Sep 14, 2015
„Research Ethics in the Digital Age“
Exzellente Nachwuchswissenschaftler aus vier Kontinenten und verschiedenen Disziplinen waren der Einladung der TU Dresden gefolgt, im Rahmen des "Summers of Excellence" eine Woche lang ihre Forschungen über Forschungsethik vorzustellen und zu diskutieren. Sie waren in einem Peer-Review-Verfahren aus 50 Bewerber/innen ausgewählt worden. „Die Summerschool befasste sich mit der Frage, wie der Medienwandel und die Digitalisierung die Ethik der Forschung verändert“, erläutert Lutz Hagen, Direktor des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Direktor des Zentrums für Sozialwissenschaftliche Methoden. Er leitete das Programmkomitee, das von TU-Professoren aus verschiedenen Fakultäten des Bereichs GSW gebildet wurde: Thomas Köhler (Medienzentrum, Prof. Bildungstechnologie), Joachim Scharloth (Prof. Angewandte Linguistik), Christian Schwarke (Prof. Systematische Theologie) und Anne Lauber-Rönsberg (Prof. Intellectual Property Rights) - verstärkt durch Thorsten Strufe (Prof. Datenschutz und Datensicherheit) von der Informatik.
In seiner Keynote, im Deutschen Hygienemuseum, skizzierte der Philosoph Luciano Floridi von der University of Oxford zunächst eine neue Deutung von Ethik. So navigiere man bei der Beantwortung ethischer Fragen heutzutage „in einem Meer von Unsicherheiten“. Die Lösung besteht darin, den Menschen aus dem Zentrum zu nehmen und Ethik stattdessen als Frage des Zustandes von Gesellschaften zu betrachten. Vor allem brauche die Wissenschaft mehr Zeit, um Probleme zu lösen, die aus zunehmender Komplexität resultieren.
Unterschiedliche Aspekte und Herangehensweisen an ethische Fragen stellten die Teilnehmer in den folgenden Tagen bei Keynotes, in Workshops und bei Posterpräsentationen im Andreas-Pfitzmann-Bau vor. Dabei freute sich Lutz Hagen auch über viele namhafte Referenten aus der TU Dresden, die für die Keynotes gewonnen werden konnten. Dazu zählen der Informatiker Wolfgang Nagel, der Nanowissenschaftler Gianaurelio Cuniberti, die Kommunikationswissenschaftlerin Corinna Lüthje und der Anatom Christian May.
Forschungsstandards und –methoden wurden aus der Sicht verschiedener Wissenschaften, jedoch insbesondere unter dem Aspekt der Digitalisierung, betrachtet und entsprechende Fragen anhand konkreter Fälle diskutiert.
Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Rolle von Sozialen Netzwerken im Internet, um unethisches Verhalten in der Wissenschaft aufdecken. Von "Crowd-Based" Documentation of Plagiarism" berichtete Gerhard Dannemann von der Humboldt Universität, der bei der in Deutschland berühmt-berüchtigten Plattform „VroniPlag“ mitarbeitet. Ivan Oransky, ein Mediziner aus den USA, stellte seine Plattform "Retraction Watch" vor, die Fälle von zurückgezogenen Publikationen bei Zeitschriften dokumentiert, die nach dem Peer-Review-Verfahren arbeiten.
Auch in den abendlichen Diskussionsforen stand neben praktischen Fragestellungen insbesondere die Interdisziplinarität des Tagungsthemas im Mittelpunkt. Corinna Lüthje, Teilnehmerin am Podium „Multidisciplinary Aspects of Research Ethics“ brachte es auf den Punkt: „Es gibt einfach sehr viele disziplinäre Perspektiven, dabei aber auch überraschende Übereistimmungen: Mediziner und Sozialwissenschaftler sind zum Beispiel relativ nah beieinander - wir haben es eben mit Menschen zu tun.“ Auch innerhalb der Wissenschaft sei das Thema jedoch relevant, was sich insbesondere anhand unterschiedlicher Skandale zeige, die in den letzten Jahren aufgedeckt wurden und etablierte Prozesse, wie beispielsweise das Peer-Review-Verfahren in den Fokus rücken.
„In der Vorbereitung ist sehr deutlich geworden, dass das Thema der Summer School zwar hoch relevant ist, wissenschaftliche Publikationen dazu sind jedoch nur wenige zu finden.“ ergänzte Farina Dobrick (IfK), die zusammen mit Jana Fischer (IfK) die Organisation übernahm und Teil des Programmkomitees war.
Die Tagung selber sendet indes positive Zeichen. Die Nachwuchswissenschaftler zeigten sich ebenso diskussionsfreudig wie wissenschaftlich versiert, so Lutz Hagen. „Das ist eine ganz tolle Truppe von Leuten und wenn man diesen jungen Menschen aus allen Teilen des Globus zuhört, wird einem völlig klar, wie unabdingbar es für die TU Dresden und für die Wissenschaft insgesamt ist, viel stärker interdisziplinär und kulturübergreifend zu arbeiten.“
Autorinnen: Farina Dobrick / Jana Fischer / Julia Hoffmann