachdiskussion oder zur Unterstützung bei der Vermittlung von Kontakten heben die Eigenverantwortlichkeit der Studierenden aber nicht auf. Unsere Aufgabe im Fach Waldbau sehen wir in diesem Zusammenhang deshalb primär darin, Anstöße zu geben oder Türen zu öffnen. Eintreten muss jeder selbst.