Oct 26, 2015
Gender³ - GenderHochDrei reloaded
Den Auftakt macht in der Reihe GenderLectures am 29. Oktober 2015 der Gastvortrag der Bielefelder Soziologin Prof. Dr. Tomke König „Geschlecht erleben – Einige theoretische Überlegungen zum Eigensinn des Leibes und der Materialität von Geschlecht“. Frau König spricht in ihrem Vortrag über die Wiederentdeckung des Körpers als wichtige Dimension menschlicher Existenz und den dadurch entstandenen Paradigmenwechsel in der Geschlechterforschung. Der Fokus in der Geschlechterforschung lag lange Zeit auf Prozessen, in denen Individuen vergeschlechtlicht und die Geschlechtsdifferenzen naturalisiert wurden. Der Körper wurde aus der Forschung ausgeklammert. Der sogenannte „body turn“ veränderte die Forschung, lässt aber verschiedene Aspekte offen: Zum einen wird der Körper häufig nur in Gegenstandsstellung untersucht, zum anderen werden Körper und Leib meist in ihrer Funktion für die Reproduktion thematisiert. Dabei wird aber der „Eigensinn des Leibes“ als ein wichtiges Moment übersehen. Tomke König erörtert dieses Moment und geht der Annahme nach, wenn für das eigenleibliche Erleben von Geschlecht Symbolisierungen gefunden werden, können hieraus neue geschlechtliche Existenzweisen entstehen.
Am 26. November 2015 folgt der multimedial begleitete Lese- und Vortragsabend „GeschlechterGeschichten reloaded – Lange GenderLeseNacht TU Dresden“, an dem Lehrende und Studierende aus Meisterdenker/innen der abendländischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte interessante bis amüsante Erkenntnisse zur alt-neuen ‚Geschlechterfrage‘ präsentieren, mit besonderem Augenmerk auf Mann, Männern und Männlichkeiten. Ein Highlight des Abends ist der Vortrag von Prof. Dr. Michael Meuser (TU Dortmund). Er spricht über „Unsichere Zeiten. Anmerkungen zum Diskurs der Krise des Mannes“. Herr Meuser fokussiert in seinem Vortrag das Krisennarrativ, das in der medialen, aber auch in der wissenschaftlichen Thematisierung von Männlichkeit gegenwärtig stark verbreitet ist. Der Diskurs einer Krise des Mannes lässt diesen als Verlierer im Geschlechterkonflikt wie auch als Modernisierungsverlierer erscheinen, die Frauen als die Gewinnerinnen. Die Thematisierung von Männlichkeit im Rahmen des Krisennarrativs hat zwei Ausprägungen. Gegenstand ist sowohl der Prozess der männlichen Identitätsbildung als auch die – in den Mediendiskursen vorrangig fokussierte – Veränderung der gesellschaftlichen Position der Männer. Der Krisendiskurs lässt sich als ein Versuch begreifen, mit den Herausforderungen umzugehen, die sich für die Männer mit dem Wandel sowohl der Geschlechter- als auch der Erwerbsverhältnisse verknüpfen. Krisendiagnosen sind mehr als eine Zustandsbeschreibung; in ihnen liegt die Aufforderung zur Gegensteuerung. Der Vortrag befasst sich mit der Frage, ob und wie im Krisendiskurs (hegemoniale) Männlichkeit neu ausgehandelt wird.
Den Abschluss bildet im Dezember 2015 sowie Januar und Februar 2016 die abendliche Vortragsreihe „GenderPartnerSCHAFFT Brücken reloaded: Dresden – Trento – Wroclaw“. Drei internationale und interdisziplinäre ‚Professoren/innen-Tandems‘ von der TU Dresden und ihren Partneruniversitäten Trento (I) und Wroclaw (PL) erkunden die wechselseitig vorhandenen gender-markierten Fach- und Wissenslandschaften aus literatur- und kulturwissenschaftlicher Perspektive. So sprechen am 8. Dezember 2015 Dr. Monika Mańczyk -Krygiel (Wroclaw/PL) über die „Mutter Polin und Ritterin. Polnische Narrative über Gender und Nation“ und Prof. Dr. Christian Prunitsch (Dresden) zur Stellung der Frau in der polnischen Kultur - Zwischen Sex und Mission. Am 12. Januar 2016 referieren Prof. Dr. Serenella Baggio (Trento/I) zum Thema „Sexuelle Gewalt in den Erzählungen von Bäuerinnen in Orgiano“ und Prof. Dr. Susanne Schötz (Dresden) über die „Frauenemanzipation, Gemeinsinn, Gesellschaftsreform - Louise Otto-Peters und die Anfänge der deutschen Frauenbewegung vor 150 Jahren.“ Am 2. Februar 2016 sprechen Prof. Dr. Giovanna Covi (Trento/I) über „Audre Lorde (1934-1992): eine amerikanische Schriftstellerin in italienischen und deutschen Rezeptionen“ sowie Prof. Dr. Maria Lieber (Dresden) und Josephine Klingebeil-Schieke, M.A. (Dresden) über „die Kurfürstin Maria Antonia Walburgis Symphorosa von Sachsen (1724-1780) als Literatin“.
Die zweite Auflage des genderwissenschaftlichen Triple-Projektes gibt es, weil „die Studierenden im munter frequentierten „ResonanzRaum“ unserer ‚ersten‘ und – forschungsgeschichtlich korrekt – eher frauenzentrierten ‚Auflage‘ des gender³-Projektes der Meinung waren, dass zu dem Thema noch lange nicht alles gesagt wäre und in der LeseNacht das ‚starke‘ Geschlecht überdies zu ‚schwach‘ beleuchtet wurde.“, erklärt Prof. Gudrun Loste-Schneider, Mitinitiatorin der Veranstaltungsreihe. „Und in der Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften gibt es nicht nur eine reiche abendländische ‚Bibliothek‘ mit ‚Kanon-Texten‘ über das ‚erste Geschlecht‘ (um auf Simone de Beauvoirs berühmten Titel von der Frau als ‚deuxième sexe‘ anzuspielen), sondern auch eine große wissenschaftlichen Expertise. Und so war diesem Wunsch nach ‚mehr Geschlechtergerechtigkeit‘ gerne und leicht zu entsprechen. – Womit natürlich nicht behauptet sein soll, dass mit der nun also ‚zwei- und hetero-gestaltigen‘ Erscheinung unseres Triple-Lehrprojektes zum Thema ‚Gender‘ am Ende dieses Wintersemesters alles gesagt wäre.“
Initiatorin der Veranstaltungsreihe ist die GenderConceptGroup. In dieser haben sich Professorinnen und Professoren des Bereichs Geistes- und Sozialwissenschaften der TUD zusammengeschlossen, die sich mit Geschlechterforschung bzw. Gender Studies innerhalb ihres Faches befassen: Prof. Dr. Maria Häusl (Institut für Katholische Theologie), Prof. Dr. Stefan Horlacher (Institut für Anglistik und Amerikanistik), Prof. Dr. Gudrun Loster-Schneider (Institut für Germanistik) und Prof. Dr. Susanne Schötz (Institut für Geschichte).
Alle Veranstaltung von “gender³ - GenderHochDrei reloaded“ sind kostenfrei und alle Interessierte sind herzlich eingeladen, vorbeizuschauen.
„GenderLectures“
Gastvortrag: „Geschlecht erleben – Einige theoretische Überlegungen zum Eigensinn des Leibes und der Materialität von Geschlecht“
Referentin: Prof. Dr. Tomke König (Bielefeld)
Datum: 29. Oktober 2015
Zeit: 13.00 - 14.30 Uhr
Ort: TU Dresden, Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, Wiener Str. 48, Raum 004
„GeschlechterGeschichten reloaded– Lange GenderLeseNacht TU Dresden“
Referenten/innen: u.a. Prof. Dr. Michael Meuser (Dortmund)
Datum: 25. November 2015
Zeit: 18.00-24.00 Uhr
Ort: TU Dresden, Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, Wiener Str. 48, Raum 004, Foyer
„Gender-PartnerSCHAFFT Brücken reloaded: Dresden – Trento – Wrocław“.
Internationale und interdisziplinäre Vortragsreihe TU Dresden
Referenten/innen:
Dr. Monika Mańczyk-Krygiel (Wroclaw/PL), Prof. Dr. Christian Prunitsch (Dresden), Prof. Dr. Serenella Baggio (Trento/I), Prof. Dr. Susanne Schötz (Dresden); Prof. Dr. Giovanna Covi (Trento/I), Prof. Dr. Maria Lieber (Dresden) und Josephine Klingebeil-Schieke, M.A. (Dresden)
Datum: 08. Dezember 2015, 12. Januar 2016, 02. Februar 2016
Zeit: jeweils 18.30 - 21.00 Uhr
Ort: TU Dresden, Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, Wiener Str. 48, Raum 004
weitere Programminformationen unter: http://tu-dresden.de/gsw/forschung/gcg