Illegaler Handel mit Kulturgütern
Neben der absichtlichen Zerstörung von Kulturgut stellt der florierende illegale Handel mit aus Museen und archäologischen Fundstätten geplünderten Artefakten und Antiken, vor allem aus dem ehemaligen mesopotamischen Raum (heutiger Irak und Syrien) ein wachsendes Problem dar. Der illegale Kunsthandel ist dabei zu einer wichtigen Finanzierungsquelle für den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität geworden. Er nimmt Schätzungen zufolge heute Platz 3 hinter dem internationalen Waffen- und Drogenhandel ein und wird durch die anhaltende große Nachfrage auf dem internationalen Kunstmarkt weiter befeuert.
Der UNESCO-Lehrstuhl für Internationale Beziehungen beteiligt sich in diesem Zusammenhang am BMBF-geförderten Projekt ILLICID, welches sich in einer Dunkelfeldforschung mit dem illegalen Handel mit antiken Kulturgütern, vor allem aus dem östlichen Mittelmeerraum befasst (zum Projekt).
Als Reaktion auf diese Entwicklung, oft in Verbindung mit der absichtlichen Zerstörung von Kulturerbe, hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in den letzten Jahren mehrere bindende Resolutionen nach Kapitel VII der VN-Charta verabschiedet, in denen er u. a. Handelsembargos verhängte, um den illegalen Handel mit Antiken zu unterbinden. Zum Zusammenhang zwischen illegalem Kunst- und Antikenhandel und Terrorismusfinanzierung stellt der VN-Sicherheitsrat mit Besorgnis fest,
„dass der ISIL, die ANF und andere mit Al-Qaida verbundene Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen durch die direkte oder indirekte Beteiligung an der Plünderung und dem Schmuggel von Gegenständen kulturellen Erbes von archäologischen Stätten, aus Museen, Bibliotheken, Archiven und von anderen Stätten in Irak und Syrien, Einkommen erzeugen, das zur Unterstützung ihrer Anwerbungsbemühungen und Stärkung ihrer operativen Fähigkeit zur Organisation und Durchführung von Terroranschlägen verwendet wird“ (Resolution 2199 (2015), Ziff. 16).
In Resolution 2347 (2017) vom 24. März 2017, der ersten ausschließlich den Kulturerbeschutz gewidmeten Resolution des VN-Sicherheitsrats, bedauert und verurteilt dieser die Zerstörung von Kulturerbe sowie die Plünderung und den Schmuggel von Kulturgut im Kontext von bewaffneten Konflikten (Ziff. 1) und fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, die der Verhütung und Bekämpfung des illegalen Handels mit Kulturgütern, insbesondere durch terroristische Gruppierungen, dienen (Ziff. 17).
Ächtung von „Blutkunst"
Über die Bemühungen des VN-Sicherheitsrats hinaus agiert die internationale Gemeinschaft, einschließlich der UNESCO, bisher jedoch zurückhaltend. Sabine von Schorlemer fordert daher gemeinsame Anstrengungen von allen beteiligten Akteuren:
„Im Ergebnis wird es bei der Eindämmung des Handels mit ,Blutkunst' – also unter Ausnutzung von Konflikt- und Kriegssituationen auf den internationalen Kunstmarkt geschleuste Kulturgüter – entscheidend darauf ankommen, dass Sammler, Händler sowie involvierte Unternehmen die eigenen Anstrengungen intensivieren und zu einer Beachtung geltenden Rechts gelangen. Aus dem Grau- und Schwarzmarkt muss ein sauberer Markt werden. Dies gelingt nur, wenn Handel mit Kulturgütern aus bewaffneten Konflikten konsequent – auch medial – geächtet wird. (...)
Insofern wäre es begrüßenswert, wenn die UNESCO-Generalkonferenz und der Exekutivrat, unterstützt von Zivilgesellschaft und Partnerorganisationen, eine neue Initiative ergreifen würden, um ,Blutkunst' weltweit zu ächten und parallel dazu in einer koordinierten VN-weiten Aktion auf der Einhaltung der Gesamtheit der vertraglich und völkergewohnheitsrechtlich, aber auch auf der Basis freiwilliger Selbstkontrolle geltenden Rechtsregeln zu bestehen. Eine solche Kampagne – nach dem Vorbild von ,PETA' oder ,Blutdiamanten' – kann angesichts der seit Jahren vergeblichen Bemühungen als überfällig angesehen werden.
(...) Die VN-Generalversammlung hat sich jüngst lediglich dafür ausgesprochen, dass die UNESCO ihre Bemühungen fortsetzen solle, mit den im Kunstmarkt Tätigen Diskussionen zu führen. Auf diese Weise sollten die Praktiken und das Bewusstsein, etwa für Fragen der Provenienz und Ethik, verbessert werden. Man setzt also seitens der Vereinten Nationen weiter auf Freiwilligkeit, wohl wissend, dass dies seit Jahren nicht fruchtet. Hier deutet sich ein Versagen der Weltgemeinschaft an, das zu schweren, nicht wiedergutzumachenden Folgen sowohl für das Weltkulturerbe als auch die kulturellen Werte in den Ursprungsstaaten führt." (Sabine von Schorlemer, Kulturgutzerstörung, Nomos 2016, S. 408-409).