17.01.2022
Internet-Memes, Videos von Polizeigewalt und Proteste in den Sozialen Medien
Wer kennt sie nicht: Bilder von Demonstrationen, Videos von Gewalt oder Internet-Memes von Politiker:innen, die durch die Sozialen Netzwerke gehen. Welche Rolle spielen diese Bilder bei Protesten? Sind sie Auslöser der Aktion, dokumentieren sie nur das Geschehen oder sind sie selbst als Akteure zu begreifen?
Diese und weitere Fragen untersuchen Prof. Kerstin Schankweiler, Professorin für Bildwissenschaft im globalen Kontext, Dr. Verena Straub und Tanja-Bianca Schmidt im DFG-Forschungsprojekt: „Bildproteste in den Sozialen Medien: Internet-Memes, Videos von Polizeigewalt und Bezüge zur Kunst“.
„Das Ziel des Projektes ist es die Bedeutung von Bildern bei Protesten in Sozialen Medien zu untersuchen“, erklärt Prof. Kerstin Schankweiler. „Wir möchten zeigen, dass politische Protestkulturen weltweit aufeinander Bezug nehmen und transnationale Bildpraktiken, Ästhetiken und Genres ausbilden. Wir müssen aber auch berücksichtigen, dass Bildproteste durch lokale Kontexte geprägt sind und durch geopolitische wie ökonomische Machtstrukturen gelenkt werden.“
In drei Teilprojekten wird sich diesem Thema gewidmet. Die Teilprojekte 1 und 2 befassen sich mit Internet-Memes in politischen Kontexten und Videos von Polizeigewalt. Beides sind zwei besonders virulente Beispiele von Bildprotesten in den Sozialen Medien. Auf einer übergeordneten Ebene fokussiert Teilprojekt 3 die Aneignung und Reflexion dieser Bildproteste in der Gegenwartskunst. Diese Schwerpunktsetzungen erlauben es, drei sehr unterschiedliche, gleichwohl zentrale Aspekte digitaler Bildproteste und ihre wechselseitigen Beziehungen zu analysieren.
Ein Beispiel ist etwa das als „Pepper Spraying Cop“ bekannt gewordene Meme, das ab 2011 im Netz massenhaft angeeignet und weiterverbreitet wurde. Das Meme entstand als Reaktion auf einen dokumentierten Fall von Polizeigewalt, als ein Polizist mit geradezu beiläufiger Geste „Occupy“-Demonstrierende vor einer US-Amerikanischen Universität mit Pfefferspray angriff. Die bissigen Bild-Text-Montagen, die daraufhin in den Sozialen Medien geteilt wurden, diffamierten die Aktion des Polizisten, stellten diese teilweise aber auch in einen ironischen Zusammenhang mit Bildern aus Popkultur und Kunstgeschichte. Ziel des Projektes ist es, die Eigendynamik und Ambivalenz solcher Bildproteste zu beschreiben, deren politische Intentionen manchmal nur schwer zu greifen sind.
Neben dem aktuellen Blick auf die Bildproteste verfolgt das Projekt auch eine historische Perspektive. „Dieser Blick, so hoffen wir, hilft uns zu untersuchen, inwiefern digitale Bildpraktiken des Protests an vergleichbare Praktiken in der Geschichte der Kunst und visuellen Kultur im 20. Jahrhundert anknüpfen“, beschreibt Dr. Verena Straub, „und inwiefern die Spezifik der neuen Bildökonomien in den Sozialen Netzwerken zu einer radikalen Neukonfiguration politischer Bildproteste geführt hat.“
Neben der inhaltlichen Arbeit wollen die Wissenschaftlerinnen auch neue digitale Methoden für die Forschung ausprobieren und so einen innovativen Methoden-Mix für die bildwissenschaftliche Erforschung von Social-Media-Inhalten entwickeln.
Das Projekt ist zu Beginn dieses Jahres gestartet und wird für 3 Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Aktuelle Informationen rund um das Projekt gibt es auch auf dem Twitter-Kanal und unter https://tud.de/gsw/bildproteste.
Information für Journalisten:
Prof. Kerstin Schankweiler
Professur für Bildwissenschaft im globalen Kontext
Tel.: +49 351 463-35710
Dr. Verena Straub
Co-Projektleitung des DFG-Projektes
verena.straub@tu-dresden.de