Feb 16, 2015
Wrocław meets Dresden
Im Herbst 2014 waren sieben Promovenden an der TU Dresden zu Gast. Sie wurden aus Mitteln der Strategischen Partnerschaft mit der Universität Wrocław des Bereichs Geistes- und Sozialwissenschaften gefördert. Anna-Maria Hantschke und Jacob Nuhn, studentische Mitarbeiter am Bereich, sprachen mit allen über ihre Promotion und ihre Erwartungen an den Forschungsaufenthalt in Dresden gesprochen:
Aleksandra Korczyc | Arkadiusz Nowak | Jerzy Sporek |
Katarzyna Lisowska | Mateusz Ryba | |
Albert Miściorak | Piotr Solga |
Ich heiße Aleksandra Korczyc und promoviere an der Universität Wrocław am Institut für Internationale Beziehungen bei Prof. Leszczenko. Meinen Abschluss habe ich an der Technischen Universität Wrocław in Management und National Security gemacht.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Promotion?
Meine Dissertation dreht sich um das Thema Energiepolitik und erneuerbare Energien in Deutschland und Polen. Die grundsätzliche Frage, die mich interessiert, ist, wie effektiv es ist, erneuerbare Energien zu propagieren. Meine Hypothese dazu ist, dass es einen merklichen Unterschied gibt zwischen dem, wie Politik zum Beispiel über das Thema Energieeffizienz spricht und wie es konkret umgesetzt wird. Außerdem scheint es, so mein Ausgangspunkt, bei Endverbraucher und Unternehmen wenig Wissen über Energieeffizienz zu geben. Um diese Thesen zu überprüfen untersuche ich Instrumente und Methoden des effizienten Einsatzes von erneuerbaren Energien bei Firmen und Individualverbraucher. Ich benutze dafür statistische Methoden, Fragebögen und Interviews, arbeite quantitativ und qualitativ. Meine Untersuchungsgebiete sind Deutschland und Polen.
Was erwarten Sie sich von Ihrem Aufenthalt in Dresden?
Zunächst möchte ich für meine Promotion Material sammeln. Ich werde die Zeitschriften- und Bücherbestände der SLUB nutzen, aber auch Kontakte zu Firmen und Institutionen knüpfen, um Interviews durchzuführen. Außerdem möchte ich mich mit Wissenschaftlern an der TU treffen, die sich mit dem Thema erneuerbare Energien beschäftigen. Darüber hinaus liegt mir generell viel an der Zusammenarbeit unserer beider Universitäten. Ich war an der Universität Wrocław in verschiedenen Gremien aktiv und möchte mich dort weiter für die Partnerschaft einsetzen.
Meine Name ist Katarzyna Lisowska und ich bin im dritten Jahr Doktorandin an der Universität Wrocław. Ich habe meinen Magister im Fach polnische Literaturwissenschaften mit einer Arbeit zum Thema „Men Studies“ abgeschlossen, da ich mich auf Gender-Kritik und verwandte Studien spezialisiert habe. Ich interessiere mich sowohl beruflich als auch in der Freizeit für Sprachen. Zusätzlich zum Deutschen und Englischen habe ich vor einigen Monaten begonnen, Französisch zu lernen.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Promotion?
In meiner Doktorarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema "Metaphern" im Gender-Diskurs und anderen verwandten Diskursen. Es geht mir darum, wie diese in der polnischen Literaturwissenschaft seit 1989 verwendet werden. Mein Ziel ist es die verwendeten Metaphern nach ihrer Funktion und ihrem Auftreten zu kategorisieren und zu katalogisieren. Das soll es mir ermöglichen, die Spezifik des Gender-Diskurses in Polen beschreiben zu können.
Was erwarten Sie von Ihrem Aufenthalt in Dresden?
Ich habe bereits eine große Menge an nützlicher Literatur, besonders zum Thema Metapherntheorie, in der SLUB ausfindig gemacht und mich mit Frau Prof. Gudrun Loster-Schneider (Institut für Germanisitk) getroffen. Ich hoffe noch viel von ihrer guten Betreuung profitieren zu können und weitere Literatur einzusehen. Besonders vielversprechend für mich ist das Knüpfen von Bekanntschaften in diesen neuen akademischen Kreisen.
Mein Name ist Albert Miściorak und ich stamme aus Wrocław. Nach meinem Magisterstudium der Kulturwissenschaften und der internationalen Beziehungen begann ich 2010 mein Promotionsstudium. Seit dieser Zeit liegen meine Interessen im besonderen Maße beim materiellen Gedächtnis der Stadt. In meiner wissenschaftlichen Arbeit versuche ich Konzepte aus dem Bereich des Posthumanismus und der Landschaftstheorie zu verbinden und zu entwickeln. Von besonderer Bedeutung ist für mich auch die Feldforschung. Ich bin überzeugt, dass sie letztlich die Feststellung der interessantesten und neuartigsten Theorien und Forschungsfragen ermöglicht. Während der vergangenen Jahre leitete ich unter anderem das Projekt „Kulturelle Landschaft der westlichen Wohnungssiedlung in Wrocław” an der Universität Wrocław. Ich versuchte zu erforschen, auf welche Weise die Landschaft das Gedächtnis über die deutsche Vergangenheit bewahrte. So wollte ich die allgemein angenommene These verifizieren, dass Wrocław nach 1945 zur „Stadt ohne Gedächtnis“ wurde.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Promotion?
In meiner Arbeit widme ich mich der kulturellen Landschaft der Wrocławer Siedlungen von der Zwischenkriegszeit bis heute. Präziser ausgedrückt geht es dabei um das sinnlich-körperliche Gedächtnis deren Einwohner bezogen auf die deutsche Vergangenheit.
Was erwarten Sie von Ihrem Aufenthalt in Dresden?
Ich konnte bereits in der SLUB bibliografische Recherchen anstellen, die ich fast beendet habe. Nun möchte ich noch mindestens eine Dresdener Siedlung, zum Beispiel Gorbitz oder Prohlis, erkunden, um Vergleichsstudien anzustellen. Für besonders erforschenswert halte ich die Weise, in der die alte Architektur, die in diesen Siedlungen vor 1945 entstand, das Wissen der gegenwärtigen Bewohner über die Vergangenheit ihres Wohnortes beeinflusste und beeinflusst.
Mein Name ist Arkadiusz Nowak und ich bin seit 2014 Doktorand der Universität Wrocław im Bereich für anglistische Philologie. Mein Magisterstudium schloss ich mit einer Arbeit zu psychologischen Verben ab. Meine Englischkenntnisse verhalfen mir zur Mitarbeit an einer Summer School in Exeter 2014 und mein Studium finanzierte ich durch meine Arbeit als Lehrer für Englisch an einer Privatschule. Aber auch im Privaten begeistere ich mich für die englische Kultur und Sprache. So habe ich mich zum Beispiel als Laienschauspieler bei Aufführungen von Shakespeare engagiert.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Promotion?
Mein Ziel ist es verschiedene sprachwissenschaftliche Zugänge, zum Beispiel generative und kognitive, bei Untersuchungen zur Vereinfachung der grammatischen Struktur der englischen Sprache im Mittelalter zu verbinden. Ich hoffe, dass das Ergebnis meiner Forschungen die Hypothese stützt, dass die grammatikalischen Veränderungen, die dem Mittelenglischen widerfahren sind, hauptsächlich der natürlichen Sprachentwicklung geschuldet sind und die lexikalischen Veränderungen in hohem Maße mit den Kontakten mit anderen Sprachgemeinschaften zusammenhängen.
Was erwarten Sie von Ihrem Aufenthalt in Dresden?
Ich hoffe, neue Bekanntschaften zu schließen, im Besonderen mit Sprachwissenschaftlern der Anglistik und Germanistik. Im Gespräch mit ihnen möchte ich mich mit anderen Zugangsmethoden zur Thematik vertraut machen. Selbstverständlich möchte ich auch in der hiesigen Bibliothek recherchieren, um neue Bibliografien und den Zugang zu anderen Quellen zu nutzen, als sie mir in Wrocław vorliegen. Besonders was den Einfluss der deutschen Sprache auf die englische betrifft, erhoffe ich mir hier neue Erkenntnisse.
Ich heiße Mateusz Ryba und bin an der Universität Wrocław Doktorand der Sozialwissenschaften.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Promotion?
Ich untersuche die Stadtentwicklung von Wrocław im Kontext von Konzepten einer „smart city“. Einfach ausgedrückt geht es bei diesen Konzepten darum, Antworten auf die simple Frage zu finden: Was muss man tun, damit man in den heutigen Städten angenehm leben kann? Ideale Beispiele dafür sind Kopenhagen und Amsterdam, wegen ihren Ideen von einer ausgeglichenen Entwicklung, die zum Beispiel in der Fahrradpolitik umgesetzt werden. Die Einwohner dort sind überzeugt, dass diese Politik gut und nötig ist. Und sie sind glücklich, das zeigen Statistiken. Auch in Polen sind solche Konzepte zur Zeit sehr in Mode, oft hat man aber den Eindruck, dass die Entscheidungsträger nicht so richtig verstehen, was damit gemeint ist. In meiner Arbeit untersuche ich Ideen und Konzepte, die es zu einer „smart city“ Wrocław gibt. Ich vergleiche sie mit Kopenhagen und Tel Aviv. Dazu führe ich Interview mit Expert und Verantwortlichen für die Umsetzung der Konzepte, auch mit NGOs durch. Sehr wichtig ist mir die empirische Analyse von Ideen, die in manchen Städten schon konkret umgesetzt wurden. In jeder Stadt funktionieren unterschiedliche Ideen, sind andere Konzepte wichtig und naheliegend. Zur Zeit stehe ich noch relativ am Anfang, entwerfe Analysebögen und stecke den theoretischen Rahmen ab.
Was erwarten Sie sich von Ihrem Aufenthalt in Dresden?
Vor allem nutze ich die umfangreichen Bestände der SLUB. Dort habe ich einen guten Zugang zu englischsprachiger urbanistischer Literatur. Außerdem interessiert mich, welche Vorstellungen es in Dresden und besonders an der TU von „innovativer Stadtentwicklung“ gibt. Dazu möchte ich mich mit den Verantwortlichen für die Summer School „SynCity – The City of the Future“ treffen, die 2014 an der TU Dresden stattfand.
Ich heiße Piotr Solga, wohne im Oppelner Schlesien (Śląsk Opolski) und promoviere in Politologie bei Prof. Ireneusz Karolewski am Willy-Brandt-Zentrum der Universität Wrocław. Ich bin auch Mitglied im deutsch-polnischen Promotionskolleg der Universität Wrocław und der LMU München und arbeite neben meiner Promotion im Staatlichen Wissenschaftsinstitut/Schlesisches Institut Oppeln (Opole).
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Promotion?
Ich beschäftige mich mit dem sozialen und politischen Kontext der Energiewende auf der lokalen Ebene. Untersuchungsraum sind die Lausitz und die Region Oppeln nach dem EU-Beitritt Polens 2004, Datengrundlage sind vor allem regionale Zeitungen. Fragen, die mich dabei beschäftigen, sind etwa, ob die Energiewende im Bewusstsein der Menschen auf der lokalen Ebene überhaupt existiert. Wenn ja, wie wird das konstruiert? Wer sind treibende Akteure – Investoren, große Firmen, lokale Gemeinschaften? Wie werden Gruppeninteressen konstruiert? Ich frage auch nach einem Zusammenhang zwischen der Konstruktion von regionaler Identität und Energiewende. Besonders interessiert mich die sorbische Gemeinschaft, die massiv von Umsiedlungen im Zuge des Braunkohleabbaus betroffen ist. Meine bisherige Hypothese ist, dass es dazu im Wesentlichen zwei Narrationen gibt. Die eine, öffentlich geäußerte, dass es Widerstand gegen diese Umsiedlungen gibt. Die andere, über die in Zeitungen nicht geschrieben wird, dass die Umsiedlungen teils akzeptiert werden, weil die neuen Wohnungen, die man gestellt bekommt, besser sind und weil der Bergbau Arbeitsplätze verspricht.
Was erwarten Sie sich von Ihrem Aufenthalt in Dresden?
Ich bin vor allem auf der Suche nach Daten für meine Medienanalyse. Hier habe ich Zugang zu allen Ausgaben der regionalen Tageszeitungen, zum Beispiel der Sächsischen Zeitung. Ich mag auch generell die Arbeitsatmosphäre in der SLUB.
Ich heiße Jerzy Sporek, wohne in Wrocław und bin von Beruf Landschaftsarchitekt. Daher kommt mein langjähriges Interesse für alte Parkanlagen. Ich habe dann spät noch Geschichte studiert und promoviere jetzt bei Prof. Krzysztof Ruchniewicz vom Willy-Brandt-Zentrum der Universität Wrocław. Ich bin Mitglied in einem deutsch-polnischen Promotionskolleg, ein Kooperationsprojekt der Universität Wrocław und der LMU München.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Promotion?
Mein vorläufiges Thema lautet „Gefallenendenkmäler in Schlesien von 1813 - 1945 und deren Widerspiegelung in der Landschaft“. Teil meiner Arbeit ist zunächst eine Bestandsaufnahme: Anhand alter Karten und Lokalzeitungen erforsche ich, wo es Gefallenendenkmäler in Schlesien gab. Dann fahre ich dorthin und dokumentiere den aktuellen Stand. Dafür ist es höchste Zeit: Viele Bäume beispielsweise sind schon sehr alt, teils gibt es sie schon gar nicht mehr. Ich kann aber wenigstens anhand noch vorhandener Wurzeln nachverfolgen, wie die Gartenanlagen der Denkmäler einmal ausgesehen haben. Generell interessiert mich an dem Thema die Verbindung zwischen Landschaftsbau und Staat. Spannend ist aber auch, wie nach 1945 in den nun polnischen Gebieten mit diesem Erbe umgegangen wurde. Zunächst wurden viele Denkmäler gesprengt, vor allem, wenn sie nationalsozialistische Symbolik in sich trugen. Die übriggebliebenen wurden danach oft in den katholischen Ritus integriert, sie standen ja meist direkt neben den Kirchen. So wurde ein eisernes Kreuz schnell mal in ein katholisches Kruzifix umgewandelt (lacht). Nach 1989 dann wurden – zumindest im Oppelner Schlesien und in Oberschlesien – viele Denkmäler restauriert. Heute sind sie manchmal dominanter, als sie es früher waren.
Was erwarten Sie sich von Ihrem Aufenthalt in Dresden?
Ich habe schon davon profitiert! Vor allem nutze ich die umfangreiche Sammlung der SLUB. Alles, was ich für mein Untersuchungsgebiet brauche, habe ich hier, sowohl alte Literatur vom Anfang des 20. Jahrhunderts als auch aktuelle. Außerdem habe ich Kontakt zum Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV) aufgenommen und dort ein Bild von einem Denkmal in Lauban (Lubań) gefunden, das bisher in der Forschung noch nicht bekannt war. Und ich nutze das Hauptstaatsarchiv in Dresden, das Akten zu meinem Untersuchungsgebiet hat. Ich forsche ja zur historischen Provinz Schlesien und deren Gebiet war teilweise vor 1815 sächsisch und ist es seit 1945 in Teilen auch wieder. Deshalb ist die Überlieferung zu diesen Gebieten auch hier im Archiv.