08.01.2016
Eine haarige Angelegenheit - Soziologie-Studentin erhält Preis für ihre Masterarbeit
Rebekka Smuda erhielt im Dezember für ihre Masterarbeit den „Women and Gender Studies Prize for the best Thesis 2014“ von der Sektion Frauen- und Geschlechterforschung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Frau Smuda studierte bis März 2015 den Master der Soziologie an der TU Dresden und ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Gendered University“.
In ihrer Forschungsarbeit befasste sie sich mit Haarpraktiken von und ihren Bedeutungen für Brasilianerinnen mit krausem Haar. „Bei früheren Aufenthalten in Brasilien hörte ich, wie Frauen mit krausem Haar dieses als „schlecht“ bezeichneten und damit, im Vergleich zu glattem Haar, abwerteten. Davon irritiert wollte ich dem Phänomen der Haarpraktiken auf die Spur gehen und Antworten auf die Fragen suchen, wieso Frauen ihr eigenes Haar ablehnen, welche Hintergründe und welche Folgen dies haben kann.“, erklärt Frau Smuda. Um diese Antworten zu finden wählte sie einen ethnographischen Forschungszugang, so lebte sie für einen Monat im brasilianischen Vítoria (Bundesland Espirito Santo), führte teilnehmende Beobachtungen und Interviews durch und machte Fotografien, die sie in der Analyse mitauswertete.
Im Fokus ihrer Forschung standen die Haarpraktiken brasilianischer Frauen mit krausem Haar, deren Veränderungen, die mit den Haarpraktiken verbundenen Vorstellungen wie auch gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen. „Es ließen sich drei Haarpraktiken identifizieren: Frauen, die ihr krauses Haar glätten; Frauen, die bewusst – zum Teil als politisches Statement – einen „Afro“ tragen. Und andere wiederum, die eine neue Praxis anwenden. Sie weiten ihre Locken durch eine chemische Manipulation der Haare, wodurch die Haare fallen und nicht abstehen.“ fasst Rebekka Smuda zusammen. Im Anschluss daran suchte sie zu ergründen, was diese Haarpraktiken über die brasilianische Gesellschaft aussagen.. „In der Analyse dieser drei Praktiken konnte ich herausarbeiten, dass die diversen Haarpraktiken unter anderem in der Auseinandersetzung mit dem Ideal „glatter Haare“ entwickelt wurden. In der alltäglichen Konfrontation mit der Vorstellung (beispielsweise über Freunde, Medien oder die Familie), krauses Haar sei „schlecht“ (rium), „ungeplegt“ (relaxado) oder gar „hässlich“ (feio) und „stechend“ (pico), wird Frauen mit krausem Haar gespiegelt, dass sie nicht als gleichberechtigtes Gesellschaftsmitglied Brasiliens anerkannt werden. Eine Gesellschaft, in der mehr als 50% der Bevölkerung Vorfahren und Vorfahrinnen aus afrikanischen Ländern haben, in der jedoch das Ideal glatter Haare „hochgehalten“ wird und parallel dazu krauses Haar abgewertet wird, verweist einerseits darauf, dass rassistische Mechanismen die Gesellschaft durchziehen und das Leben der betroffenen Menschen einschränken. Andererseits konnte aber auch nachgezeichnet werden wie Frauen diese Mechanismen verinnerlichen, indem sie ihr Haar und somit auch sich selbst abwerten. Doch zeigte sich in der Forschungsarbeit auch, wie Frauen sich über ihre Haarpraktiken gegen den Rassismus auflehnen und auf diese Weise einen gesellschaftlichen Wandel provozieren und anstoßen.
Der Preis „Women and Gender Studies Prize for the best Thesis 2014“ von der Sektion Frauen- und Geschlechterforschung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie wurde in diesem Jahr erstmals verliehen. Er ist mit 500,- Euro dotiert und soll jährlich verliehen werden. Neben Rebekka Smuda wurde in diesem Jahr auch die Abschlussarbeit von Mira Ragunathan ausgezeichnet.
weitere Informationen:
- Sektion Frauen- und Geschlechterforschung
http://www.frauen-undgeschlechterforschung.de/home.html - Deutschen Gesellschaft für Soziologie
http://www.soziologie.de/de/aktuell/start.html