Nov 01, 2019
Prof. Dr. Kerstin Schankweiler – neue Professorin für „Bildwissenschaft im globalen Kontext“ am Institut für Kunst- und Musikwissenschaften
Name: Kerstin Schankweiler
Professur: Professorin für „Bildwissenschaft im globalen Kontext“
Institut: Kunst- und Musikwissenschaft
Fakultät: Philosophische Fakultät
Die 1976 geborene Kunsthistorikerin studierte an der Universität Trier und der University of Queensland in Brisbane, Australien, Kunstgeschichte. Sie war Stipendiatin des Graduiertenkollegs „Identität und Differenz“ an der Universität Trier und wurde dort 2008 mit einer Dissertation zu dem Gegenwartskünstler Georges Adéagbo aus Benin promoviert. Die Arbeit ist unter dem Titel „Die Mobilisierung der Dinge“ beim transcript Verlag (Bielefeld, 2012) erschienen. Von 2008 bis 2010 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln, von 2010 bis 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Kunst Afrikas am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin und von 2015-2019 Postdoktorandin am Sonderforschungsbereich „Affective Societies“ der FU Berlin. Im Juli 2019 hat sie eine Juniorprofessur für Künste der Gegenwart an der Universität Siegen angetreten und kurz darauf den Ruf an die TU Dresden angenommen.
Zuletzt sind das Buch „Bildproteste. Widerstand im Netz“ (Wagenbach, 2019) sowie unter ihrer Mitherausgeberschaft der Band „Image Testimonies. Witnessing in Times of Social Media“ (Routledge, 2019) erschienen.
Wo liegen Ihre Forschungsschwerpunkte und Forschungsinteressen?
Meine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der digitalen Bildkulturen sowie der globalen Kunstgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts mit einem regionalen Fokus auf Afrika. Mich interessieren dabei insbesondere gesellschaftsrelevante Themen wie Bildpolitiken gegenwärtiger Protestbewegungen, (Post)Kolonialismus, Sklaverei und Migration in ihren Bezügen zur Kunst. Ich vertrete dabei das Modell einer transkulturellen Kunstgeschichtsschreibung, in dem es darum geht, Austauschbeziehungen und Prozesse der Aneignung zwischen unterschiedlichen kulturellen Räumen in den Blick zu bekommen. Ein solcher Ansatz basiert auf einem Verständnis von unentwirrbar miteinander verwobenen (Kunst)Geschichten und bildet für mich den Ausgangspunkt für „Bildwissenschaft im globalen Kontext“. Besonders die digitalen Bildkulturen sind ein zukunftsträchtiges Forschungsgebiet, das sich für die Bildwissenschaft heute förmlich aufdrängt. Auf diesen Bereich wird meine Forschung sich in den kommenden Jahren konzentrieren und dabei Digitalität und Transkulturalität systematisch zusammenzudenken.
Was war Ihr interessantestes bzw. spannendstes Forschungsprojekt?
Natürlich finde ich alle meine Forschungsprojekte spannend und interessant! Zuletzt habe ich im Projekt „Affektive Dynamiken von Bildern im Zeitalter von Social Media“ am SFB 1171 „Affective Societies“ an der FU Berlin geforscht, zusammen mit Tobias Wendl und Verena Straub. Den Ausgangspunkt des Forschungsprojektes bildete der immense Anstieg von Bildzeugnissen in den politischen Konflikten der letzten Jahre. Die Handykamera ist spätestens seit dem sogenannten Arabischen Frühling zu einem wichtigen Protestwerkzeug avanciert. Fotos und Videos von Demonstrationen, Menschenrechtsverletzungen oder Gewaltakten werden massenhaft über Soziale Netzwerke verbreitet. Die besondere Wirkmacht dieser Bildzeugnisse liegt in ihrer Fähigkeit zu bewegen und zu mobilisieren. Bildproteste – wie ich sie nenne – sind handlungsleitend und wirken gemeinschaftsbildend. In den Sozialen Netzwerken ist eine neue affektive Relationalität zwischen den bezeugten Ereignissen, den Zeug*innen vor Ort, ihren Bildern und den Medienzeug*innen entstanden.
In Rahmen des Projektes habe ich u.a. eine Ausstellung kuratiert, die dieser neuen digitalen Bildkultur in der Kunst nachspürt: „Affect Me. Social Media Images in Art“. Sie ist in Kooperation mit KAI10 in Düsseldorf und der Kuratorin Julia Höner entstanden und fand dort vom 11.11.2017 bis 10.03.2018 statt. Die Ausstellung präsentierte internationale Positionen der Gegenwartskunst, die mit Bildmaterial aus den Sozialen Medien arbeiten, insbesondere solches aus politischen Zusammenhängen. Sie stellte eine tolle Gelegenheit des Wissenstransfers dar, hat aber auch neue Erkenntnisse für die Forschung gebracht, vor allem durch die Gespräche mit den Künstler*innen. Kuratieren und Ausstellen kann also ein Teil von Forschen sein.
An welchem Projekt arbeiten Sie aktuell?
Mein aktuelles Buchprojekt heißt „In der Echokammer der Bilder – Paradigmen digitaler Bildkulturen in der Kunst“. Darin geht es darum, wie neue Bildpraktiken und -ästhetiken des Digitalen die Art und Weise verändern, wie wir Bilder heute organisieren und wahrnehmen und wie sich dies in der Gegenwartskunst niederschlägt.
Was darf auf Ihrem Schreibtisch auf keinen Fall fehlen?
mein Laptop, eine Tasse Kaffee und Sticky Notes.
Haben Sie ein Lieblingszitat? Wenn ja, welches und von wem ist es?
Ja, es ist ein Zitat eines Zitats: “Be realistic, ask for the impossible.” Das ist der Titel einer Multimedia-Installation, die die libanesisch-ägyptische Künstlerin Lara Baladi im Jahr 2017 über die Ägyptische Revolution 2011 und ihre Bildzeugnisse gemacht hat. Sie zitiert mit diesem Titel den berühmten Ausspruch Che Guevaras, der als revolutionärer, utopischer Leitgedanke vielfach angeeignet wurde.
Welches Buch haben Sie als letztes gelesen?
Das war das Buch meiner Kollegin Annekathrin Kohout mit dem Titel „Netzfeminismus. Strategien weiblicher Bildpolitik“ (Berlin 2019). Es ist in der Reihe Digitale Bildkulturen erschienen und handelt davon, wie mit Bildern in den Sozialen Medien etwa bestehende Schönheitsnormen in Frage gestellt oder neue Körperideale verhandelt werden. Annekathrin Kohout zeichnet vor allem die neue Debattendynamik des Netzfeminismus nach, in der jedes Hashtag von anderen Hashtags gekontert wird und jedes Bild Gegenbilder hervorbringt.
Weitere Infos über Sie gibt es auf:
Twitter: @kerstinschankw1