Gravimetrische Bestimmung der Reaktion der festen Erde auf Eismassenänderungen in Süd-Patagonien
Gemeinsam mit dem Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) wurde im August 2019 ein neues Forschungsprojekt begonnen, das die gravimetrische Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Eismassenänderungen vor allem am südpatagonischen Eisfeld und der Deformation der festen Erde zum Ziel hat.
Bei bisherigen Arbeiten konnten wir eine außergewöhnlich große Krustenhebung in der Region der patagonischen Eisfelder feststellen. Diese Deformation wird durch die Reaktion der festen Erde auf vergangene und heutige Eismassenänderungen der Eisfelder hervorgerufen. Während die zur heutigen Zeit andauernde Reaktion auf vergangene Änderungen als glazial-isostatischer Ausgleich (GIA) bezeichnet wird, sind derzeitige Eismassenänderungen für eine sofortige elastische Reaktion verantwortlich. Mit der wiederholten Absolutgravimetrie steht eine geodätische Beobachtungstechnik zur Verfügung, die sich in anderen Regionen bereits als überaus geeignet für die erfolgreiche Bestimmung von GIA-Effekten herausgestellt hat. Im Bereich der patagonischen Eisfelder jedoch wurde diese Technik bisher nicht angewendet. Im Rahmen des Projekts sollen deshalb in drei Kampagnen wiederholte Messungen eines aus bis zu acht Messpunkten bestehenden regionalen Netzes mit einem Absolutgravimeter vom Typ FG5 durchgeführt werden. Aus diesen Messungen werden Schwereänderungen an der Oberfläche abgeleitet. Diese dienen als unabhängige Observablen des kombinierten Effekts aus GIA und elastischer Reaktion und werden somit eine Lücke zwischen der Satellitengravimetrie (Daten der Missionen GRACE und GRACE-FO) und geodätischen GNSS-Messungen schließen. Die Oberflächen-Schwereänderungen werden für eine Interpretation gemeinsam mit bereits abgeleiteten Hebungsraten und den satellitengravimetrischen Ergebnissen genutzt. Dabei wird eine erfolgreiche Separation der Signale aufgrund der Massenänderung im Erdinneren und der Massenänderung aufgrund des rapide ablaufenden Eisrückzugs dabei helfen, die Modellierung der festen Erde (der visko-elastischen Rheologie) zu verbessern und heutige Eismassenänderungen mit einer gegenüber der Satellitengravimetrie höheren Auflösung zu erfassen.
Im Rahmen des Projekts fand bereits im Oktober 2019 eine Vorkampagne zur Erkundung der potentiellen Messpunkte statt. Die erste Hauptkampagne startete am 27. Januar 2020 mit der Abfahrt der Feldarbeitsgruppe von City Bell in der Nähe von La Plata, Argentinien. Mit dabei sind zwei Kollegen der TU Dresden, ein Kollege vom BKG sowie drei Kollegen bzw. Doktoranden unserer Projektpartner in Argentinien.
Weiterlesen:
- Zu den Expeditionsberichten
- DFG-Projekt (M. Scheinert)
https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/426109121 - Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
https://www.bkg.bund.de/DE/Ueber-das-BKG/Geodaesie/Schwere/schwere.html - Instagram: instagram.com/tudresden