17.08.2022
Interview mit Ramune Pansa zum BMBF-Projekt OLGA
Vom 25.04. bis 05.05.2022 fanden im Rahmen des Projektes OLGA vier Fokusgruppen unter dem Thema „Perspektiven für nachhaltige Landnutzung und regionale Wertschöpfung in der Region Dresden“ statt.
Ramune Pansa ist für das CODIP als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Projekt beteiligt und spricht im Interview über Citizen Science, Nachhaltigkeit und Partizipation.
Josephine Obert (JO): Worum geht es im Projekt OLGA?
Ramune Pansa (RP): Olga steht für "Optimierung der Landnutzung an Gewässern und auf Agrarflächen zur nachhaltigen Entwicklung der Region Dresden auf Basis hydrologischer, forstwissenschaftlicher, umweltpsychologischer und ökonomischer Forschungs- und Umsetzungsarbeiten". Das Projekt besteht im Grunde aus vier thematischen Modulen, die miteinander verknüpft sind: Nachhaltige Agrarholznutzung an Fließgewässern, Naturschutz und regionale Wirtschaftsbeziehungen in der Landwirtschaft, Partizipation und Citizen Science und Regionale Integration und Projektmanagement. Das gemeinsame Ziel der Module ist die Entwicklung und Umsetzung von praktischen Lösungen für eine nachhaltige Land- und Ressourcennutzung sowie für den Aufbau von stadtregionalen Kooperationen in Dresden und im Dresdner Umland. Es handelt sich um ein gemeinsames Projekt der TU Dresden, welche mit drei Lehrstühlen sowie dem CODIP beteiligt ist, der Landeshauptstadt Dresden und den Vereinen Biomasse Schraden e.V. und Umweltzentrum Dresden e.V.
JO: Welche Expertise bringt das CODIP in das Projekt?
RP: Zum einen ist das CODIP für die partizipativen Elemente bei OLGA zuständig. Uns ist es wichtig, nicht nur Expert:innen im Projekt mit einzubeziehen, sondern auch interessierte Laien – gerade, wenn es um regionale Planungs- und Umsetzungsprozesse geht. Wir beschäftigen uns z. B. damit, wie diese zur Mitwirkung motiviert werden können und Engagement und Eigeninitiative ausgebaut und nachhaltig verstetigt werden kann.
Zum anderen bringe ich auch meine persönliche Expertise als Psychologin, insbesondere im Bereich Umweltpsychologie, mit. Umweltpsychologie ist ein noch recht junges Forschungsgebiet der Psychologie. Hier steht die Wechselwirkung zwischen dem Verhalten der Menschen, sowohl als Einzelperson wie auch als Gruppe, und den Einflüssen der Umwelt (Natur) auf den Menschen im Mittelpunkt.
JO: Wie werden Bürger:innen bei OLGA eingebunden?
RP: Ein praktisches Beispiel wäre die Umfrage "Wie regional ist Ihr Einkauf?", die das CODIP und das Umweltzentrum e. V. mit der Stadt Dresden im letzten Jahr durchgeführt haben. Allerdings handelte es sich hier nicht um eine typische Umfrage, bei der Bürger:innen zu einem Thema befragt werden, vielmehr wurden diese selbst zu Interviewenden. Sie wurden dazu aufgerufen, beim Einkauf in Lebensmittelfachgeschäften sowie beim Restaurantbesuch nach der Herkunft der Lebensmittel zu fragen und diese Antworten in einem digitalen Fragebogen zu erfassen. Ziel war es herauszufinden, wie hoch der Anteil an regionalen Lebensmitteln in Gastronomie, in Lebensmittelfachgeschäften in Dresden und Region ist und bei Verbraucher:innen als auch bei verarbeitenden sowie vermarktenden Betrieben ein Bewusstsein für die Verwendung von Lebensmitteln aus der Region zu schaffen.
Insgesamt wünschte sich ein Großteil der Befragten zum Beispiel mehr regionale Produkte beim Einkauf, auch wenn dies eine höhere Akzeptanz für saisonale Angebotsschwankungen oder eine entsprechende Preissteigerung bedeuten würde.
JO: Vom 25.04.-05.05.2022 fanden im Rahmen des Projektes OLGA vier Fokusgruppen-Treffen statt. Was hat es mit diesen Fokusgruppen auf sich und wie setzen diese sich zusammen?
RP: Hier kamen insgesamt etwa 60 Akteure aus Stadt und Land, vor allem aus Verwaltung, Landwirtschaft, Verarbeitung und Vermarktung sowie Zivilgesellschaft zusammen um sich in den moderierten, thematisch aufgeteilten Fokusgruppen auszutauschen. Es ging um die Förderung von Biodiversität durch den Anbau von Agrarholz, Nachhaltige Landnutzung an Fließgewässern, die Nutzung von regionalen Hülsenfrüchten für den lokale Ernährungsbereich und um die Flächensicherung für eine regionale Ernährung. Die Ziele dieser Treffen waren u. a., themenspezifische Potenziale herauszuarbeiten und die jeweiligen Herausforderungen der verschiedenen Akteure zu identifizieren, um für diese umsetzungsorientierte Lösungen zu schaffen.
JO: Was war das Ergebnis der Treffen?
RP: Dass die Diskussionen noch lange nicht abgeschlossen sind! Es wurde viel über die jeweiligen politischen, finanziellen, technischen und auch gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu den einzelnen Themenpunkten diskutiert. Insbesondere letzteres kam immer wieder zur Sprache – bei der Fokusgruppe zu regionalen Hülsenfrüchten wurde beispielsweise sehr betont, dass alle Akteure entlang der jeweiligen Wertschöpfungskette, voneinander wissen sollten - von der Herstellung über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung. Es wurde der Wunsch geäußert, dass mehr Orte in Dresden und Umgebung geschaffen werden, in denen diese Menschen zusammenkommen. um Beispiel, um Produkte gemeinsam zu testen, kochen, oder um miteinander ins Gespräch kommen können und um an nachhaltigen Umsetzungmöglichkeiten zu arbeiten.
Tatsächlich glaube ich, dass diese Fokusgruppen vor allem wichtig waren, weil sich die jeweiligen Akteure sonst kaum untereinander austauschen. Es sprechen eher Personen aus der Verwaltung untereinander und Menschen aus der Landwirtschaft etc., aber dass es das Gespräch zwischen den Gruppen gab, kommt so gut wie nie vor. Es war auf jeden Fall ersichtlich, dass der Bedarf und das Interesse da waren, zu Gesprächspausen kam es jedenfalls nicht! Es gab in den Fokusgruppen auch den Wunsch zur Kooperation untereinander, was wir natürlich unterstützenswert finden. Wir im Projekt möchten diesen Prozess weiter fördern und als nächsten Schritt dahingehend gemeinsam mit dem Praxispartner:innen entsprechende Umsetzungsprojekte identifizieren.
Vielen Dank für das Gespräch!
Projektwebseite: https://www.projekt-olga.de/
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt OLGA im Rahmen der Fördermaßnahme „Stadt-Land-Plus“ unter dem Förderkennzeichen 033L219A. Die Fördermaßnahme ergänzt die Leitinitiative „Zukunftsstadt“ des BMBF um die Perspektive der Stadt-Land-Beziehungen. Laufzeit: April 2020 bis März 2025